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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Ihre Knie zitterten, ihr wurde übel, der Raum drehte sich um sie. Sie taumelte und lehnte sich gegen die Holzvertäfelung der Diele.
    » Lambert! Bleib hier.«
    Die Tür zum Kontor würde aufgerissen. Ein hochgewachsener junger Mann stürmte hinaus. »Ich kann und werde sie nie heiraten! Die Ehe ist wie ein Käfig: Man sieht die Vögel draußen verzweifelt flattern, um reinzukommen, und die drinnen wollen mit der gleichen Verzweiflung raus.«
    Der Sohn des Hauses wandte den Kopf und entdeckte Lunetta. Das Mädchen errötete, stieß sich von der Wand ab, flüchtete an ihm vorbei zum Eingangsportal, riss einen der Türflügel auf und jagte ins Freie.
    Feuchte Kälte umhüllte Lunetta wie ein nasses Tuch. Sie trug nichts außer einem leichten Morgengewand aus Barchent. Um sie herum entluden Knechte Lieferungen für das ehrwürdige Kaufmannshaus van Berck. Flüche und Befehle würzten die frostige Morgenluft. Schreiber und Faktoren kritzelten auf Wachstäfelchen und nahmen Lieferungen in Empfang. Lunetta schlängelte sich durch die lärmenden Menschen auf das Tor zu. Bei Gott, sie wollte hinaus und fort von hier.

5.
    Kaum hatte sie das Tor durchquert, als sie das Gewimmel aus Händlern, Ratsboten, Bauern, Mägden, Mönchen und Apfelweibern zurückprallen ließ. Lunetta drängte sich an die geziegelte Mauer, die den Stadthof der van Bercks umschloss. Alles hastete durch den weichenden Morgennebel zum Hafen- und Marktviertel am Rhein. Auf der gepflasterten Patriziergasse vor dem van Berck’schen Gehöft beschleunigte jeder seine Schritte. Die Fuhrknechte trieben ihre Pferde an und sorgten für ohrenbetäubendes Rasseln und Rumpeln. Hier kam man gut voran und war froh darüber, dem dunklen, mit Eispfützen und Unflat angefüllten Gassengewinkel Kölns für einen Augenblick zu entrinnen.
    Hilflos blickte Lunetta sich um. Was nun? Wo sollte sie hin? Niemand schien das Mädchen im leichten Gewand zu beachten. Niemand außer einem Handwerksburschen mit Krempenhut, der sich aus dem Schatten einer kaum mannsbreiten Stichgasse löste. Mit energischen Püffen und Ellbogenstößen bahnte er sich einen Weg, um näher an es heranzukommen.
    Lunetta stand frierend und unschlüssig da, während dralle Magdweiber und schwer beladene Kiepenkerle sie zur Seite schubsten.
    Sie brauchte Luft und Licht. Licht! Sie wollte ins Offene, der Enge und dem Gefühl von unterdrücktem Zorn entkommen, das sich wie ein Eisenring um ihre Brust legte. Sie sah, dass die Fernhändlergasse nur einige Schritte weiter auf eine noch größere Straße traf und sich zu einer Kreuzung weitete. Dort teilte sich der Menschenstrom wie die Gasse. Die Händler, Marktweiber und Fuhrwerke wählten den geraden Weg. Lunetta erkannte das stolze Geviert des Rathausturms, dahinter lag der Alte Markt mit seinen Kauflauben und Holzbuden, den sie von ihrem ersten Besuch in Köln noch in lebhafter Erinnerung hatte. Auf dem Alten Markt war sie als Gauklerkind über das Seil getanzt – und abgestürzt. Aleander, der Halbbruder ihres Vaters, hatte sie von Spanien bis hierher verfolgt und einen brennenden Pfeil auf sie abschießen lassen. Sidonia hatte sie gerettet und sich auf die abenteuerliche Suche nach Lunettas Vater, dem Grafen von Löwenstein, begeben. Nie hatte sie daran gezweifelt, dass er noch lebte, und recht behalten. Dafür würde sie Sidonia immer lieben, aber nicht das Haus van Berck. Den Hausherrn nicht und auch nicht den Sohn.
    Eine Gruppe maulwurfsgrauer Mönche passierte Lunetta betend. Das Mädchen ahnte, dass sie auf den Dom zustrebten. Sehnsucht stieg in Lunetta hoch. Auf dem Kathedralplatz würde sie freier atmen können! Der Cherub im Gnadenportal der Melatenkapelle fiel ihr ein. Wie tröstend es wäre, noch einmal sein lächelndes Gesicht zu sehen. Aber es war unmöglich, sie konnte nicht mit gelöstem Haar und im Morgengewand durch Köln laufen. Frierend legte sie die Arme um sich, als unter grölendem Gelächter ein Rutenstreich auf ihren Rücken niederging.
    Mit einem empörten Schrei drehte sie sich um. Drei Bären hatten sich angeschlichen und umtanzten sie mit gebleckten Zähnen, begleitet von Schellengeläut und Glöckchenklingeln. Bären? Lunetta riss stumm vor Staunen die Augen auf. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass es sich um drei Kostümierte handelte, die unter ihren Fellmasken halb bedrohliche, halb brünftige Laute markierten.
    »Mit den Ruten streichen wir dich«, brummte einer und schlug ihr erneut auf die Schenkel.
    »Mit dem

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