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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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beginnen, den ich nicht verstand. Zum Glück kannte er meine Schwächen und übersetzte unaufgefordert: »Sie ist die Erste, die sich bewegt.«
    Ich begriff, was er meinte. »Sie steht am weitesten vorn - sie gibt den Weg an.«
    »Was zu meiner Hypothese passt, dass Lorenzo di Pierfrancesco aus Floras Stadt Florenz der Kopf dieser Verschwörung ist - die Wurzel von allem«, erläuterte Bruder Nikodemus. »Außerdem blickt sie den Betrachter direkt an.«
    »Ihr Kleid flattert wie Engelsflügel.« Dieser fromme Vergleich stammte natürlich von Bruder Guido.
    »Sie hat fischige Ärmel.« Das kam von mir.
    Beide Mönche warfen mir einen tadelnden Blick zu.
    »Ich meine ja nur... der untere Teil ihrer Ärmel ist mit Fischschuppen bedeckt.«
    Das konnten die beiden nicht leugnen, so unsinnig es auch klang. Die Fischschuppen waren deutlich zu erkennen.
    »Hmm. Vielleicht deutet das auf eine maritime Verbindung hin, vielleicht zu den drei Grazien«, grübelte Bruder Guido laut.
    »Sie trägt auch deren Farben«, stellte Bruder Nikodemus fest. »Oder vielmehr keine Farben. Der Grundton ihres Gewandes ist weiß.«
    »Aber ich bin nicht tot!«, entfuhr es mir, da mir unser
Gespräch an Bord des Flaggschiffes der Muda wieder einflel, in dessen Verlauf wir zu dem Schluss gekommen waren, dass die Grazien bereits verstorbene Frauen verkörperten: Simonetta Cattaneo und Maria d’Aquino, »la Fiammetta«.
    »Ich denke, diese vor Lebenskraft geradezu strotzenden Blumen heben Euch von diesen drei Figuren ab; sie unterstreichen, dass es sich bei Euch um eine lebende, atmende... Person handelt.«
    Ich war mir sicher, dass der alte Mann ursprünglich Dame hatte sagen wollen, dieses Wort aber in Verbindung mit mir nicht über die Lippen brachte.
    »Dann wollen wir damit beginnen, die Blumen zu klassifizieren, die Flora schmücken«, fuhr er hastig fort, »und sehen, was wir herausfinden.«
    Er griff nach einem interessanten Gerät, zwei runden Zwillingsglasscheiben, die in Bleiringe gefasst waren, und klemmte es sich auf die Nase. Als er sich wieder zu Bruder Guido umdrehte, wirkten seine Augen hinter dem Glas riesig. Fast hätte ich laut aufgelacht, aber meine Belustigung erstarb, als ich merkte, dass er mit diesem Hilfsmittel besser sehen konnte als Bruder Guido und ich, obwohl wir viel jünger waren als er.
    »Wollen wir mit dem Kopfputz beginnen? In der Mitte, auf der Stirn, sehen wir...« Er spähte angestrengt durch seine Augengläser. »Richtig, das bescheidene Veilchen; viola odorata.« Er stieg auf einen Stuhl, weil er sonst nicht an das Blumenfeld über unseren Köpfen herangekommen wäre, und pflückte eine violette Blüte ab. »Ein Veilchen«, wiederholte er, dann wandte er sich zu uns und sagte nur ein einziges Wort: »Weiter.«
    Und so arbeiteten wir, bis draußen die Dämmerung hereinbrach; wir untersuchten jede einzelne Blume in Floras Kopf putz, dann die in der Girlande um ihren Hals. Die Namen strömten über Bruder Nikodemus’ Lippen wie die Blüten aus Chloris’ Mund und hallten wie eine heidnische Litanei von den Wänden des Herbariums wider: Kornblume, Gänseblümchen,
Nieswurz, Maiglöckchen, Vergissmeinnicht, Myrte, Immergrün, Granatapfel und wieder ein Veilchen.
    Ich sah zu und half, die Blumen zu pflücken, wenn der alte Mönch sie nicht erreichen konnte. Die bunten Farben und der süße Duft versetzten mich in Botticellis Atelier zurück; ich erinnerte mich an den Kranz, der meine Stirn hatte jucken lassen, und an die kratzende Girlande um meinen Hals. Die Glocke der von Mördern erbauten Pazzi-Kapelle, die Stimme des Gedenkens an sie, läutete zweimal, ehe wir alle Blüten auf Floras Kopf und an ihrem Hals identifiziert hatten. Dennoch gönnten wir uns keine Pause.
    »Jetzt das Kleid«, befahl Bruder Guido.
    »Das ist nicht weiter schwierig«, erwiderte der alte Mönch, dabei zupfte er zwei Blumen aus dem Deckengeflecht. »Es ist mit Kornblumen und Nelken bedeckt. Und um die Taille trägt sie einen Gürtel aus Rosen.« Er zog einen biegsamen Zweig mit schwarzen Dornen und einem Dutzend rosafarbener Blüten über schimmernden grünen Blättern zu sich herunter. Die Dornen genau dieser Blume hatten sich durch den Stoff meines Kleides gebohrt und meine Haut aufgekratzt, fiel mir jetzt wieder ein.
    »Und was hält sie in den Händen?«
    »Das kann ich Euch sagen«, mischte ich mich ein. Wieder sah ich die duftenden Blumenköpfe vor mir, mit denen mein Rock gefüllt worden war, damit ich danach greifen und sie

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