Das Geheimnis Des Amuletts
von Sarah und Evie verschwand. Sie schrien beide vor Schmerz auf, gaben gequälte jammernde Laute von sich, die wie ein Rasiermesser durch meinen Geist schnitten. Dann klatschte die Priesterin wieder in die Hände, und sie sanken zurück in ihren marionettenhaften Zustand. Sie lächelte grausam. »Morgen Nacht, Helen, sonst sind sie für immer mein. Weigere dich, und du verdammst deine Freundinnen und alle unschuldigen Mädchen hier zu einer Existenz als Gebundene Seelen! Weigere dich, und lebe mit dieser Schuld, wenn du das kannst.«
Die Priesterin wandte sich an Dr. Franzen. »Komm, wir werden von meinem Meister gerufen – bis morgen. Und, Helen, ich hoffe, du genießt deinen letzten Tag in Freiheit. Nutze deine Zeit gut!« Sie zog ihre Gewänder enger um sich, und einen Moment später waren beide verschwunden. Rowena Dalrymple und die Schwestern der Dunkelheit riefen den immer noch unter dem Bann stehenden Schülerinnen und Lehrerinnen Befehle zu. Sie alle reagierten sofort und marschierten in geordneten Reihen zurück zur Schule, aber sie sahen nichts, und sie hörten nichts. Die Frauen des Hexenzirkels verhöhnten mich, als sie vorbeizogen, aber sie berührten mich nicht, und zumindest dafür war ich dankbar. Schon bald hatten sie die Schülerinnen in das Schulgebäude geführt. Die Ruine der Kapelle wirkte jetzt noch stiller und verlassener als je zuvor.
Ich sah mich müde um. Am äußeren Rand der Dunkelheit glitten die verhüllten Gestalten der Toten in die Nacht davon. Und mitten in der Ruine lag schmerzlich allein die Leiche von Mr. Brooke, als würde er schlafen. Ich ging langsam zu ihm und sprach ein Gebet, dann zog ich meinen Umhang aus und deckte ihn damit zu.
Erschöpfung wogte über mich hinweg. Ich begriff, dass ich die ganze Zeit meine Hände zu Fäusten geballt hatte, und öffnete sie, versuchte, meinen Körper zu entspannen und meinen Geist zu klären. Etwas fiel ins Gras.
Ich kniete mich hin und hob es auf. Es war ein kleiner goldener Ring, ein vollkommener Kreis. Lynton musste ihn mir in die Hand gedrückt haben, bevor er weggezerrt worden war. Ich schob ihn auf meinen Finger und klammerte mich an die Hoffnung. Jetzt … und jetzt … und jetzt …
Ich wollte glauben, dass ich meine Freunde retten konnte. Weil das Geheimnis der Schlüssel die Liebe war und weil die Liebe das Wunder war, das uns alle retten konnte.
Neunundzwanzig
Aus dem Tagebuch von Helen Black
1. November, 4 Uhr morgens
Allerheiligen
Ich habe jetzt so lange geschrieben, dass mein Handgelenk weh tut, aber ich muss alles berichten, was heute Nacht passiert ist, ich muss versuchen, es zu verstehen und das Entsetzen von mir fernzuhalten. Es ist fast Morgen. Evie schläft auf der anderen Seite des Schlafsaals, aber ihr Geist wird vom Feind kontrolliert. Wird sie jemals wieder richtig wach werden? Sarah befindet sich in dem gleichen dunklen Schlaf. Josh ist verloren, und Cal ist vermutlich immer noch dabei, ihn in den wilden Hügeln zu suchen.
Denk nach, Helen, denk nach!
Dies sind die Möglichkeiten, die ich sehe:
Ich könnte versuchen, die Bande zu zerbrechen, die Sarah und Evie festhalten, so wie wir es bei Laura getan haben. Aber ich habe das Siegel nicht mehr, und ich kann den heiligen Kreis nicht allein herstellen.
Ich könnte auch einen Weg finden, wie ich der Priesterin geben kann, was sie verlangt. Unsere elementaren Kräfte als Gegenleistung für die Sicherheit meiner Freundinnen. Sie bekommt, was sie will, und die Schule ist frei. Aber würde sie wirklich Wort halten und irgendwo anders hingehen, sich von Wyldcliffe fernhalten? Sie hat bisher jedes Versprechen gebrochen, das sie gegeben hat. Abgesehen davon – wäre es nicht genauso schlecht, wenn sie Wyldcliffe verlässt und die Menschen eines anderen Tals, eines anderen Landes oder sogar eines anderen Kontinents versklavt? Mein Kopf sagt ja, dass es tatsächlich genauso schlimm wäre, aber mein Herz sagt nein, weil ihre Opfer nicht meine Freundinnen sein würden, nicht Sarah und Evie, meine Schwestern …
Aber vielleicht kann ich auch einen Weg finden, die Priesterin zu überraschen, sie anzugreifen und zu vernichten? Aber dann komme ich wieder an den Punkt, an dem ich angefangen habe: Ich besitze das Siegel nicht, daher habe ich gar nicht die Macht, so etwas zu tun, und sie weiß das auch. Ich habe gesagt, dass ich mich an die Hoffnung klammere und an den Glauben, aber es ist so schwer …
Ich brauche ein Wunder, Wanderer.
Wenn ich nur die
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