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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Kunststudenten der Universität, sollt die Elite bilden. Ihr seid bereits die Elite. Darum seid ihr hier. Darin liegt der Sinn eures Lebens. Ihr wisst, ohne daß ich es noch einmal betonen müßte, daß neben euch niemand zählt.
    Ihr seid eine Minderheit innerhalb der Universität, eure Zahl ist gering. Die anderen aber, die in riesigen Scharen die übrigen Fakultäten überfluten, sind Barbaren, Goten und Vandalen, die, wie die Händler vor fünfhundert Jahren, nichts von Kunst verstehen, nichts von Schönheit ahnen.
    Wenn sie könnten, würden sie sämtliche Schätze in diesen Räumen zerstören und vielleicht sogar den Palast selber einreißen, um was an seine Stelle zu setzen? Fabriken, Bürohäuser, Banken, Geschäfte. Und das alles nicht etwa, um den Bauern draußen Arbeit zu verschaffen, die heute nicht besser leben als fünf Jahrhunderte zuvor, sondern um sich selbst zu bereichern, um den Lebensstandard zu verbessern, um sich mehr Autos leisten zu können und auf diese Weise noch mehr Unzufriedenheit, noch mehr Armut und Elend heraufzubeschwören.«
    Plötzlich stand er auf, indem er die Hand hob, um den Beifallssturm zu dämpfen, der zum Plafond aufwallte.
    »Soviel für heute Abend«, sagte er. »Denkt daran: Ihr seid die Elite! Ihr werdet gehasst und gefürchtet sein von den Barbaren, deren Welt nicht eure Welt und nicht meine Welt ist. Seid stolz darauf, daß ihr anders seid. Ich werde an eurer Seite sein.«
    Wieder hob er die Hand. Dann stellten zwei von der Leibwache den Stuhl fort, und vier weitere, Fackeln in jeder Hand, bildeten ein Viereck in der Mitte des Raumes, den nur die Flammen erleuchteten.
    »Ihr werdet jetzt eine kurze Darbietung sehen«, sagte Aldo, »die zeigen soll, in welcher Art und Richtung Freiwillige bereits trainiert worden sind. Geht nicht zu nahe an das beleuchtete Viereck heran, damit ihr euch keine Verletzungen zuzieht.«
    Damit trat er zurück und stellte sich neben eine der Fackeln, während zwei Gestalten in das Quadrat sprangen. Sie trugen weiße Hemden mit aufgerollten Ärmeln und schwarze Jeans. Die Gesichter waren verhüllt, aber nicht mit schützenden Visieren, sondern nur mit Masken, um ihre Züge zu verbergen. Beide waren mit blanken Degen bewaffnet, und sie fochten, wie in früheren Zeiten beim Duell gefochten wurde, in vollem Ernst und nicht als Sport oder zum Spaß. Es gab keine Finten bei Stoß und Parade, es war nichts Vorgetäuschtes in der Haltung der Kämpfenden. Die Stahlklingen krachten mit hellem Ton gegeneinander, und als einer der Duellanten dem anderen schließlich die Degenspitze auf die Kehle setzte, ging ein Aufstöhnen durch die kauernden Reihen, während der halbliegende Mann keuchend durch die schmalen Augenschlitze seiner Maske starrte und die scharfe Degenspitze das Blut zum Fließen brachte. Ein Kratzer nur, vielleicht nicht mehr als ein normaler Schnitt mit dem Rasiermesser, aber – der Degen hatte ihn verletzt, die Blutstropfen liefen ihm am Hals hinunter und befleckten das weiße Hemd.
    »Genug«, sagte Aldo, »ihr habt eure Sache gut gemacht. Ich danke euch.«
    Damit warf er sein Taschentuch dem Besiegten hinüber, der aufstand und sich das Blut abtupfte. Dann verschwanden die beiden rasch hinter der Tür, die zum herzoglichen Schlafgemach führte.
    »Ihr habt gesehen, daß wir von fingierten Kämpfen nicht viel halten«, sagte Aldo ruhig, »und nun möchte ich die Damen und alle, die sich nicht freiwillig zu melden wünschen – was niemandem verdacht wird – bitten, den Raum zu verlassen.« Ein Mädchen wollte protestieren, aber er schüttelte den Kopf.
    »Tut mir leid«, sagte er, »keine Damen. Nicht hierbei. Gehen Sie nach Hause und lernen Sie verbinden. Das Kämpfen ist unsere Sache.«
    Die Tür des Thronsaals wurde aufgestoßen. Langsam und widerwillig gingen die Mädchen hinaus, gefolgt von etwa einem Dutzend Männern, nicht mehr. Ich war unter ihnen. Der Aufpasser scheuchte uns weiter. Schweigend begaben wir uns auf die Galerie, alles in allem nach meiner Schätzung achtzehn bis zwanzig, die Mädchen und die Männer, die sich selbst ausgeschlossen hatten.
    Die Mädchen wollten sich voller Verachtung nicht einmal heimbegleiten lassen. Soweit sie befreundet waren, hakten sie sich unter, klapperten treppabwärts. Die Männer boten sich, beschämt und in die Defensive gedrängt, gegenseitig Zigaretten an.
    »Ich kann diesen ganzen Kram nicht vertragen«, sagte einer, »worauf er hinaus will, ist doch der pure Faschismus.«
    »Sie

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