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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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hatte. Ich glaubte nämlich, dass meine Mutter Sigismund brauchte und zugleich fürchtete. Und der Erzherzog benötigte aus irgendeinem Grund Venedigs Hilfe, wollte der Stadt aber keinen Schaden zufügen, sondern wünschte, dass die Verbindung Früchte trug. Meine Mutter war Chloris, das wussten wir aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit mir und ihres eigenen Eingeständnisses. Also handelte es sich bei Erzherzog Sigismund wohl um den Schauspieler, der in unserem Stück Zephyr verkörperte. Wenn ich nur wüsste, worum es bei ihrem gemeinschaftlichen Unternehmen ging! Aber meine Mutter hatte ihre Worte so sorgsam gewählt und ihre Bedeutung geschickt verschleiert... Es war so, wie ich es mir gedacht hatte: Seit meinem Fluchtversuch traute sie mir nicht mehr. Beinahe hätte ich vor Frust den cartone zerknüllt. Nicht zum ersten Mal verwünschte ich meinen Impuls, aus Venedig zu fliehen - ich hatte dadurch nicht nur mir einen Haufen Schwierigkeiten eingehandelt. Ich hätte darauf vertrauen sollen, dass Bruder Guido zu mir kommen würde. Und jetzt saß ich hier gefangen, bekam von der Unterredung unten in der Halle nichts mit und hatte keine Ahnung, was Bozen und Venedig, zwei Mitglieder der Sieben, verband.
    Es war eine glückliche Fügung, dass ich den cartone fast in der Faust zerknüllt hatte, denn der Schlüssel wurde im Schloss gedreht, und ich musste das Bild hastig in meinen Ausschnitt schieben. Eine dralle, rosige Frau in einem grauen Hauskleid
und einem leinenen Schleier betrat den Raum. Sie verschwand fast hinter einer Masse weißen Fells - hatte sie einen Bären mitgebracht, der die Zelle mit mir teilen sollte? Mit einem Lächeln, das ein lückenhaftes Gebiss entblößte, reichte sie mir das Bündel, unter dessen Gewicht ich fast zu schwanken begann.
    »Für Euch. Der Erzherzog - er will...«, sie verschluckte die letzten Worte, verneigte sich und ging.
    Ich betrachtete das, was ich da auf den Armen hielt. War es eine Decke, die mich nachts warm halten sollte? Nein, es hatte Ärmel und eine Kapuze - es war ein Mantel aus weißem Pelz von einer Art, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Dankbar kuschelte ich mich hinein und spürte den Unterschied sofort. Stumm segnete ich die unbekannte Kreatur, die für mich ihre Haut gelassen hatte.
    Ich wirbelte durch die Kammer, sodass der Pelz um meine Beine schwang und die Bilder der treulosen Maid und ihrer beiden Liebhaber um mich herumtanzten. Dann blieb ich plötzlich wie angewurzelt stehen.
    Ich hatte nicht gehört, dass sich der Schlüssel wieder gedreht hatte .
    Mit klopfendem Herzen packte ich den eisernen Ring am Türknauf. Er bewegte sich geräuschlos, der Riegel hob sich. Ich hätte die Frau küssen können, die mir den Mantel gebracht hatte. Ich war frei.
    Ich schlug die Kapuze meines Geschenks hoch. Niemand hatte mich darin gesehen, vielleicht verlieh es mir ein wenig Anonymität, obwohl die weiße Farbe nicht dazu beitragen würde, mich vor den Blicken anderer zu verbergen. Ich stieg Treppen hinunter, an die ich mich erinnerte, bis ich anhand der Bilder an den Wänden, die ich mir eingeprägt hatte, den Weg zu der Halle der Riesen fand. Doch leider wurde die Tür von zwei grimmig dreinblickenden Soldaten bewacht.
    Verdammt .
    Ich machte auf dem Absatz kehrt, stieg die Treppe wieder
hinauf, bog um ein paar Ecken, um die Kammer zu finden, die über der großen Halle liegen musste, und hier war mir das Glück hold. Ich stieß auf einen leeren Raum, in dem einige Kerzen brannten. Die Wände waren wie die aller Räume in der Burg bunt bemalt, aber diesmal mit religiösen Motiven. Ich war in eine Kapelle geraten.
    Ich schloss die Eichenholztüren und sah mich um. Wieder kam mir das Alter des Gemäuers zu Hilfe. Zwischen den Bodendielen wehte Luft hindurch und brachte Gesprächsfetzen mit sich. Ich kniete nieder, als wollte ich beten, und presste das Ohr gegen einen langen Ritz. Die Stimmen meiner Mutter und des Erzherzogs waren deutlich zu vernehmen.
    Zuerst die meiner Mutter. »Und doch verschifft Ihr Eure Waren durch Venedig nach Alexandria, Tunis, Indien...«
    Dann der Erzherzog. »Ganz recht, Dogaressa. Durch Venedig. Unser Vertrag sieht vor, dass wir Euren Hafen benutzen, und nur Euren... und Eure Schiffe. Ich sehe keinen Grund, warum das... nun, danach aufhören sollte. Und dann habt Ihr ja noch den von meinem Vetter Habsburg ratifizierten Vertrag mit dem Siegel des Kaisers, der Euch ungehinderte Durchreise durch diese Berge zusichert. Von Habsburg-Land aus

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