Das Geheimnis Des Amuletts
schwarzes kurzes Messer zog und wild auf Cal einstieß. Aber Cal duckte sich und zwang ihn zu Boden; dann stieß Dr. Franzen erneut zu, und Cal stürzte … in seinem Gesicht war Blut … dann verlor ich ihn ganz aus den Augen. Ich rutschte von Joshs Pferd. »Geh und hilf Cal!«, sagte ich und lief zu Helen und den Mädchen zurück. Wir hielten uns im Kreis an den Händen, um Agnes um Hilfe anzurufen. Aber wir waren von den heulenden Frauen umkreist, die uns mit ihren feurigen Waffen reizten, und die Priesterin näherte sich uns rasch. Helen wandte sich an Velvet. »Kannst du sie mit deiner Wilden Jagd von uns fernhalten? Ich brauche dich und Cal und Josh hier; ihr müsst sicherstellen, dass den Schülerinnen nichts passiert – nicht einer einzigen. Und Sarah und Evie müssen mit mir kommen.«
»Natürlich«, antwortete Velvet eifrig. Sie hielt eine Fackel in der Hand, die sie einer der Schwestern der Dunkelheit entrissen hatte, und wirkte wie eine Kriegerkönigin, gefährlich, aber stolz und glücklich. »Es ist deine Zeit, Helen. Tu, was immer du tun musst.« Dann lächelte sie. »Ich habe mich richtig entschieden, nicht wahr? Ich habe meine zweite Chance genutzt. Geh jetzt!«
»Danke – danke!«, rief Helen. Velvet sprang aus dem Kreis und schwang die Fackel wie ein flammendes Schwert, während Helen zu singen begann. Es war ein reiner, hoher Ton, der sich über all dem Rauch und dem Lärm und dem Wahnsinn erhob. Das Letzte, was ich sah, bevor die dunkle, chaotische Schlacht vor meinen Augen verschwand, war Dr. Franzen, der auf Velvet zulief und sie an den Haaren packte, während die Priesterin mit verwegener, verzweifelnder Stimme eine schreckliche Beschwörung sang.
Ich aber war an einem kühlen, dämmrigen Ort. Meine Sorge, was unsere Feinde betraf, was Josh und Cal und die Schlacht betraf sowie meine Verblüffung über Velvet – all das verließ mich so plötzlich, als hätte ich einen schweren Mantel ausgezogen und wäre ins Wasser gesprungen. Sarah und Helen und ich hielten uns an den Händen, und Helen sang. Es war so wunderschön, dass ich glaubte, mir würde das Herz zerspringen.
Ihr Gesang war so rein wie das Sternenlicht, so klar wie die Stimme einer Mutter, die ihr Kind ruft, so heilig wie die eines Engels, der die erwachende Welt preist. Helen hielt unsere Hände fest, während sie uns durch die geheimen Pfade der Luft führte, und diesmal gab es keinen vernichtenden Sturm, durch den wir hindurchziehen mussten. Diesmal war alles Friede und Schönheit und Licht. Wir tanzten im Wind, Helen, Sarah und ich, getragen von ihrem Lied und erneuert durch unsere Schwesternschaft. Wir sahen die zitternden Umrisse von vertrauten Orten unterhalb von uns, in weiter Ferne und so, als würden wir durch tiefes Wasser blicken: die Abtei, die Ruine, der Steinring auf dem Ridge, die umgestürzten Reste von Uppercliffe, der Höhleneingang am Weißen Tor. Ich glaubte sogar, einen kurzen Blick auf die alte Kathedrale von Wyldford Cross erhascht zu haben. »Wohin gehen wir?«, fragte ich Helen, auch wenn es mir nicht so vorkam, als hätte ich gesprochen, und es vielmehr so war, als könnte sie meine Gedanken verstehen.
»Wir müssen die Zeit finden«, antwortete sie. »Und das, was hätte sein können.«
Ich verstand nicht ganz, was sie meinte. Aber sie sang bereits wieder, wenn auch jetzt auf eine andere Art und Weise, sanft und langsam, und wir sanken allmählich tiefer. Die Luft bewegte und veränderte sich, schimmerte wie Seide. Wir waren angekommen.
Es war dunkel. Wir befanden uns in einem kalten, feuchten Raum – vielleicht in der Grotte? Oder in irgendeinem Keller unter der Schule … Helen zündete ein Streichholz an und brachte eine Kerze in einem verrosteten Eisenhalter zum Brennen, der an einer Wand aus feuchten grauen Steinen befestigt war. Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, wo wir uns befanden.
Ich war schon einmal hier gewesen. Unten in der Krypta unter der Ruine der Kapelle, wo sich eine Reihe von unterirdischen Tunneln und Kellerräumen befanden. In meinem ersten Term in Wyldcliffe war ich dort festgehalten worden, als Celia Hartle und ihr Hexenzirkel versucht hatten, mir den Talisman zu stehlen und mit seiner Hilfe Sebastian an ihren Willen zu binden. Sarah und Helen hatten mir geholfen, die Schwestern der Dunkelheit zu bekämpfen, während ich Sebastian in meinen Armen gehalten hatte. Und jetzt waren wir wieder hier. Der Kreis schloss sich. Ich wusste jetzt, dass Sebastian mir mein
Weitere Kostenlose Bücher