Das Geheimnis der toten Vögel
Sandra zu Hause, als ich gerade angerufen habe. Ich habe seine Stimme gehört. Aber ich glaube nicht, dass sie sonderlich an ihm interessiert war, da war jemand anders. Sie wollte nicht, dass ich wusste, wer es war. Und Reine Hammar ist so, wie er eben ist … Er hat mit einem Mädchen rumgemacht, das hier früher mal geputzt hat, und dann war es eins von den Mädchen aus dem Restaurant, und dann hat Mimmi aus der Küche gesagt, dass sie ihn in der Kneipe mit einem blonden Mädchen gesehen hat. Sie sind zusammen mit dem Taxi weggefahren, wahrscheinlich zu ihr nach Hause. Aber ich weiß nicht, ob das stimmt, ich habe es nur von Mimmi gehört.« Jessika schniefte, trocknete sich die Augen und setzte sich mit geradem Rücken hin.
»Ich habe Sandra gefragt, ob zwischen ihr und Reine Hammar etwas sei, aber sie hat es geleugnet. ›Jetzt gib es schon zu, du feige Nuss‹, habe ich gesagt, aber sie hat nur gelacht.« Plötzlich riss Jessika die Augen auf und starrte Maria geradewegs an, als ob sie ein Gespenst gesehen hätte. »Reine Hammar weiß also noch gar nichts davon. Er ist doch im Sanatorium und weiß nicht, dass Sandra tot ist. Wie furchtbar! Wer wird es ihm jetzt sagen? Ich? Das schaffe ich nicht. Ich glaube nicht, dass ich ein Wort rausbringen würde. Der Arme. Es gab noch einen anderen, einen Journalisten. Sie hat einmal von einem Journalisten erzählt, den sie auf einem Fest kennengelernt hat, und ich hatte das Gefühl, es sei was Ernstes.«
»Wissen Sie, was für ein Fest das war?«
»Der vierzigste Geburtstag von einer, die in der Infektionsklinik gearbeitet hat. Der Journalist war ihr Bruder. Ich glaube, er hieß Fredrik.«
»Sind Sie sicher? Ich meine, dass er Fredrik hieß?«, fragte Hartman.
»Hm, ja, kann auch sein, dass er Florian hieß. Aber das ist schon eine Weile her, ich glaube nicht, dass etwas draus geworden ist. Dann hat sie viel im Internet gechattet, vielleicht hat sie auch da jemanden kennengelernt.«
»Wissen Sie, ob sie jemanden kannte, der Hans Moberg heißt, Mubbe?«
»Keine Ahnung. Aber ich glaube, sie hatte sich für gestern Abend mit jemandem verabredet. Ich habe sie gefragt, ob ich dabei sein sollte. Sie wissen ja, das erste Date, da sollte man vorsichtig sein und Männer nicht allein treffen und so. Aber sie hat gesagt, nein, das sollte ich auf keinen Fall. Sie war richtig sauer, wo ich doch gar nichts gemacht hatte. Sie hat mich fast angeschrieen: ›Ich will in Ruhe gelassen werden!‹ Es hat mich ein wenig beunruhigt, und ich habe tatsächlich daran gedacht, trotzdem aufzutauchen, aber dann musste ich nach der Frühschicht auch noch die Spätschicht in der Operationsabteilung übernehmen. Ich habe mehrmals bei ihr angerufen, aber sie ist nicht rangegangen. Meine Güte, daran habe ich noch gar nicht gedacht … Wenn ich da gewesen wäre, dann würde sie jetzt vielleicht noch leben!«
»Sagen Sie mal, die Wohnung, die Sandra hatte, die muss doch recht teuer gewesen sein?« Hartman sah hinter zwei jungen Krankenschwestern her und räusperte sich, als er Marias Blick spürte. »Ich meine, Sie kriegen hier doch wahrscheinlich nicht mehr Lohn als die Schwestern, die beim Staat angestellt sind, oder?«
»Nein, wir bekommen ungefähr dasselbe. Ich habe Sandra gefragt, wie sie sich das leisten konnte, und da hat sie auf so eine verschmitzte Art gelächelt und gesagt, sie habe noch ein Ass im Ärmel, und bald würde sie sich vielleicht eine Dreizimmerwohnung leisten können oder ein eigenes Haus.«
»Sie hat also damit gerechnet, bald viel Geld zu bekommen. Hat sie gesagt, woher?«
»Nein.« Jessika schüttelte den Kopf und kaute auf der Unterlippe, während sie nachdachte. »Nein, das hat sie nicht erzählt.«
»Wie oft hatte Sandra Migräne?«, fragte Maria.
»Wieso Migräne? Sandra hatte nie Kopfschmerzen. Sie war gut durchtrainiert und niemals krank und deshalb natürlich Viktoria Hammars Liebling. Sie pflegte Sandra immer als ein Beispiel dafür zu nehmen, wie man seine Gesundheit erhalten müsse, um eine anstrengende Arbeit leisten zu können.« Das Letzte sagte Jessika mit einer Grimasse.
»Eine letzte Frage: Wo arbeitete Sandra gerade?«
»Sie war auch in der Operationsabteilung, aber sie wollte auf die Impfambulanz. Sie war mehrmals bei Frau Hammar deswegen.«
24
Hans Moberg fuhr gerade auf der Landstraße an Tingstäde vorbei, als er die Suchmeldung im Radio hörte. Name, Autonummer und eine
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