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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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ein einziges Wispern und Tuscheln. Sidonia beugte sich über das Treppengeländer im ersten Stock und ließ den Blick suchend über die Köpfe schweifen. Sie erkannte zwei Gewaltrichterboten in ihren rotweiß gewürfelten Stadtuniformen. Rasch wandte sie sich zu Lunetta um.
    »Warte hier«, wisperte sie.
    »Warum?«, wollte Lunetta wissen.
    »Bitte tu, was ich dir sage, zeige dich nicht und verhalte dich ruhig.« Dann holte sie tief Luft, lief die Treppe hinab und drängte sich durch die Faktoren, Mägde und Knechte zu den beiden Bütteln vor. Die Mienen der Männer waren grimmig und ihre Augen schmal wie Schießscharten. Mit ihren Spießen hielten sie das Gesinde auf Abstand.
    »Was fällt Euch ein, die Ruhe unseres ehrbaren Hauses zu stören?«, fragte Sidonia scharf.
    »Wir sind gekommen, um es einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen.«
    Sidonias Herz setzte kurz aus, doch sie fand rasch zu ihrer gewohnten Keckheit zurück. »Mit welcher Begründung?«
    »Wir sind nicht verpflichtet, Euch Auskunft zu geben. Der Gewaltrichter ist im Kontor bei Eurem Vater, um die verschiedenen Anklagen zu verlesen. Das ist nichts für Weiber.«
    » Anklagen? Was, um Himmels willen, hat man uns vorzuwerfen? Ich werde sofort nach den Bürgermeistern schicken, erst gestern waren sie Gast in unserem Haus.«
    »Sie wissen bereits, dass wir hier sind, Weib.« Die Soldaten mischten ihrem Blick eisige Verachtung und eine Prise triumphierender Schadenfreude bei.
    Sidonia ließ sie stehen und drängte zur Tür des Kontors. Goswin stand davor und hob hilflos die Hände, sie zitterten.
    »Es … es tut mir leid. Ich konnte nichts tun! Sie haben mich sofort entwaffnet.«
    »Wo ist Gabriel?«
    Goswin schluckte hart. »Es scheint, man hat ihn auf der Gasse verhaftet und zum Frankenturm gebracht. Wegen irgendeiner Sache im Hurenhaus auf dem Berlich. Es heißt, er geht dort regelmäßig hin.« Goswin senkte betroffen den Blick.
    Sidonia schlug die Hand vor den Mund und unterdrückte einen Schrei, schob ihn beiseite und wollte die Tür öffnen. Goswin versuchte sie zurückzuhalten. »Bitte, geht nicht hinein. Was jetzt zählt, ist Besonnenheit.«
    Ein Laut unendlicher Qual drang durch das Holz zu ihnen.
    »Vater!« Sidonia riss die Tür auf und stürmte ins Kontor. Sie nahm nichts wahr außer dem Gesicht ihres Vaters, aus dem alle Farbe entwichen war. Er saß zusammengesunken in seinem Lehnstuhl beim Kamin, ein gefällter Riese.
    »Alles Lügen, alles Lügen«, krächzte er. »Hol Lambert! Ich bin zu schwach. Hol Lambert!«
    Wieder verwandelte sich sein Gesicht, wurde starr und wächsern, als probiere der Tod wie ein unzufriedener Künstler eine neue Maske an ihm aus.
    Sidonia stürzte zu ihm hin, griff seine Hand und schrie: »Wasser, verdammt, er braucht Wasser. Und Riechessig, Kampfer, einen Bisamapfel. Ruft Tringin!« Als sei dies das Zeichen der Erlösung, stob das Gesinde in der Diele auseinander.
    Lunetta eilte derweil auf nackten Sohlen zur Tür von Lamberts Zimmer. Riss die Tür auf und fand sein Bett unberührt. So wie Tringin es gesagt hatte. Mit klopfendem Herzen rannte sie zur Treppenflucht zurück, nahm die steilen Stufen zum Dachgeschoss in wenigen Sprüngen. Zögernd sah sie sich im dunklen Gang um; ein Lichtstreif, der durch eine halb geöffnete Tür fiel, zog ihren Blick an. Ein Zittern fuhr durch ihren Körper. Im Licht sah sie rote Flämmchen tanzen.
    Langsam wie unter Wasser bewegte sie sich auf den Strahl zu und spürte, wie sich lähmende Kälte um ihr Herz legte. Endlich erreichte sie die Kammer.
    »Lambert?«
    Sie drückte die linke Hand an ihre Brust und stieß mit der rechten gegen das Türblatt. Knarrend schwang es in den Raum. Schräg einfallendes Licht umhüllte Lunetta und ließ sie blinzeln. Geblendet trat sie über die Schwelle und stieß gegen das Fußende eines Bettes. Vorhänge verhüllten das Lager. Mit zitternden Händen teilte sie den Stoff.
    Es war genau, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ein Gemälde aus Sinnlichkeit und Hingabe, fließend und voll erregender Farben. Catlyn war nackt und wunderschön. Ihre Haut wie Sahne, die Waden lockend gerundet, eine Hand hing wie in träger Wollust und einladend weich über der Kante des Bettes. Lunettas Blick tastete sich nach oben, über die Hügel ihrer vollendet schönen Brüste. Lunettas Atem setzte zugleich mit ihrem Herzschlag aus.
    Golden hob sich das gelockte Haar der Frau von den blutgetränkten Kissen ab und silbern der Wappendolch Lambert van Bercks.

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