Das Geheimnis Des Amuletts
dunklen Haare? Ja, vielleicht … ich verlor die Fähigkeit, die anderen Mädchen als Individuen zu sehen. Mehr als irgendwelche Individuen … Wyldcliffe-Mädchen … wie Soldaten … ein Körper, ein Ziel, eine Persönlichkeit … wir alle gehören der Priesterin. Und so standen wir in dem luftigen, ruhigen Saal, der von der Vergangenheit träumte, und warteten.
Und dann war sie da, unsere Oberste Mistress, begleitet von Dr. Franzen und strahlend vor Stolz und Macht. Sie trugen beide lange Gewänder und Kronen, die mit Pentagrammen und Schlangen geschmückt waren. Die Kugel aus dunkler Energie, in der sich der Talisman, die Krone und das Siegel befanden, schwebte über ihren Köpfen. Die Frauen des Hexenzirkels versammelten sich um sie. Sie trugen schwarze Kapuzenumhänge und hielten flammende Fackeln in den Händen, deren schwerer Rauch den Raum mit bittersüßen Dämpfen erfüllte. Neben jedem lebenden Mitglied des Hexenzirkels stand die abscheuliche Gestalt einer Leiche im Leichenhemd: eine tote Schwester der Dunkelheit, die aus dem Grab gerufen worden war, um die Armee des Schreckens und der Verzweiflung, die auf den Befehl der Priesterin hörte, zu verstärken.
Dr. Franzen klopfte mit seinem Stock auf den Boden, und die Vorhänge fielen von den hohen französischen Fenstern. Tanzende Spiegelungen der Fackeln glitzerten auf den Scheiben. Der Master ließ seine Stimme ertönen. »Die Priesterin ist bereit, eure Huldigung zu empfangen! Heute Nacht wird sie ihr großes Werk in Wyldcliffe vollbringen. Ihr habt das große Glück, Zeugen ihres Triumphes zu sein. Bezeugen wir ihren Sieg!«
Die zweiflügelige Tür am Ende des Ballsaals wurde aufgerissen. Zwei Frauen vom Hexenzirkel in karmesinroten Gewändern führten Helen in den Ballsaal. Sie war unsere letzte Hoffnung, und ich versuchte, ihren Namen zu rufen, aber ich konnte meine Lippen nicht bewegen.
Helen wurde nach vorn gezerrt und gezwungen, vor ihrer Mutter niederzuknien. Die Schwestern der Dunkelheit jubelten und pfiffen hämisch. Aber Helen kniete klaglos nieder, wie eine Heilige in der Wildnis, und eine Ecke meines erstarrten Herzens rührte sich vor Mitgefühl.
»So, Helen«, sagte die Priesterin. »Endlich ist der Moment gekommen; dies ist die Nacht unserer Abrechnung. Nichts kann dich jetzt vor der Entscheidung bewahren, die du treffen musst. Die Falle, die ich für dich ersonnen habe, wird alles, was du tust, zu meinem Vorteil wenden.« Sie lachte fröhlich, als würde sie etwas Wunderschönes an ihr Herz drücken. »Deine Freunde sind verschwunden. Es ist niemand mehr hier, um dir zu helfen. Du bist allein.«
Helen murmelte etwas. »Was war das?«, spottete ihre Mutter. »Sprich lauter, Liebes, damit wir alle von deiner Weisheit lernen können.«
»Ich sagte, ich bin nicht allein«, erwiderte Helen.
Die Frauen des Hexenzirkels heulten und lachten und ließen die langen silbernen Messer, die sie bei sich trugen, klirrend gegeneinanderklatschen. Die Priesterin hob die Hand und befahl Ruhe. »Also, wer ist hier, um dir zu helfen?« Sie sah sich in vorgetäuschter Verwunderung um. »Ich sehe meine Gefangenen. Ich sehe meinen treuen Gefährten. Ich sehe meine Schwestern und die Überreste der Dahingeschiedenen. Sie alle sind hier, um mir und meinem Meister, dem Dunklen König, zu dienen. Wer ist hier für dich?«
»Es gibt viele Dinge, die du nicht sehen kannst«, sagte Helen. »Ich dachte einst, dass ich allein auf dieser Welt wäre, aber ich habe mich geirrt. Du bist von deinen Schwestern der Dunkelheit umgeben, von deinem Geliebten, deinen Gefangenen, aber in Wirklichkeit bist du mehr allein als ich.« Sie hob ihr Gesicht zum flackernden Fackellicht und begann zu lächeln. »Es gibt etwas, das ist immer bei mir. Es ist überall. Es ist in der Luft und im Meer und in der Erde. Es ist im Feuer der Sterne.«
»Oh, nicht wieder diese alte Geschichte, nicht wieder deine wimmernde, schwächliche Liebe . Bitte erspare mir das! Das Wort macht mich krank. Abgesehen davon, Helen, wer auf der ganzen Welt hat dich schon jemals geliebt? Weißt du nicht, wie sie dich genannt haben? Die verrückte Helen Black! Sie haben dich ausgelacht!«
»Das ist unwichtig. Ich dachte, ich wollte geliebt werden. Ich habe mich so verzweifelt danach gesehnt. Aber jetzt – hier am Ende von allem, begreife ich, dass es unwichtig ist.« Helen blickte unverwandt in das wütende Gesicht ihrer Mutter. »Ich habe geliebt, und das genügt. Dadurch bin ich nicht allein auf der Welt,
Weitere Kostenlose Bücher