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Das Geheimnis der toten Voegel

Das Geheimnis der toten Voegel

Titel: Das Geheimnis der toten Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Moberg machte sich keine Sorgen um sein Auskommen, weder jetzt noch in der Zukunft. Zu dem Zeitpunkt, wenn die langsamen Mühlen der Beschlüsse fertig gemahlen hatten und die Gesetzgeber den Hintern hoch gekriegt hatten, würden die EU-Gerichte bestimmt das schwedische Medikamentenmonopol abgeschafft haben, pflegte er zu seinem Kollegen Manfred »Mayonnaise« Magnusson zu sagen, der oft seiner Sorge über die Zukunft Ausdruck verlieh.
    Es würde nett sein, sich auf dem Campingplatz in Tofta zu treffen und das ein oder andere Bier gemeinsam zu trinken, ehe die Verteilung der Weihnachtsgeschenke an die Viagrakunden begann. Einige wollten ihr Kuvert mit der Post haben, andere wollten es direkt in die Hand bekommen. Ein paar Kunden konnte man auch vor Ort auftun, wenn während der Ferien gewisse Bedürfnisse wuchsen. Diese Reisen konnte man im Grunde als Urlaub bezeichnen. Am besten waren die Geschäfte gelaufen, als er mit Betsy zusammengearbeitet hatte, die Unterwäsche und Sexspielzeug verkaufte. Was für eine Geschäftsfrau! An die konnte man nicht heranreichen. Aber es hatte seine Geduld herausgefordert, ständig Kompromisse machen zu müssen, was die Termine und Reiserouten betraf, und mit einer Träne im Knopfloch hatte er sie, als der Winter kam und der Wohnwagen für sie beide zu eng wurde, in Tanumshede zurückgelassen. Die Freiheit hatte ihren Preis.
    »Kuschelmaus aus Skåne« mochte Kuschel-Country, eine mit schwedischen Kauderwelsch-Texten versehene Country-Musik. Außerdem mochte sie Ehrlichkeit und Abende zu Hause, hatte sie geschrieben. Auf dem Bild, das sie durch den Cyberspace geschickt hatte, trug sie einen kurzen Lederrock mit Fransen. Ein kariertes Hemd, das bis zur Schamgrenze aufgeknöpft war, und spitz zulaufende Stiefel aus weißem Leder. Yippieh! Das rote Haar war zu einem kurzen Pagenkopf geschnitten, und der Mund war rot und breit. Ein richtig niedliches kleines Püppchen. Aber man konnte sich natürlich täuschen.
    »Kuschelmaus aus Skåne« – er hatte nicht einmal ihren richtigen Namen erfahren. Offenbar war sie eine erfahrene Internetnutzerin. Vollständige Diskretion. Er pflegte selbst ebenso vorsichtig zu sein. Sein Pseudonym »Doktor M« war ihm nach ein paar Bieren eingefallen und war eigentlich nicht sonderlich gut durchdacht, musste aber bis auf weiteres genügen. Das größte Problem an diesem Abend würde sein, sich an den Skåne-Dialekt zu halten. Unbegreiflich, wie er sich dazu versteigen konnte zu sagen, er käme auch aus Skåne. Das war ein Problem, das ihn während der Morgenstunden beschäftigt hatte, bis er auf die Idee gekommen war, seinen ungenügenden Skåne-Dialekt mit einem amerikanischen Akzent aufzuwerten, der mit etwas Glück der Dame gefallen könnte. Es war ein Teil des Spiels zu versuchen, die heimlichen Wünsche von jemandem zu erraten und diese dann zu erfüllen.
    Was »Kuschelmaus aus Skåne« anging, so nahm er an, dass ein »tragisches Schicksal« die Tür zum Lustgarten des Wohlwollens und Mitgefühls würde öffnen können. Auch das gehörte zu den Dingen, die er erst hatte herausfinden müssen. Das Ergebnis der Suche nach einer passenden Identität war ein Countrysänger mit einer unheilbaren Krankheit gewesen. Nach ein paar Stunden des Suchens mit verschiedenen Suchmaschinen hatte er sich für eine unheilbare Erbkrankheit entschieden, die ein wenig diffus im Körper verteilt war. Nur noch wenige Monate zu leben. Nicht ansteckend. Zur Sicherheit hatte er sich einen lateinischen Namen ausgedacht. Strabismus. Das hörte sich gleich viel schwerwiegender an. Strabismus. Schlimm! Er verspürte schon eine dumpfe Mattheit in den Rückenmuskeln und einen diffusen Schmerz hinter der Stirn. Sein Blick wurde vernebelt. Schon bald würde es ihn auf dieser schönen Erde nicht mehr geben, aber in seiner Musik würde er weiterleben. Und selbst wenn er ihr keine Lieder vorsingen konnte, da die Krankheit gemeinerweise auf die Stimmbänder geschlagen war, so hatte er ihr doch seine Verse in einer E-Mail geschickt.

13
    Das schöne gelbe Holzgebäude des Pensionats Warfsholm lag auf der anderen Seite der Fußgängerbrücke über den Klinteviken. Früher, zur Zeit der Kalkfabrikanten, hatte es auf der Halbinsel einen alten Kalkofen und eine Schiffswerft gegeben. Gerade badete das Gebäude mit seinem charmanten Turm und der großen weißen Veranda in der warmen Abendsonne, als gäbe es nichts Böses auf der Welt – und doch hatte man sich gerade hier versammelt, um über

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