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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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auf sich warten ließ. Erst nach Minuten durchschritt sein Geist das Grenzland zwischen Wachen und Schlafen; der Klartraum begann.
    Refi Zul verwandelte sich in eine dunkle Wolke und schwebte durch die Decke und das Dach hinaus in den Nachthimmel von München. In diesem Zustand flog er auch zur alten Brauerei. Er hatte den Fuchs dorthin geschickt, um den jungen Leonidas hinzuhalten, bis der Wächter von Salem käme. Schon von Weitem sah Zul, dass etwas nicht stimmte.
    Das Brauhaus war verschwunden. Nur eine große Staubwolke
hing über dem Areal. Im Näherkommen entdeckte er einen riesigen Sandhaufen. An der Nordseite löste sich gerade die letzte Außenmauer in feine Körnchen auf und rieselte in sich zusammen.
    Zul brüllte abermals vor Wut, für die Menschen in der Umgebung ein geisterhaftes Geräusch, das viele erzittern ließ. Nirgends war eine Spur von diesem Leo zu sehen. Hatte er einen Helfer gehabt, einen von Kretis’ Rebellenfreunden? Oder war er der Zerstörer des Hauses? Zuzutrauen wäre es ihm – der Jungspund ahnte vermutlich nicht, wie ähnlich er dem uralten Timaios war, dem mächtigsten Traumwandler, den die Welt je gesehen hatte.
    Man sollte so ein Ausnahmetalent vielleicht retten, dachte Zul. Er hoffte, Leo für sich zu gewinnen. Töten konnte er ihn immer noch.
    Der König streckte seine Traumhände nach der Luft aus und bildete eine Windhose über dem Brauereigelände. Der Wirbel saugte den am Boden liegenden Sand auf und schleuderte ihn in einer zyklopenhaften Schraube in die Höhe – es sah aus wie ein gigantischer Korkenzieher. Hoch über den Wolken verteilten sich die Körnchen und regneten auf die ganze Stadt herab.
    Sobald die Bodenplatte der Brauerei freigelegt war, kamen mehrere Gestalten zum Vorschein. Zul interessierte sich nicht für die toten Leibwächter, doch er schmunzelte, als er den Fuchs im Schutz eines Mauersockels liegen sah. Ein paar Schritte weiter entdeckte er den Wächter von Salem. Von Leonidas fehlte jede Spur.
    Zuerst kümmerte sich der König um den Rotschopf. Er atmete nicht. Zul legte seine Lippen auf die des Jungen und blies. Ihm war klar, dass er aus dem Fuchs ein anderes Wesen machte, wenn er ihn auf diese Weise wiederbelebte. Der Knabe
würde sein wie ein Traumgeborener. Doch das musste ja nicht von Nachteil sein.
    Benno Kowalski öffnete die Augen. Trotz des Zwielichts erkannte er sofort seinen Lebensretter. Die Muskeln des Jungen verhärteten sich. Er bekam einen Hustenanfall.
    »Keine Sorge, Füchslein, du bist nicht in der Hölle«, sagte Zul grinsend und klopfte dem Rotschopf auf die Schulter. »Aber auch nicht im Himmel. Bleib hier sitzen und komm erst mal zu Atem. Und lauf mir nicht weg! Das würde mir gar nicht gefallen.«
    Hiernach wandte sich der König dem Wächter von Salem zu. Durs Huber kam gerade zu sich. Er hatte eine tiefe, jedoch nicht lebensbedrohliche Schnittwunde am Bauch. »Du hast mich enttäuscht«, sagte Refi Zul kühl.
    »Der Junge hatte einen Helfer«, ächzte der Alte.
    »Hast du ihn erkannt?«
    Er nickte. »Osmund Okumus.«
    »Der Vertrauenslehrer?« Zul wandte seinen Blick den Sternen zu und schüttelte den Kopf. »Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Er war bei den Schülern so … unbeliebt. «
    »Als wenn’s darauf ankäme«, krächzte Durs Huber.
    Zul sah wieder den Hausmeister an. »Du hast recht. Mich mögen auch nur wenige und ich bin trotzdem der König von Illúsion. Du weißt ja, welche Strafe einen Versager in meiner Wächterschaft erwartet.«
    Huber erschrak.
    Zul weidete sich einen kleinen Moment an der Todesangst des Alten. Dann lächelte er. »Andererseits ist heute dein Glückstag. Du kennst wie kein Zweiter das Schloss und was sich darunter verbirgt. Mich deucht, wir werden dieses Wissen schon sehr bald brauchen.« Er deutete über die Schulter zu Benno. »Und auch den kleinen Dicken da.«

D ie französische Klapperkiste rollte mit ausgeschalteten Scheinwerfern auf den Lehrerparkplatz der Traumakademie. Es war kurz vor sechs. Noch herrschten die Schatten der Nacht. Leo war froh darüber. Okumus hatte gesagt, die Polizei schnüffele nach wie vor im Schloss herum. Man wisse nie, wann die Beamten aufkreuzten, wie lange sie blieben und wofür sie sich interessierten. Es sei nicht auszuschließen, dass sie das Internat sogar observierten. Angeblich besäßen Täter ja die Eigenart, an die Orte ihrer Verbrechen zurückzukehren. In diesem Fall sei Leo der Hauptverdächtige, dem man solchen Leichtsinn

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