Das Geheimnis der toten Vögel
Geschwindigkeit verlassen hatte. Er sah einsam aus. Sie hätte sich gewünscht, dass er zum Fenster aufsehen würde, dass er sie sehen und wissen würde, dass sie an ihn dachte.
Langsam krochen die Stunden auf die Morgendämmerung zu. Schon gegen zwei Uhr konnte man einen helleren Ton am Himmel ahnen. Die Kopfschmerzen verursachten Maria Übelkeit. Guter Gott, lass Emil es schaffen. Nichts anderes ist wichtig. Emil und Linda, wenn wir nur lebend aus dieser Hölle kommen, werde ich euch eine viel bessere Mutter sein. Ich werde mehr für meine Kinder da sein und nie mehr über Kleinigkeiten mit ihnen streiten, und ich werde niemals mehr …
Was, wenn eine Vogelgrippeepidemie mit voller Kraft über die Insel zöge? Wie viele würden überleben? Natürlich müsste man trotzdem zur Arbeit gehen und zum Einkaufen. Es würde überall lange Schlangen geben, wenn die Angestellten der Lebensmittelläden im Bett liegen würden. Was würde man mit all den Kranken und Toten machen? Mit den Alten, die Pflege benötigten? Wer würde noch mit dem Bus fahren wollen, wo alle dieselbe Luft einatmeten? Und wenn sich die Infektion weiter über den Rest von Schweden und dann über Europa ausbreitete – was würde dann mit den Lebensmitteltransporten aus dem Ausland geschehen, von denen sich Schweden doch so abhängig gemacht hatte? Arvidsson hatte schon nicht ganz unrecht, wenn er sagte, dass er auf eine Rentenversicherung in Form von Hühnern und Kartoffeln und eigenem Holzofen und eigenem Wasser setzen würde. Nun, vielleicht nicht gerade Hühner, aber das hatte schon was.
Maria setzte sich vorsichtig auf Emils Bettkante und lehnte den Kopf an seinen Rücken. Wenn du nur gesund wirst, mein Herz, dann spielt nichts anderes auf der Welt mehr eine Rolle.
26
Als der Morgen kam, war Emil fast fieberfrei, und Maria durfte nicht länger bei ihm bleiben. Ein Mundschutz war acht Stunden lang wirksam, und es gab nicht genügend davon. Da half es nichts, dass sie darum bat, bleiben zu dürfen. Schwester Agneta versprach anzurufen, wenn es eine Veränderung geben würde.
Deshalb war Maria gerade bei der Arbeit, als sie die Neuigkeiten hörte. Im Pausenraum war der Fernseher eingeschaltet, und alle hatten sich versammelt. Maria blieb mit der Kaffeetasse in der Hand stehen, und es entfuhr ihr ein Schrei, als sie hörte, was geschehen war. Der Zugang zu Medikamenten war offenbar gesichert. Viktoria Hammar war in einer Nahaufnahme zu sehen. Sie lächelte in die Kamera, während sie erzählte, dass man am selben Morgen eine große Lieferung eines wirkungsvollen Medikaments, Tamivir, erhalten habe, das durch die Versorgungsabteilung des Vigoris Health Center und in Zusammenarbeit mit der Seuchenschutzärztin verteilt werden könne. Das Medikament sei genehmigt und könne sofort eingesetzt werden. Das Vigoris Health Center würde zudem sogar einen wirkungsvollen Impfstoff beschaffen können.
»Das ist doch nicht möglich! Es hieß doch, es würde mindestens ein halbes Jahr dauern, einen Impfstoff zu entwickeln!«, meinte der Journalist.
»Wir haben nicht gewagt, die Neuigkeit mitzuteilen, ehe wir nicht ganz sicher sein konnten, dass der Impfstoff wirklich bei einer Epidemie, wie sie jetzt auf Gotland ausgebrochen ist, helfen würde. Doch glücklicherweise ist es derselbe Virus, der vor einem Jahr auch in Vietnam und später in Weißrussland Ärger verursacht hat. Da die Epidemie damals von selbst ausstarb, ist der Betrieb, der Tamivir hergestellt hat, in Konkurs gegangen, und der Konzern hat daraufhin das Patent und die Medikamente gekauft, die noch am Lager waren.«
»Sie meinen, dass die Allgemeinheit jetzt einfach nur einen Termin für eine Impfung und eine mögliche Gabe von Medikamenten ausmachen muss? Das ist doch fantastisch!« Die Stimme des Reporters klang aufgeregt.
»Wir möchten die Sache zunächst einmal mit der Sozialverwaltung und der zuständigen Seuchenschutzärztin besprechen, um dann der Gesundheits-und Pflegeverwaltung auf Gotland ein Angebot zu machen. Eine Paketlösung. Gleichzeitig werden wir unsere Impfambulanz hier im Vigoris Health Center weiter offen halten.«
»Können Sie das etwas näher erklären?«
»Man wird Impfstoff und Medikamente zum Marktpreis kaufen können, ohne den Beschluss der Sozialverwaltung abwarten zu müssen, ob man ein Rezept von seinem Hausarzt braucht. Die Herstellung unserer Produkte ist schließlich nicht gratis. Natürlich entstehen dem
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