Das Geheimnis der Wellen
gern Bälle. Schau.« Er machte die Leine los. »Los, lauf, Barbie.« Er warf den Ball ins Wasser.
Der Hund sauste ihm hinterher, flippte vor Freude völlig aus.
»Siehst du? Sie hat mir verziehen.«
»Sie ist ein Hund. Hunde verzeihen so gut wie alles.« Abra trat beiseite, als eine sehr nasse Barbie zurückkehrte und den Ball in den Sand fallen ließ.
Eli hob ihn auf und warf ihn erneut.
»Hättest du vergessen, sie zu füttern? Ihr Wassernapf war leer.«
Verdammt. Na gut, im Moment war er nicht ganz bei der Sache.
»Es wird nicht wieder vorkommen. Ich habe mich …«
»… ablenken lassen«, beendete sie seinen Satz. »Und hast dabei ganz vergessen, deinem Hund Wasser zu geben, ihn auszuführen und zu essen. Ich nehme an, du hast auch nicht an deinem Roman weitergeschrieben. Stattdessen hast du kostbare Zeit und Energie an zwei Mordfälle und einen Schatz verschwendet.«
Dafür würde er sich ganz bestimmt nicht entschuldigen.
»Ich brauche Antworten, Abra. Ich dachte, du brauchst das auch.«
»Ja.« Sie versuchte, sich wieder zu beruhigen, als er den Hund mit einem weiteren Ballwurf erfreute. »Aber nicht auf deine Kosten. Nicht, wenn es deine Fortschritte wieder zunichtemacht.«
»Das tut es nicht. Es war nur ein Nachmittag, verdammt noch mal. Einer, an dem sich lauter neue Möglichkeiten aufgetan haben. Fortschritte zu machen ist nämlich nicht alles.«
»Ich weiß. Vielleicht übertreibe ich. Aber das trifft nicht auf die Sache mit dem Hund zu. Dafür gibt es keine Entschuldigung.«
»Hörst du endlich auf, mir ein schlechtes Gewissen zu machen?«
Nachdenklich musterte sie erst ihn und dann Barbie. »Du solltest aber eines haben.«
»Das hast du bereits geschafft.«
Seufzend schlüpfte sie aus ihren Schuhen, krempelte die Hosenbeine hoch und watete in die Brandung.
»Du bist mir wichtig. Äußerst wichtig. Das ist ein Problem für mich, Eli.«
»Wieso?«
»Es wäre deutlich einfacher, wenn ich mich nur um mich kümmern müsste. Das weißt du selbst auch.« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, an dem der Wind zerrte. »Es ist einfacher, sich um sich selbst zu kümmern, als erneut so einen Schritt, so ein Wagnis einzugehen. Es macht Angst, wenn man es nicht schafft, diesen Schritt nicht zu gehen. Ich habe das Gefühl, mich gar nicht mehr bremsen zu können.«
Diese Wendung ihres Gesprächs verblüffte ihn. Auf einmal war ihm ein bisschen mulmig. »Du bedeutest mir mehr, als ich das jemals erwartet, jemals gehofft hätte. Und das macht mir ein wenig Angst.«
»Ich weiß nicht, ob es uns genauso gegangen wäre, wenn wir uns vor ein paar Jahren kennengelernt hätten. Wenn wir gewesen wären, wie wir einmal waren. Du hast dich an den Haaren aus dem Sumpf gezogen, Eli.«
»Ich hatte Hilfe.«
»Ich glaube nicht, dass die Leute Hilfe annehmen, wenn sie nicht selbst so weit sind. Du warst so weit. Es zerrreißt mir fast das Herz, wenn ich daran zurückdenke, wie traurig, erschöpft und abweisend du warst, als du nach Whiskey Beach gekommen bist. So darfst du auf keinen Fall wieder werden.«
»Werde ich nicht.«
»Du sollst deine Antworten bekommen. Auch ich will Antworten. Ich möchte nur nicht, dass sie dich in den Sumpf zurückkatapultieren, dich mir entfremden. Das mag egoistisch von mir sein, aber ich will den Eli, wie er heute ist.«
»Ist ja gut, ist ja gut!«
Er brauchte eine Weile, um seine Gedanken zu ordnen.
»Ich bin so, wie ich bin. Manchmal vergesse ich Dinge, werde aufgehalten und muss mich erst daran gewöhnen, dass mich jemand ermahnt. Ich bin gar nicht so anders als früher. Aber was passiert ist, hat mich geprägt. Ich möchte nicht, dass du meinetwegen Probleme bekommst, aber ich werde dich nicht verlassen. Ich bin da, wo du mich haben willst. In diesem Punkt bin ich mir ganz sicher.«
Sie strich sich erneut das Haar zurück und legte den Kopf schräg. »Sortiere eine Krawatte aus.«
»Wie bitte?«
»Sortiere eine Krawatte aus. Eine. Du hast die Wahl. Und lass mich eine Szene aus deinem Buch lesen. Auch dafür gilt: Du hast die Wahl. Das ist symbolisch gemeint. Du sollst dich von etwas aus deiner Vergangenheit trennen. Und mir etwas aus der Gegenwart schenken.«
»Damit ist dein Problem gelöst?«
Sie machte eine zögernde Geste. »Wir werden sehen. Am besten, ich kümmere mich ums Abendessen und sorge dafür, dass du richtig was zwischen die Kiemen bekommst.« Sie stupste ihn in den Bauch. »Du bist immer noch ein bisschen zu dünn.«
»Na, an dir ist aber
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