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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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eingestuft hätten, »aber der Direktor hat das letzte Wort. Wer seinen Ansprüchen nicht genügt, hat keine Chance.«
    »Was für Ansprüche?« fragte ich.
    Der Student mit dem Zottelhaar sah seine Gefährten an. Alle lächelten.
    »Zäh muß man sein«, sagte der Student, »der Sache physisch gewachsen, und man muß fechten können. Warum? Fragen Sie mich nicht! Das ist eben die neue Parole.«
    Carla Raspa schaltete sich ein. »Das letzte Festival, das der Präsident organisiert und geleitet hat, war wirklich wunderschön. Dargestellt wurde der Besuch, den Papst Clemens Ruffano abgestattet hat, und der Präsident selber spielte den Papst. Das Haupttor zum Innenhof war aufgemacht worden, und die Studenten, als Schweizergarde kostümiert, mußten den Papst hereintragen. Er wurde vom Herzog und von der Herzogin empfangen. Signora Butali war die Herzogin, und Signor Rizzio, der Direktor der philosophischen Fakultät, stellte den Herzog dar. Anschließend zogen sie durch alle Gemächer des Palazzo. Die Kostüme waren phantastisch.«
    »Sehr würdig, sehr schön und eindrucksvoll«, murmelte der Student mit den Strubbelhaaren, »aber rein körperliche Leistungsfähigkeit war für die Sache natürlich nicht erforderlich. In diesem Jahr hat der Direktor uns in Aussicht gestellt, daß der Spaß handfester ausfallen wird.«
    Als wir hörten, daß sich der Schlüssel im Schloß drehte, bewegten wir uns auf den Eingang zum Thronsaal zu. Die Doppeltüren flogen weit auf. Ein Student – ich vermutete, daß es ein Student war – stand bereit, um uns in Augenschein zu nehmen und unsere Karten einzusammeln. Er mußte die Prüfung in körperlicher Leistungsfähigkeit offenbar schon bestanden haben. Er war mager, schaute aus harten Augen und erinnerte mich an einen unserer Fußball-Profis in Turin. Vielleicht würde ihn der Direktor des Kunstrats als Rausschmeißer einsetzen, falls wir aus der Rolle fielen.
    Durch den Thronsaal gingen wir weiter zum Zimmer der Cherubim, aus dem uns leises Stimmengewirr entgegenklang. Es waren also vor uns schon andere gekommen. Ein Paß, der eine noch größere Ehre bedeutete als die uns gewährte Einlaßkarte, mußte unseren Vorgängern ausgehändigt worden sein. Die Atmosphäre in diesem Haus glich mehr denn je der einer päpstlichen Audienz.
    Am Eingang des Zimmers der Cherubim stand ein zweiter Kontrolleur, und diesmal wurden uns die Ausweise abgenommen. Ich fühlte mich beraubt. Die Karten glichen Abzeichen, die einem eine Art Rang verliehen.
    Im nächsten Augenblick stellte ich mit leichter Bestürzung fest, daß die elektrische Beleuchtung im Raum der Cherubim ausgeschaltet worden war. Fackeln erhellten das Gemach und warfen gespenstische Schatten an die kannelierte Decke und auf die safranfarbenen Wände. Sie gaben der Szenerie einen unheimlichen, düsteren Reiz, völlig mittelalterlich, fremdartig und aufregend. Ein riesiges Holzfeuer brannte auf dem Rost unter dem herzoglichen Kamin, der von unschätzbarem Wert und, zur Zeit meines Vaters, ein Heiligtum war. Die hüpfenden Flammen bannten magnetisch alle Blicke. Kein Mensch beachtete die Wandbehänge, die die Geladenen doch zweifellos bewundern sollten.
    Das Licht, das von den Fackeln und dem Feuer im Kamin gespendet wurde und an der Decke spielte, ließ unsere Nachbarn ziemlich im Dunkeln. Unmöglich zu unterscheiden, wer zum engeren Kreis gehörte und wer nur als Gast zugelassen war. Die Anwesenden schienen durchweg jung und männlichen Geschlechts zu sein. Carla Raspa und einige wenige andere Mädchen waren offenbar nur geduldet.
    Langsam füllte sich das geräumige Gemach, ohne daß es überfüllt gewirkt hätte. Als meine Augen sich ein wenig an den Fackelschein gewöhnt hatten, sah ich, daß wir und ein paar andere, die wohl auch zum ersten Mal hier waren, ein wenig unsicher in Grüppchen herumstanden, während wieder andere sehr viel ungezwungener, mit selbstbewusstem Gebaren hin und her gingen, indem sie gelegentlich die Passanten dieses Abends mit dem gelassenen und etwas verächtlichen Interesse des Stammgastes musterten.
    Plötzlich schloß der Kontrolleur die Tür und lehnte sich mit gekreuzten Armen und ausdruckslosem Gesicht dagegen. Einen Augenblick herrschte Schweigen. Eins der Mädchen brach, am Rande ihrer Nerven, in ein leises Lachen aus, wurde aber von ihrem Begleiter sofort zum Schweigen gebracht. Ich sah zu Carla Raspa hin. Sie griff nach meiner Hand und hielt sie fest. Die gedämpfte Stimmung sprang von einem auf

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