Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
Sorge, aber bereits wieder so jovial und umtriebig wie in seinen besten Tagen. Rasch entriss er seinem Sohn das Pergament, studierte ehrfürchtig das Siegel mit dem Doppeladler.
»Welch unfassbare Ehre, ein Schreiben des kaiserlichen Botschafters und dazu diese wundervolle Urkunde. Mein Sohn, du bist der Stolz unseres Hauses.« Er fasste Lambert bei den Schultern und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
»Nur, weil du es jetzt schriftlich hast, dass ich kein Mörder bin?«, fragte sein Sohn.
»Lambert«, sagte Lunetta tadelnd. »Dieses Pergament ist das beurkundete Geständnis von Aleander, dass der Schmied Catlyn in seinem Auftrag tötete. Es ist dein Freibrief! Chapuys muss Himmel und Hölle bewegt haben, um es zu erhalten. Gönne deinem Vater die Freude.«
»Genau«, fügte Claas van Berck hinzu. »Wir werden gleich morgen den Gewaltrichter herbestellen. Und beide Bürgermeister! Ein kaiserlicher Brief, ha! Und dann werde ich ein Fest geben, eine Frühlingsfeier. Der Pfarrer von Sankt Kolumba soll ein weiteres Theaterstück verfassen. Etwas über die Wonnen der Fruchtbarkeit. Wir könnten zart andeuten, dass unser Haus bald Nachwuchs erwartet. Sidonia, ich sehe dich bereits als Göttin der Fruchtbarkeit, und Lunetta – ich meine, werte Gräfin von Löwenstein –, Ihr könntet die hoffende Braut geben, die…«
»Vater«, unterbrach Sidonia ihn streng und rollte die Augen zur Decke. »Noch vor wenigen Tagen drohte deinem Haus der Untergang. Zügle endlich deine Eitelkeit.«
Der Graf hatte die Lektüre des Briefes beendet und sah auf. »Das Papier duftet nach Orangen. Soll ich?«
Lunetta und Lambert nickten. Adrian von Löwenstein hielt das Papier gegen die Flammen im Kamin.
»Ah, weitere Nachrichten!«, rief er. »Für dich, mein Kind.«
»Lies sie vor«, bat Lunetta.
»Verehrte condessa. Ich kann nicht widerstehen, mich noch einmal auf diese Weise an Euch zu wenden. Seid versichert, dass ich Aleander genau im Auge behalten werde. Cromwell hat sich für ihn verwandt. Ohne Zweifel hält er diesen Teufel für ein nützliches Werkzeug bei der Vernichtung von Königin Anne. Es fällt mir schwer, es zuzugeben, aber beinahe dauert mich dieses intrigante Mädchen, das unserer großen Katharina so viel Übel zufügte. Mich würde interessieren, was die Karten über das Ende der Anne Boleyn verraten. Nun, sie wird zweifelsohne qualvoll enden, denn welche Strafe ist größer als die Wunde eines schlechten Gewissens! Ich werde vom Fortgang berichten.
Zum Schluss, liebste Lunetta, will ich Euch bitten, Eurem kölnischen Gastgeber meinen herzlichen Gruß auszurichten. Seine Zeilen haben mich vor wenigen Tagen per Eilpost erreicht.«
Sidonia fuhr in ihrem Sessel hoch. Sie blitzte ihren Vater an. »Du hast dem spanischen Botschafter einen Brief geschrieben?«
Claas van Berck hob voll Unschuld die blassgoldenen Brauen. »Nur eine kleine Bitte.«
Der Graf fuhr in der Lektüre fort. »Wie es scheint, ist Claas van Berck ein Mann von flinkem Geist und ein überaus vorausschauender und umsichtiger Schwiegervater …«
Wieder schnappte Sidonia nach Luft. »Vater! Die Verlobung ist noch nicht beschlossen.«
Der Graf hob den Blick von dem Brief. »Ich glaube kaum, dass sie zu verhindern ist, und stehe tief in Lamberts Schuld.« Sein Blick streifte Lunettas lächelndes Gesicht, dann las er weiter.
»Werte Gräfin, teilt dem Kaufmann mit, dass ich gern die Patenschaft für jedes Kind, das Gott Euch und meinem Freund Lambert künftig schenken mag, übernehme. Jedoch nicht im Namen des Kaisers und unter dem Wappen Habsburgs, sondern nur als Euer immer ergebener und bescheidener Freund Don Eustace Chapuys!«
»Vater«, stieß nun auch Lambert voller Zorn hervor. »Wie konntest du das wagen? Eine kaiserliche Patenschaft, du bist maßlos.«
Claas van Berck hob verteidigend die Hände. »Ich tat es für dich. Denk an dein Erbe! Das stolze Rüstungskaufhaus Van Berck und von Löwenstein. Was meinst du, wie prachtvoll sich in unserem Wappen ein kleiner kaiserlicher Doppeladler machen würde. In Gold und vielleicht mit Augen aus blauem Saphir?«
ENDE
A NHANG
G ENIALER MONARCH ODER BLUTRÜNSTIGES MONSTER ?
NOTIZEN ZU H EINRICH VIII.
Im vorliegenden Roman besetzt Heinrich VIII. nur eine Nebenrolle. Mit gutem Grund, sein Leben ist ein eigener Roman, an dessen erzählerischer Nachgestaltung sich bereits viele Autoren – allen voran Margaret George mit der fulminanten, fiktiven Autobiografie Heinrich VIII. Mein Leben
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