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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Augen. »Wie sagte einer eurer Dichter? ›Die schönste Zeit der Deutschen ist die Bedenkzeit.‹ Eben warst du so mutig und stark, Leo. Muss ich erst wieder meinen Hals riskieren, damit du den Drachen in dir weckst?«
    »Drachen?«, schnaubte er. »Da schlummert nicht mal ein Tiger.«
    »Wenn du dich da nur nicht irrst! Mach dich oben auf Überraschungen gefasst. Und merk dir: Sich im Kristall auf einen Kampf einzulassen, wäre das Dümmste, was wir tun können. Da drin sind wir keine Schlafverwandler, sondern …«
    »… nur gewöhnliche Menschen. Ich hab’s kapiert, Orla.«
    »Vergiss es nur nicht.« Sie stieg in die Höhe. Es sah aus, als hinge sie an unsichtbaren Drähten. Als Leo ihr nicht folgte, blieb sie einige Meter über ihm stehen. »Kommst du von alleine oder muss ich dich abschleppen?«

    Er stöhnte. Noch stand er unter dem Einfluss der Schlafpastillen, was ihm das Fliegen erheblich erleichterte. Die Vorstellung, sich wie Peter Pan durch die Luft zu bewegen, genügte schon. Sanft hob er vom Boden ab.
    Orla wartete, bis er neben ihr angekommen war, und lächelte aufmunternd. »Siehst du, geht doch! Kleiner Tipp: Verkneif dir deine Geistesblitze, bis wir das Tor hinter uns haben. Ich will nicht überraschend beim Ersten Statthalter des Königs landen. Und jetzt halt den Atem an.« Sie reckte ihr Schwert in die Höhe und tauchte in den Sturzbach ein.
    Leo hatte ein ganz übles Gefühl bei der Sache. Aber was sollte er machen? Orla brauchte ihn. Also folgte er ihr.

M it gezücktem Igelrattenstachel trat er durch den Wasservorhang in eine imposante Halle. Abgesehen von dem Mädchen hielt sich niemand darin auf. Keine Hyänenschweine, kein Refi Zul und auch kein Benno. Leos Freundin stand mit ihrem Schwert vier oder fünf Schritte vor ihm. Sie drehte sich nach ihm um, winkte ihn aufgeregt heran und sagte irgendetwas, das im Rauschen der Traumquelle unterging. Das Wasser sprudelte in etwa sieben Meter Höhe wie aus dem Nichts hervor und stürzte in eine kreisrunde Abflussmulde, die in eine Kristallröhre mündete. Durch diese waren Leo und Orla in das Gebäude eingedrungen. Während er zu ihr lief, erkundete er mit den Augen die weitere Umgebung.
    Die Gestalt der Halle ähnelte der Salemer Druse, übertraf diese jedoch an Größe um ein Vielfaches. Dicht an dicht bildeten hoch oben Tausende von Kristallspitzen ein lichtdurchflutetes Gewölbe. In den unteren Facetten wiederholte sich hundertfach der Steinkreis mit den Haltetauen. Vom spiegelglatten Boden ragten zahlreiche achteckige Säulen auf, die das einfallende Licht in alle Farben des Regenbogens brachen und eher zufällig im Raum verteilt waren. Die Pfosten des Traumtores, die zwei mächtigsten Pfeiler des runden Saals, wuchsen genau im Zentrum der Quellhalle empor.

    Orla packte Leos Hand. »Schnell! Ich habe Stimmen gehört. Da können wir uns verstecken.« Sie deutete mit Ariki auf eine nahe Ansammlung kürzerer Kristalle, die wie ein bizarrer Blumenstrauß aus dem Boden ragten.
    Er ließ sich von dem Mädchen mitziehen und sah sich besorgt nach der feuchten Spur um, die sie hinterließen. Zu seiner Erleichterung lösten sich die Fußstapfen bereits auf. Es gab wohl wenig, das so flüchtig wie ruhendes Traumwasser war. »Meinst du, die Wächter suchen uns?«
    »Bei dem Krach ist das unmöglich zu sagen.« Orla zerrte ihn in die Deckung. »Kopf runter!«
    Leo duckte sich. »Ist ziemlich idiotisch, sich hinter glasklaren Säulen zu verstecken, oder?«
    »Das sind Prismen, du Schlaumeier. Die brechen das Licht und lenken es ab. Jetzt halt deine Klappe. Wir sind gleich getrocknet und dann haben wir nur Ariki und unseren Verstand, um uns zu verteidigen. Da! Sie kommen aus dem Ratssaal herauf.« Orla wies mit dem Kinn auf eine Schnecke, die sich nahe der Hallenwand aus dem Boden schraubte. Er hatte die Kristallhelix inmitten all der Säulen bisher nicht bemerkt. Sie diente offenbar als Wendeltreppe, genauer gesagt als Wendel weg , denn sie besaß keine Stufen. Zwei mit Speeren bewaffnete Hyänenschweine stiegen darauf empor. Kaum hatten sie den Quellsaal betreten, erhoben sie sich auf ihre Hinterläufe und sahen sich wachsam um.
    Leo wagte kaum zwischen die kristallenen Streben hindurchzuspähen. Immer mehr Wächter erschienen auf dem Niedergang. Erst nachdem sich zehn oder zwölf der Kreaturen mit blanken Waffen um die Schnecke verteilt hatten, folgte ihnen eine hochgewachsene Gestalt. Sie war in einen weiten, glitzernden Umhang gehüllt.

    »Zul«,

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