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Das Geheimnis der toten Voegel

Das Geheimnis der toten Voegel

Titel: Das Geheimnis der toten Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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recht zu machen.
    Sie gingen mehr wie Freunde oder Geschwister miteinander um denn als Liebespaar. Deshalb erstaunte es ihn, als sie ihn eines Abends bat, mit ihr auf ihr Zimmer zu kommen. Da war etwas in ihrem Blick. An dem Abend war nichts wie sonst.
    »Niemand ist zu Hause«, hatte sie gesagt, »die kommen nicht vor morgen Mittag zurück.« Mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit hatte sie begonnen, sich vor ihm auszuziehen. Er hatte wie versteinert dagestanden und sie angeschaut. Als sie den Pullover über den Kopf zog und er sah, dass sie keinen BH trug, wusste er nicht, wohin er schauen sollte. Dann stieg sie aus dem Rock und aus der Unterhose und sah ihn ernst an. Sie war niemals schöner gewesen und hatte auch niemals trauriger ausgesehen als in diesem Moment. Er hatte kaum zu atmen gewagt, geschweige denn, sich zu rühren. Dann hatte sie ihn an der Hand genommen. »Komm.« Wie im Traum war er ihr zum Bett gefolgt. Er hatte Probleme mit den Knöpfen an seinem Hemd gehabt, und sie hatte ihm geholfen. Als das Versteinerte gewichen war, hatten sie wie besinnungslos miteinander geschlafen. Alle Verspieltheit war weg gewesen. Da war ein Hunger, eine Besessenheit in ihr, wie wenn man liebt, um den Tod in seine Schranken zu weisen.
    »Wie sehr liebst du mich?«
    Er hatte sie geküsst und gestreichelt, damit sie begreifen möge, dass er sie mehr liebte als das Leben selbst, mehr als irgendetwas oder irgendjemanden anders. Reden war nie seine Sache gewesen, seine Sprache steckte in seinen Händen. Er hatte gehofft, dass das genügen würde. Das Weinen kam so unerwartet. Sie weinte, und er tröstete wortlos. Habe ich dir etwas getan? Er vermochte die Frage nicht zu stellen und erhielt keine Antwort – jedenfalls noch nicht da.
    Gegen Morgen war er anscheinend eingeschlafen, und als er erwachte, stellte er fest, dass sie nicht mehr neben ihm im Bett lag. Ihr Duft war noch in den Laken. Draußen war es hell, aber es war erst viertel nach sechs. Die Tür zur Toilette war verschlossen, und er hörte, dass sie da drinnen würgte und sich übergab.
    »Geht es dir nicht gut, Angela?« Er hörte sie gellend und hohl lachen, und dann kam das Schluchzen. »Was ist denn? Kann ich irgendetwas tun? Angela, mach doch auf!«
    »Geh nach Hause, ich will meine Ruhe!« Und wieder begriff er gar nichts, bis später am Abend seine Mutter Siv ihn beiseitenahm, um ihm zu sagen, was gesagt werden musste. Sie hatte sich das Haar aus dem Gesicht gestrichen, ihre Schürze geglättet und sich ganz gerade aufgerichtet, wie sie es immer zu tun pflegte, wenn sie sich für etwas Schwieriges sammeln musste. Ihre Miene war so ernst, dass er es mit der Angst bekam, und die Stimme war spröde und trocken wie Reisig vom Vorjahr.
    »Ich habe mit Angelas Mutter gesprochen.«
    »Und?« Irgendetwas in ihrem Blick ließ ihn seine Augen senken.
    »Wie du sicher weißt, ist Angela schwanger.«
    »Was?« Ihn schwindelte. Das war doch nicht möglich, sie hatten doch nur …
    »Angela reist mit der Abendfähre aufs Festland. Zu Erik. Erik ist der Vater des Kindes. Es ist bei einem Unfall am Mittsommerabend zustande gekommen. Aber Erik muss trotzdem für das einstehen, was er getan hat, und sich darum kümmern.«
    »Verdammt noch mal!« Ruben war so heftig vom Stuhl aufgesprungen, dass der umfiel. »Dieser verdammte Kerl!« Seine Gehirnerschütterung war also nicht so schlimm gewesen, dass er sich nicht an Angela hatte ranmachen können. »Ich bringe ihn um. Ich schlage ihn zu Brei.«
    »Jetzt komm wieder zu dir, Ruben. Angela war schließlich auch mit dabei, und sie hat sich entschieden, zu ihm aufs Festland zu fahren. Ich habe schon geahnt, dass du dir andere Hoffnungen gemacht hast, aber es kommt im Leben nicht immer so, wie man möchte. Du wirst bald ein anderes nettes Mädchen finden …«
    Mehr hörte er nicht, ehe er gezwungen war, aus dem Zimmer zu rennen, damit sein Kopf nicht platzte. Er musste allein sein. Musste weg von ihrem mitleidigen Blick, der den Schmerz noch schlimmer machte. Er war durch den Ort gerannt, an der Kirche vorbei, und hatte nicht angehalten, bis er auf einem Pfad im Buttlewald war. Dort sackte er auf dem Moos zusammen und zog die Beine an den Körper, um den Krampf im Bauch zu lindern. Er versuchte, klar zu denken. Angela würde mit der Abendfähre fahren. Noch konnte er es verhindern. Noch konnte er sie vielleicht dazu überreden hierzubleiben. Wollte er denn, dass sie blieb, nach dem, was sie getan hatte? Ja, wenn sie es bereute

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