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Das Geheimnis der toten Vögel

Das Geheimnis der toten Vögel

Titel: Das Geheimnis der toten Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Hatte gedacht, es habe etwas mit Reife zu tun, dass die Sehnsucht schon kommen würde, wenn die anderen in ihrer Umgebung Kinder bekamen. »Warum willst du keine Kinder mit mir haben? Wie kannst du mir das nicht gönnen, wenn ich es doch so gerne will? Begreifst du nicht, wie wichtig es für mich ist? Antworte mir! Ich muss wissen, warum.« Er hatte versucht, es mit Unwillen und Verantwortung zu erklären, doch das genügte ihr nicht. Das war nicht die ganze Wahrheit. So hatte sich ein Teil zum anderen gefügt. Ein plötzliches Schweigen, als sie nach seiner Mutter gefragt hatte. Fotografien von der Familie, die es eigentlich geben müsste. »Was hat die Vergangenheit mit der Gegenwart zu tun, was hat das Leben deiner Eltern mit unserem zu schaffen?«
     
    Er hatte es nicht in Worte fassen können, bis sie ihn damit konfrontiert hatte. Florians Mutter war bei seiner Geburt gestorben. Der Vater war nie darüber hinweggekommen. Das Schweigen hatte wie ein tiefer Abgrund über seiner ganzen Kindheit gelegen. »Du solltest Hilfe in Anspruch nehmen. Das war doch nicht deine Schuld. Du kannst mir das nicht antun, nur weil du Angst hast. Florian, hör mir zu!« Der Augenblick, als alles möglich schien und sie dachte, dass sie es zu einem Durchbruch geschafft hätten. Sein blasses Gesicht, das im gestreiften Schatten der Jalousie lag. Sein Mund, der sich öffnete. Die Antwort, die niemals kam. Stattdessen hatte er sie allein gelassen. Sie hatte die Haustür zuschlagen hören, und dann … hatte sie gewartet, erst wütend, dann ängstlich und verzweifelt, stundenlang, bis er wieder nach Hause kam, und da hatte sie nicht mehr gewagt, darüber zu sprechen. Damals nicht und später auch nicht. Sie konnte sich fast Wort für Wort erinnern, was er gesagt hatte. »Wenn das so wichtig für dich ist, dann musst du einen anderen Vater für deine Kinder finden. Du bist frei zu gehen – geh, wenn es so wichtig für dich ist. Ich will nicht im Weg stehen, wenn es dich glücklich machen würde. Hör auf mit dem Herumgraben in meiner Kindheit. Das geht dich nichts an, und du täuschst dich.« Als sie versucht hatte, in seinem Arm Trost zu finden, hatte er sie von sich geschoben, damit sie auch wusste, dass er es ernst meinte. Und der Ernst befand sich immer noch als eine Art Wachsamkeit in seinem Blick, wenn er sah, wie sie sehnsuchtsvoll das Spiel der Kinder am Wasser beobachtete oder sich mit feuchten Augen abwandte, wenn sie einen schwangeren Bauch sah. »Geh, wenn es so wichtig für dich ist, Yrsa, aber mach mir keine Vorwürfe.«
     
    Und jetzt, wo war er jetzt? Tante Edla im Haus nebenan hatte sich gewundert und die Zeitungen zu sich geholt, weil der Briefkasten übergequollen war. »Ich wollte nicht, dass jemand sieht, dass keiner zu Hause ist, wegen Einbrechern und so«, hatte sie im Vorübergehen gesagt. Nein, sie hatte ihn die ganze Woche nicht gesehen. Das Auto auch nicht.
     
    Yrsa ging zur Abstellkammer unter der Treppe und machte sie auf, um zu sehen, ob seine Reisetasche weg war. Nein, seine abgewetzte alte Tasche war noch da, aber Yrsas eigene schwarze Wochenendtasche war weg. Sie ging weiter zu seinem Kleiderschrank und versuchte herauszufinden, was fehlte. Der schwarze Anzug war noch da und das Sakko mit den Lederflicken auf den Ärmeln auch. Er musste Jeans und Lederjacke angehabt haben. Ein paar schwarze T-Shirts und die Turnschuhe fehlten. Die Polizei hatte sie um ein Foto gebeten und sie aufgefordert, darüber nachzudenken, was er wohl anhaben könnte.
     
    Was war eigentlich los? Wo konnte er sein, und warum hatte er seinen Pass mitgenommen? Sein Duft hing immer noch in den Kleidern. Yrsa drückte seinen Pullover an ihr Gesicht und schloss die Augen. Ließ sich von seinem Geruch umfangen. Ein klein wenig Sicherheit war darin. Das Gefühl, dass sie jeden Moment das Geräusch von Autoreifen auf dem Schotterweg hören könnte und dass er sie im nächsten Moment im Arm halten und eine Erklärung bereithaben würde.
     
    Einem schnellen Impuls folgend, grub sie in den Taschen seiner Hosen und Jacketts, um einen Zettel mit einer Adresse oder einer Telefonnummer zu finden. Sie wusste nicht, was sie eigentlich suchte. Sie fand nichts. Sie hatte alle angerufen, die sie erreichen konnte, ehe sie mit der Polizei Kontakt aufgenommen hatte. Ohne Ergebnis. Niemand wusste etwas. Die Polizisten hatten gesagt, dass sie ihn suchten, weil Sandra Hägg tot war. Erst jetzt vermochte sie sich diesem Gedanken zu widmen. Sandra Kassandra

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