Das Geheimnis Des Amuletts
weder im Leben noch im Tod. Und keine Qual, die du ersinnen kannst, könnte das ändern. Ich glaube an die Liebe. Ich bin nicht allein. Ich glaube.«
Das Gesicht der Priesterin verzerrte sich vor Wut. »Genug! Ich weigere mich, mir deine pathetischen Worte noch länger anzuhören. Ich habe dir die Wahl gelassen, Helen. Du musst deine Entscheidung jetzt treffen – öffne die Schlüssel der Macht für mich, oder verdamme ganz Wyldcliffe zur ewigen Bindung.«
Ich hatte das Gefühl, als würde ich ohnmächtig werden, obwohl mein Körper durch die Beschwörung der Priesterin aufrecht gehalten wurde. Dies war der Augenblick, in dem sich unser aller Schicksale trafen.
Schließlich sprach Helen. In dem großen Raum klang ihre Stimme dünn. »Ich weiß, wie ich die Schlüssel für dich öffnen kann. Ich weiß, wie ich dir die Kräfte geben kann, die du begehrst.«
»Und wirst du es tun?« Die Stimme ihrer Mutter zitterte vor verzweifelter Sehnsucht.
»Die Alternative wäre, meine Freundinnen im Stich zu lassen und zuzusehen, wie sie das werden, was Laura einmal war. Und das werde ich nicht zulassen, niemals. Also gewinnst du. Du bekommst die Kräfte, und dann wirst du weit weggehen, und wir werden wieder unser altes Leben führen können.«
»Einverstanden«, flüsterte die Priesterin.
Oh, Helen! Ich hätte ihr so gern zugerufen: Tu das nicht! Erstarrte Tränen schmerzten hinter meinen Augen, aber ich konnte mich nicht bewegen, konnte nicht sprechen und auch auf keine andere Weise ein Gefühl ausdrücken. Helen war bereit, alles zu riskieren, nur um unser Leben zu retten, aber ich wusste, dass es falsch war. Ich wusste, dass die Priesterin nie ein Versprechen halten würde, das sie gemacht hatte. Sie würde die Kräfte nehmen, die Helen ihr bot, und uns dann trotzdem in Gebundene Seelen verwandeln. Nichts würde sie daran hindern, über Wyldcliffe zu herrschen, nicht nur über die Schule, sondern auch über die Menschen in den Häusern und einsamen Höfen, sogar über die Kinder, die glücklich in der Dorfschule spielten. Ich konnte fast hören, wie ihre tiefe, heisere Stimme in ihrem endgültigen Triumph frohlockte: Jetzt gehört das ganze Tal uns – jeder Mann und jede Frau und jedes Kind. Oh, diese lieben kleinen Kinder aus dem Dorf! Wie unschuldig sie immer gespielt haben! Wie süß und wie frisch! Und wie gut werden ihre Seelen schmecken, wenn wir sie aussaugen! Ihre Kraft und Energie in Kombination mit der der Wyldcliffe-Schülerinnen wird uns gut nähren, und wir werden stärker sein als jemals zuvor, versorgt von unserem Heer an Gebundenen Seelen und Sklaven! Wyldcliffe war verdammt, und ich konnte nicht das Geringste dagegen tun, außer zu hoffen und zu beten und Vertrauen in Helen Black zu haben.
»Fahren wir fort!«, rief die Priesterin mit tönender, eifriger Stimme.
»Meine Schwestern müssen bei mir sein.«
Die Priesterin zögerte, dann nickte sie Dr. Franzen leicht zu, der mich nach vorn winkte. Ich trat automatisch zu Helen, ohne irgendeinen eigenen Willen. Bei Sarah war es das Gleiche. Helen schob ihre Hand in ihre Tasche und zog ein Stück Kreide heraus, mit dem sie einen einfachen Kreis auf dem Boden des Ballsaals zog. »Es gibt viele Kreise und viele Schlüssel und viele Arten von Liebe«, flüsterte sie, während ihre Mutter argwöhnisch zusah. Erneut schob Helen ihre Hand in die Tasche, und diesmal zog sie eine Glasscherbe heraus. Sie schnitt sich eine Strähne ihrer blonden Haare ab und ließ sie im Kreis vor unsere Füße fallen. »Ich gebe alles, was ich habe«, sagte sie schlicht, und es war, als würde die Priesterin zufrieden tief ausatmen. Dann wandte Helen sich an Sarah und schnitt ihr eine Strähne ihrer weichen braunen Locken ab. »Gib alles, meine Schwester«, befahl sie und ließ die Locke auf den Boden fallen. Schließlich kam sie zu mir und tat dasselbe. »Gib alles – biete es an.« Eine Strähne meiner roten Haare lag auf dem Boden neben den anderen, und ein unklarer Gedanke strömte durch meinen Geist: Wir brauchen auch Agnes, wir brauchen unsere vierte Schwester , und dann schien eine Stimme als Antwort zu sagen, Nein, nicht Agnes, Velvet , und eine verworrene Erinnerung an Velvet, die einen Teil ihrer glänzenden schwarzen Haare abschnitt, kam wie ein seltsamer Traum zu mir.
Helen steckte die Glasscherbe und das Kreidestück wieder in ihre Tasche zurück. Sie hob die Arme und sah zu der dunklen, leuchtenden Kugel hoch, die noch immer in der Luft schwebte. In ihrem Innern
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