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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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seinem Stuhl vor und fixierte sein Gegenüber mit stechendem Blick. »Ich habe als Inquisitor von meinen Feinden gelernt, denn dies ist der sicherste Weg, sie zu vernichten. Oder glaubt Ihr nicht, Cromwell?« Wie beiläufig griff er sich ein in Leder gebundenes Bändchen vom Tisch. »Die englische Übersetzung der Psalmen von Tyndale … Offensichtlich beschäftigt auch Ihr Euch sehr eingehend mit Ketzereien?«
    Er sah, dass hinter Cromwells Stirn die Gedanken wie Ratten umherflitzten. Die Hand des Ministers zuckte, als wolle er ihm das Buch entreißen. Doch dann sagte Cromwell mit unbewegter Miene: »Die Lektüre und Zensur verbotener Schriften gehört bedauerlicherweise zu meinen Aufgaben.«
    Aleander von Löwenstein nickte lächelnd und schwieg, so wie er es früher bei Befragten zu tun gepflegt hatte, bevor er sie auf die Streckbank geschickt hatte.
    Cromwells Blick schweifte wieder zu seinem Obstgarten.
    »Ihr wollt also dieses Mädchen? Wozu?«
    »Es besitzt eine Gabe, die uns überaus nützlich sein könnte.«
    »Uns oder Euch, Master Aleander?«
    »Meine und Englands Interessen sind so untrennbar verbunden wie Zwillingsbrüder, Master Cromwell.«
    »Kein besonders angebrachter Vergleich für einen Mann, der wie Kain alles daransetzt, seinen Bruder zu vernichten. Ich warne Euch, wir haben Euch nicht aus dem Kloster befreit, um Euren privaten Rachedurst zu befriedigen, sondern um uns beim Kampf gegen die Feinde unseres Königs zu unterstützen.«
    »Was ich von Herzen gern tue. Ich liebe England, es bietet so ungeahnte Aufstiegsmöglichkeiten.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Selbst für Menschen von einfachstem Herkommen.«
    Ein kurzer Anflug von Ärger überschattete Cromwells Gesicht, doch er überging die dreiste Anspielung, als könne sie unmöglich auf ihn gemünzt sein.
    »Was für eine Gabe, die uns nützen kann, sollte eine so junge Frau besitzen?«
    »Sie sieht Dinge, die gewöhnlichen Menschen verborgen sind. Die Zukunft, ihre Chancen, Gefahren, mögliche Unglücksfälle … Kurz gesagt alles, was es einem ermöglicht, planerisch in das Schicksal einzugreifen und Dinge abzuwenden, die höheren Interessen zuwiderlaufen.«
    »Wollt Ihr sagen, sie ist eine Hexe, so wie ihre Mutter, die Ihr als spanischer Inquisitor verbrannt habt?«
    Aleander schüttelte den Kopf. »Mariflores war eine kümmerliche kleine Tarotspielerin. Aber ihrer Tochter Lunetta hat Gott die Gnade mystischer Erleuchtung gewährt.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Ich kenne Lunetta seit Jahren, und in dem Kloster meiner Gefangenschaft entdeckte ich eine geheime heilige Schrift, die die Ankunft eines prophetisch begabten Kindes voraussagt, das die Sprache der Engel und die Zeichen des Herrn zu entschlüsseln weiß.«
    »Ihr seid nicht der Mann, der an Wunder glaubt.«
    Mit einem Mal erfasste Leidenschaft Aleander. Die Wintersonne brachte sein graues Gewand zum Leuchten, das sich bis in seine schillernd grauen Augen fortsetzte. Kaum einer erkannte, dass er die Farbe Grau nicht aus Bescheidenheit oder Gründen der Tarnung für sich gewählt hatte, sondern weil sie ihm schmeichelte.
    »Wenn Ihr mit Wundern die Phiolen voll Entenblut meint, die einige Gottesdiener gegen Geld als Reliquien vorzeigen, oder die Pfannkuchen, auf denen vorgeblich das Gesicht Jesu erscheint, so gebe ich Euch recht«, ereiferte sich Aleander. »Aber dies ist etwas anderes. Lunetta von Löwenstein besitzt die Gabe, die letzten Geheimnisse zu ergründen.« Er schwieg abrupt, wie um sich von einer plötzlichen Eingebung zu erholen. Nüchterner fuhr er fort: »Und würdet Ihr nicht gern erfahren, ob Königin Anne mit einem Thronerben oder einer weiteren Totgeburt schwanger geht?«
    Cromwells Gesicht wurde zur vollkommenen Maske, sein Mund zum abweisenden Strich.
    »Es heißt, dass Heinrich bereits mit anderen Frauen liebäugelt«, köderte Aleander den Minister. »Vielleicht sucht er nach einer neuen Königin. Es bedürfte eines Fingerzeiges, wie er die scharfzüngige Anne loswerden könnte, ohne sich der Lächerlichkeit einer zweiten Scheidung auszusetzen. Eine Aufgabe, die eines Mannes von Eurer Größe und Weitsicht bedarf…«
    Der Minister erhob sich drohend von seinem Stuhl. Aleander registrierte befriedigt, wie klein der Mann war. So viel kleiner als er, ein geborener Löwenstein. »Was Ihr da sagt, ist Hochverrat!«
    »Nun, genau das ist unser Geschäft, nicht wahr, Master Cromwell?«

8.
    K ÖLN, AM M ITTAG
    »Du hast ihr wieder nachgestellt?

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