Das Geheimnis der Wellen
Lüge.«
»Ja, so etwas bekomme ich normalerweise hin, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Doch ich bin froh, dass ich nicht lügen muss. Du hast mir eine Liebesszene gegeben.«
»Na ja, aus gutem Grund. Davon habe ich noch nicht viele geschrieben. Sie könnte eine Schwachstelle sein.«
»Das ist sie nicht. Sie ist erotisch und romantisch. Außer dem hast du mich auf diese Art wissen lassen, was du empfindest.« Sie legte eine Hand aufs Herz. »Ich weiß, dass dein Held hier verletzt ist.« Sie trommelte mit den Fin gern. »Sie will auf ihn zugehen, wünscht sich so sehr, dass er auf sie zugeht. Ich kenne die Gründe nicht, aber ich weiß, dass dieser Moment für beide wichtig ist. Das ist keine Schwachstelle.«
»Er hat gar nicht mit ihr gerechnet. Ich hätte nie ge dacht, dass er sie findet. Sie verändert vieles, für ihn und die Handlung.«
»Und, verändert er auch etwas bei ihr?«
»Hoffentlich.«
»Er ist nicht du.«
»Das habe ich auch nicht beabsichtigt. In Teilen vielleicht ein bisschen. Und sie ist nicht du, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie eine orangerote Lesebrille tragen wird.«
Sie lachte. »Das ist mein Beitrag zu deinem Werk. Ich kann es kaum erwarten, das Buch zu lesen, Eli. Von der ersten bis zur letzten Seite.«
»Das dürfte eine Weile dauern. Vor drei Monaten hätte ich diese Szene nicht schreiben können. Ich hätte es nicht nachempfinden können.« Er ging auf sie zu. »Du hast weitaus mehr dazu beigetragen als die Lesebrille.«
Sie umarmte ihn, schmiegte die Wange an seine Brust.
Kein Wunder, dachte sie. Nachdem sie den ersten Schritt gemacht hatte, war sie schon verloren gewesen.
Und würde es nicht bereuen.
»Lass uns mit Barbie rausgehen«, sagte sie.
Bei den Worten rausgehen und Barbie sprang der Hund auf und wedelte heftig mit dem Schwanz.
»Dann kann ich dir gleich erzählen, was ich mir für dein neues Arbeitszimmer im dritten Stock ausgedacht habe.«
»Für mein Arbeitszimmer.«
Lächelnd löste sie sich von ihm. »Es sind nur Vorschläge.« Sie griff nach der Leine und einer seiner Jacken, da ihre gerade im Trockner war. »Dazu gehört auch ein wirklich schönes Gemälde aus dem Dorfladen. Eines von Hester natürlich.«
»Haben wir nicht genug Bilder im Haus?«
»Nein, nicht für dein neues Arbeitszimmer.« Abra krem pelte die Ärmel seiner Jacke hoch und zog den Reißverschluss zu. »Die Kunst sollte dich inspirieren, stimulieren und ganz auf dich zugeschnitten sein.«
»Ich weiß genau, was inspirierend, stimulierend und auf mich zugeschnitten wäre.« Er griff zu einer anderen Jacke. »Und zwar ein Bild von dir. Auf dem du nichts weiter trägst als – diese Brille. Sonst nichts.«
»Tatsächlich?«
»In Lebensgröße«, sagte er, während er Barbie anleinte.
»Das dürfte sich machen lassen.«
»Wie bitte?« Er richtete sich rasch auf, aber sie war schon aus der Tür. »Ist das dein Ernst?«
Ihr Lachen schallte herüber, als er ihr mit Barbie nachrannte.
25
Eli tauschte E-Mails mit seiner Detektivin aus, widmete sich eine Stunde am Tag den Recherchen zu Esmeraldas Mitgift und vertiefte sich ansonsten in seinen Roman. Er redete Abra die Idee aus, nach Boston zu fahren, da sein Buch große Fortschritte machte.
Außerdem wollte er sich gründlich vorbereiten. Wenn er Eden Suskind wirklich treffen und versuchen wollte, heikle private Themen anzusprechen, musste er von Anfang an den richtigen Ton treffen.
So wie früher, wenn er bei einem Prozess Zeugenbefragungen vorgenommen hatte.
Darüber hinaus wollte er die neue Video- und Überwachungskamera gern ein, zwei Tage ausprobieren.
Fakt war, dass er keine Lust hatte, Whiskey Beach zu verlassen, auch nicht für einen Tag. In regelmäßigen Abständen ging er auf die Terrasse und schaute durchs Teleskop.
Aus Sherrilyns kurzen täglichen Berichten erfuhr er, dass sich Justin Suskind in Boston befand, seiner Arbeit nachging und in der Nähe seines Büros wohnte. Einmal war er in sein altes Haus zurückgekehrt, aber nur, um seine beiden Kinder für ein gemeinsames Abendessen abzuholen.
Dennoch konnte Suskind jederzeit auftauchen. Und das durfte Eli nicht verpassen.
Er lief mit dem Hund in nördlicher Richtung den Strand entlang und joggte zweimal mit Barbie an Sandcastle vorbei. Dabei konnte er es sich etwas genauer ansehen. Die Fensterläden von Sandcastle waren fest geschlossen.
Als Eli sein Tagessoll erfüllt hatte, erlaubte er sich, an Abra zu denken. Er ging nach unten und ließ Barbie
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