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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Leo.
    »Mir geht es gut«, antwortete Orla. Sie grinste schief. »Ich hatte gehofft, dass bei dir der Knoten platzt, wenn ich dich ein bisschen unter Druck setze.«
    »Dein Amoklauf war gar nicht echt?«, fragte er ungläubig.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Du hast mir keine andere Wahl gelassen.«
    »Und ich hatte gedacht, du seist lebensmüde. Beim nächsten Mal weihst du mich gefälligst in deine Pläne ein.« Unwirsch schob er den eisigen Dolch in den Gürtel zurück. Das Traumwasser hatte davon sämtliches Blut abgespült.
    »Bisher warst du für meine Argumente nicht sonderlich empfänglich«, erwiderte sie schmunzelnd. Orlas Augen richteten sich auf ihre immer noch umschlungenen Hände. »Deshalb wollte ich es mal mit deinen Gefühlen probieren. Ich hoffte, dass dir etwas an mir liegt.«
    Er ließ sie los, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen. Um sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen, blickte er demonstrativ nach oben. Es dämmerte gerade. Ob zum Abend, zum Morgen, oder ob in diesem Borderland zwischen den Wirklichkeiten ständig solche Lichtverhältnisse herrschten, konnte Leo bestenfalls ahnen. »Das ist also das Haus des Rates. Echt beeindruckend.«
    Die kolossale Kristallkugel hing wie ein gleißender Stern über dem Puakatike. Obgleich der feuerfarbene Himmel wolkenlos war, vermochte Leo keine Sonne zu sehen. Der Vulkan hatte hier im Niemandsland zwischen Illúsion und der übrigen Menschenwelt eine abgeflachte Spitze. Auf dem runden Gipfelplateau stand ein Kreis mächtiger Steinsäulen aus schwarzem Lavagestein. Elastische Taue, die reihum an den Stützen befestigt waren, hielten das Haus des Illúsischen Rates in der Schwebe. Zur Linken war eine dieser Streben wie eine Wendeltreppe geformt. Oben führte eine Hängebrücke zum glasklaren Riesenkristall hinüber. Sein Durchmesser mochte gut und gerne dreißig Meter betragen. Trotz heftiger Windböen vom Meer hing er völlig bewegungslos. Orla zeigte mit dem Schwert auf den Säulenkreis.

    »Davon hat der gute Dalmud mir einmal erzählt. Er sagte, die Pfeiler stellen das Fundament des Ringkontinents dar, der den Urquell der ungeträumten Träume umgibt.« Ihre Klinge wanderte weiter nach oben. »Und der Kristall verstärkt die daraus hervorsprudelnde Traumenergie. Er lenkt sie nach außen, damit sie unsere Welt gestalten kann. In seinem Innern dagegen vermag sie niemand als Waffe zu missbrauchen. Sogar Refi Zul ist im Ratshaus ein Mensch wie jeder andere.«
    »Klingt für mich wie ein Widerspruch.« Leo wunderte sich nicht zum ersten Mal, wie schnell sich das Traumwasser verflüchtigte. Seine Kleidung war schon fast trocken.
    »Das Gebäude wurde auf Anordnung des Illúsischen Kongresses errichtet, als dieser noch nicht entmachtet war. Es symbolisiert den Grundsatz ›Klarheit schafft Wahrheit‹: Im Rat, der im Kristallpalast tagte, sollten nur der klare Verstand, das reine Herz und die Macht aufrichtiger Worte zählen.« Orla grinste. »Man wollte verhindern, dass sich erhitzte Gemüter scharfkantige Gegenstände an die Köpfe werfen oder sich gegenseitig in Frösche verwandeln.«
    »Komisch, dass der König das Ratshaus nicht längst abgerissen hat.«
    »Solange er es unter Kontrolle hat, verstärkt es ja sogar seine Macht. Übrigens ist es aus einem einzigen Kristall gewachsen. Wird der zerstört, geht ihm auch das Traumtor verloren.«
    »Er könnte doch einfach ein neues Portal bauen.«
    »Sicher. Bloß würde das seine Kräfte für geraume Zeit binden – sie sind ja untrennbar mit der Urquelle verbunden. Er hat es wohl für klüger gehalten, alle Bewohner von der Insel vertreiben und das Tor von seinen Wächtern bewachen zu lassen.«
    »Und wie kommen wir jetzt da rein? Der Zugang über die Hängebrücke ist bestimmt bewacht.«

    »Durch die Hintertür.«
    »Wie bitte?«
    »Wir gehen da hinein, wo sowieso schon was rauskommt.« Sie deutete mit dem Schwert in den Wasserfall. »Wir fliegen.«
    »War ja klar«, seufzte er. »Seit ich dich kenne, dusche und bade ich so viel wie nie zuvor.«
    »Das hat noch niemandem geschadet. Außerdem trocknet’s ja gleich wieder.«
    »Fallen wir nicht runter, sobald wir in dem Kristall sind? Du meintest gerade, drinnen könne man die Traumenergie nicht lenken.«
    »Solange wir nass sind, haftet sie direkt an unserem Körper. Das müsste ausreichen, bis wir festen Boden unter den Füßen haben.«
    »Müsste?«, japste er. »Bis zum Haus sind’s mindestens zwanzig Meter.«
    Sie verdrehte die

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