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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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erinnerte an ein Kirchendach, denn Heinrich legte Wert darauf, für den Stellvertreter des Allmächtigen auf Erden gehalten zu werden. Bunte Zapfen schlossen hängende Spitzbögen ab und waren mit geschnitzten Figuren besetzt, die genau auf die Gäste hinabstarrten. Auffällig waren ihre übertrieben großen Ohren, ihr lauschender Gesichtsausdruck. Eine wenig dezente Warnung an alle Gäste – des Königs Spitzel hörten überall mit!
    »Na, Kerl, fürchtet Ihr Heinrichs Lauscher?«, sprach ihn von links ein Mann in der Zunfttracht eines Kaufmanns aus der Stadt an und lenkte den Blick gleichfalls in die Höhe. Lambert schrak auf.
    »Nein, ich bewundere nur die Kunstfertigkeit der englischen Schreiner.«
    Der Kaufmann nickte. »Aye, guter Mann, unser großer Heinrich beschäftigt nur die besten. Und er ist ein großer Bauherr, entwirft vieles selbst. Aber Ihr solltet über das Staunen nicht Euer Essen vergessen. Was ist, soll ich Euch auftun?« Er griff nach einem Schöpflöffel und tauchte ihn in eine große Schüssel mit Fleischstücken, die in fetter Soße schwammen.
    Lambert nickte rasch. Bei Gott, es war mehr als verdächtig, dass er hier die ganze Zeit vor einer trockenen Brothälfte hockte, während die Umsitzenden gar nicht genug Fleisch und Soße daraufschaufeln konnten.
    Mit gut imitiertem Appetit langte er nun zu.
    »Mehr Ale«, bot ihm ein vorbeieilender Schankknecht an.
    Lambert schüttelte den Kopf und legte die rechte Hand über seinen Krug.
    »Ah, nicht so bescheiden«, mischte sich jovial der Londoner Kaufmann ein. »Auch wenn wir nur am Katzentisch der Kaufleute sitzen, haben wir genau wie die Ritter das Recht auf vier Pint pro Mahl!« Er hob seinen Zinnkrug und prostete Lambert zu. Der nippte höflich an seinem Ale und erwiderte den Trinkspruch.
    »Und, weshalb hat man Euch geladen und Tischrecht gewährt?«, fragte der Londoner merchant.
    »Ich bin wegen der Beschussprobe hier.«
    Der Blick des Londoner Kaufmanns glitt prüfend über Lamberts Harnisch. »Gute Ware. Ich bin selbst im Rüstungshandel tätig. Die Punzereien Eures Harnischs sind nach deutscher Art, wie ich sehe.«
    Lambert neigte dankend den Kopf und räusperte sich. »Ihr habt recht. Ich komme aus Köln.«
    »Und Euer Name?«
    »Van Berck«, murmelte Lambert und widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Fleisch.
    Der Londoner hielt es für Bescheidenheit und nickte aufmunternd. »Ja, den Namen kennt man in der City. Nun, es lohnt immer wieder, an den Hof geladen zu werden. Junger Mann, Ihr gefallt mir, und Eure Ware noch dazu. Ihr residiert gewiss im Stalhof. Ich werde in den nächsten Tagen dort vorsprechen. Bei einem Pintgen Wein könnten wir ins Geschäft kommen. Mich interessiert der Siegener Stahl. Habt Ihr Kaufrechte dafür?«
    Lambert bejahte und unterdrückte einen Seufzer. Wie gelegen wäre ihm vor wenigen Monaten noch ein solches Gespräch gewesen. Sein englischer Kollege musste zu den reichsten und mächtigsten Vertretern seiner Zunft zählen.
    Ein Servierknecht unterbrach die Unterhaltung, zog die Fleischschüsseln vom Tisch und machte Platz für süße Eier in Gelee, duftende Mandelpasteten, eingemachte Quitten und Konfekt, das zu zierlichen Waffen geformt war.
    »Welch eine freundliche Geste. Schwerter aus Marzipan«, seufzte der Londoner Kaufmann anerkennend. »Man verwöhnt uns. Nun, hoffen wir, dass unsere Rüstungen und Waffen bei der Beschussprobe uns ebenfalls zur Ehre gereichen.«

4.
    Eine bunte Stadt aus Zelten war auf den Wiesen und Weiden des Wildparks hinter dem Palastgelände entstanden. Wohlgeordnet gruppierten sich die bunten Stoffhäuschen um ein großzügiges Rasenrechteck, an dessen Stirnseite eine Tribüne für die Lords und Peers aufgezimmert war. Ein erhöhter hölzerner Thron unter einem Baldachin aus Goldbrokat bildete die Mitte und ließ darauf hoffen, dass der König sich endlich öffentlich zeigen würde. Auch die Anwesenheit seiner Fanfarenbläser und Trommler versprach sein Erscheinen.
    Entsprechend früh und zahlreich versammelte sich eine Schar von Höflingen, die ihre besten Pelze, Gold und Edelsteine zur Schau trugen. Auf prachtvoll aufgezäumten Pferden oder zu Fuß tummelten sie sich rings um das Rasenrechteck, wärmten sich in Zelten bei heißem Wein auf oder beim Kegeln und Bogenschießen.
    Aus den königlichen Reitställen wurden Schlachtrösser in bunten Schabracken herbeigeführt, auf denen die Waffenhändler und Schmiede des Königs aus Greenwich die neuen Rüstungen präsentieren

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