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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Betrüger in halbwegs höfischer Tracht über den Lieferantenzugang eingeschmuggelt, um sich kostenlose Mahlzeiten in den Bankettsälen zu sichern oder frech zum König vorzudringen und ihm Bitten vorzutragen.
    Damals war bekannt gewesen, dass der junge König ab und an Launen nachgab, zu einem Bankett gar Volk und Bettler einlud, sich unter sie mischte, damit sie ihm Juwelen und seine kostbaren Kleider buchstäblich vom Leib reißen konnten. Legenden, die ihn zu einem der beliebtesten Monarchen in der langen Geschichte englischer Könige gemacht hatten.
    Die Legende lebte fort, wenn auch angeschlagen durch seine grausame Kirchenpolitik der letzten Jahre und seine Trennung von Katharina zugunsten der raffinierten Anne.
    Inzwischen legte der König großen Wert auf seine Unantastbarkeit. Im Dunkel ihrer Nische beobachtete Lunetta mit wachsender Verzweiflung, wie Heinrichs Gardisten jede Warenlieferung genau inspizierten. Unterstützt von Schreibern und Küchenbeamten, die auf endlosen Pergamentrollen Warenmengen notierten und Bestellungen abhakten, drehten sie selbst Kohlköpfe um, bevor sie einen Wagen oder Karrenschieber in den Hof ließen, und hinaus kam nur, wer erkannt wurde.
    Mit spitzer Hellebarde hielten die Soldaten nebenher die Bettler auf Abstand, die vor dem Torhaus um Küchenabfälle anstanden. Der Almosier ließ ihnen zu gewissen Morgenstunden einige Reste zukommen, die nicht mehr für Pasteten oder andere Weiterverarbeitung genügten; Fettfetzen, trockene Brotkanten, bekaute Äpfel oder sauer gewordene Pottage, jene Suppe aus Lauch, Zwiebeln, Knoblauch, Senf und Hafermehl, die wie Brot als Beigericht jede Mahlzeit begleitete.
    Lunetta schmeckte den metallischen Geschmack von Blut auf ihrer Zunge, während hinter ihr in der Fleischhauerei unter derben Gesängen und gezielten Beilhieben abgehangenes Reh zerteilt, Lämmer zerlegt und frische Rinderhälften gehäutet wurden. Ihr würde es nicht viel besser ergehen, wenn sie nicht bald einen Ausweg fand.
    Ihr Blick suchte verzweifelt das Tor. Zwischen wartenden Karren und nervösen Packeseln drängte sich im Morgendunst eben eine bunte Truppe musizierend und singend nach vorn.
    Ein Leuchten stahl sich in Lunettas Augen. Das war es! Es mochte keinen direkten Ausweg vom Hof geben, aber über einen Umweg würde sie ihre Freiheit zurückerlangen.
    Hinter ihr wurden Schritte laut. Lunetta tauchte zwischen zwei Fleischfässern ab. Ein grün livrierter Küchenbeamter, dessen Goldkette ihn als Assistenten des Kämmerers auswies, eilte mit festen Tritten in den Hof.
    »Sind das die bestellten Gaukler?«, rief er den Soldaten zu. Die Wachmänner nickten und fassten ihre Hellebarden fester.
    »Lasst sie herein, ich will eine Kostprobe ihres Könnens sehen. Der König braucht Abwechslung. Sie können die Wartezeit bis zur Beschussprobe der neuen Rüstungen in den Gärten verkürzen!«
    Mit grimmiger Miene ließen die Gardisten die fröhliche Schar von acht oder neun Musikanten, Akrobaten und Tänzern passieren. Sie führten ein stämmiges, walisisches Wildpferd mit sich, das ungestüm auf dem Pflaster tänzelte, die Mähne schüttelte und stieg.
    »He, he, was soll der Gaul«, maulte ein Soldat und riss die Zügel an sich.
    Einer der Musikanten setzte seine Flöte ab, auf der er eben ein Lied aus lauter tirilierenden Tönen gepfiffen hatte. In übertriebener Verneigung zog er seinen mit Hahnenfedern geschmückten Hut.
    »Mit Verlaub, das ist Ariadne, eine feurige Stute, die niemand bislang zähmen konnte. Jeder Höfling ist eingeladen, seine Künste an ihr zu erproben, ein einmaliges Schauspiel. Passend für eine Waffenvorführung.«
    Der grün Livrierte runzelte die Stirn. »Hm, ein bisschen mager. Was könnt ihr noch?«
    »Zum Beispiel dies«, sagte der Flötenspieler, riss sich den Sack vom Rücken, nahm kurz Anlauf und wirbelte in drei Salti auf einen verdutzten Bauern zu, griff sich drei feste Kohlköpfe von seinem Karren und jonglierte sie wie federgefüllte Bälle durch die Luft. Geschmeidig bewegte er sich dabei auf den Kohlekeller zu. Hier riss er einen brennenden Kienspan von der Wand, gesellte ihn zu den Kohlköpfen und ließ alles in der Höhe tanzen.
    Seine Kumpane musizierten dazu, schlugen Purzelbäume, ein Säbeltänzer wirbelte elegant Klingen um seinen Leib, hüpfte und sprang über die eigenen Degen und sang. Endlich fing der Jongleur die Kohlköpfe nacheinander auf und löschte zuletzt den Kienspan in seinem Mund.
    Die Bettler vor dem Tor

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