Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller
Bruders. Wir waren beide Dozenten an der Uni. Das heißt,
ich bin es immer noch. Lorenzo Tardi ist mein Name.«
»Was kann ich für Sie tun?«
Tardi zog die Luft hörbar durch die Nase ein.
»Ich wollte Paolo eine fachliche Frage stellen. Aber das geht ja nun ... sagen Sie, woran ist er denn gestorben. War er krank?«
Für einen Augenblick war Stille in der Leitung.
»Er ist einem Verbrechen zum Opfer gefallen. Wahrscheinlich ein Einbrecher.«
Tardi fühlte das Pochen der Ader an seinem Hals.
»Madonna, wie schrecklich! Und seine Forschungsarbeiten? Seine Aufzeichnungen? Was geschieht mit ihnen? Dass sie bloß nicht in unbedarfte Hände geraten. Wenn ich vielleicht ...«
Die Stimme der Frau klang hart.
»Ich verstehe nichts von diesen Dingen. Darum habe ich unsere Anwaltskanzlei beauftragt, sich um diese Dinge zu kümmern. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich bitte an den Avvocato Pancrazzi. Und jetzt entschuldigen Sie mich, Professore. Es gibt noch eine Menge zu tun.«
Noch Minuten, nachdem die Frau aufgelegt hatte, stand Tardi mit dem Hörer in der Hand völlig entgeistert da. Seine Augen starrten durch die Gläser der großen Brille ins Leere.
»Verdammt!«, murmelte er.
*
Die Nachmittagssonne fiel durch das offene Fenster des Arbeitszimmers. Das Vogelgezwitscher, die warme Luft des toskanischen Sommers – all das verlieh dem Tag eine freundliche, entspannte Atmosphäre. Robert versuchte, seine verkrampften Schultern zu lockern, aber es gelang ihm nur begrenzt, denn die Ereignisse der letzten Tage und die vergangene, fast schlaflose Nacht hatten ihre Spuren hinterlassen.
Im Arbeitszimmer angekommen, stellte er die Ledertasche auf den Schreibtisch, ließ den Verschluss aufschnappen und schob die Bügel auseinander. In der Tasche lag eine schwarze Mappe, die man seitlich zuschnüren konnte. Er zog sie hervor, löste die Schleife und klappte sie auf. Es waren etwa dreißig bis vierzig mit einer alten Schreibmaschine beschriebene Blätter. Zwischen den Zeilen waren handgeschriebene Korrekturen und Zusätze eingeschoben. Robert erkannte die Schrift sofort. Auf dem Stapel lag ein Briefumschlag. Er öffnete den Umschlag, setzte sich in den Lesersessel neben dem Schreibtisch und begann zu lesen.
Fragen Sie nicht, warum ich wusste, dass Sie kommen. Sie werden es früh genug erfahren. Lesen Sie die Texte langsam und genau. Ich bitte Sie, dabei Ihr besonderes Augenmerk auf Origenes von Alexandria zu richten.
Ich habe bei meinen Studien und Recherchen herausbekommen, dass Origenes um ein Geheimnis wusste, das unser aller Leben radikal verändern kann. Auf den beiliegenden Seiten finden Sie die Ergebnisse meiner Forschungen. Für mich war es nicht vorgesehen, sie zu Ende zu führen. Sie müssen es tun. Da ich aber weiß, dass diese Ergebnisse niemals in die falschen Hände geraten dürfen, habe ich sie an verschiedenen Orten versteckt. Was Sie hier in Händen halten, ist lediglich der erste Teil. Wo Sie den zweiten und den dritten finden, erfahren Sie nur, wenn sie den Text genauestens studieren. Die Orte sind im Text verschlüsselt untergebracht. Ich denke, dass Sie es erkennen werden. Dennoch: Gedenken Sie der Kräfte, die gegen Sie arbeiten werden. Sie sind mächtig und zu allem bereit.
Robert ließ den Brief sinken und lehnte sich zurück.
Wenn du den Professore nicht noch persönlich kennen gelernt hättest, wärest du mit großer Sicherheit davon überzeugt gewesen, dass es sich bei dem Verfasser wieder einmal um einen dieser Verrückten handelte, die die Geheimdienste dieser Welt täglich mit ihren selbst verfassten Verschwörungstheorien belieferten.
Bei der NSA in Maryland waren diese Theorien im Kollegenkreis ein Quell nie versiegender Heiterkeit gewesen.
So viel stand fest: Paolo Mazzetti war zwar ein etwas exzentrischer Mensch, aber ein Verrückter war er nicht. Lies weiter, Roberto.
Er nahm das erste Blatt vom Stapel und las:
Einleitung
Seit Jahrtausenden ist ein großer Teil der Menschheit davon überzeugt, dass der Tod nicht das Ende aller Dinge ist. Vielmehr lebt im physischen Leib jedes Menschen eine unsterbliche Seele, die sich nach dem Tode in einem neu erscheinenden Wesen wieder verkörpert. Dies geschieht so oft, bis der Mensch die höchste Stufe erreicht hat. Innerhalb der Kulturen gibt es verschiedene Auffassungen, wie diese Seelenwanderung abläuft. Nach hinduistischer Vorstellung etwa inkarniert sich die Seele nicht nur in einem neuen Menschen, sondern auch in Tieren. Im
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