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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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so verräuchert, dass man kaum noch die Hand vor Augen erkennen konnte. Hunde kauerten unter den Tischen und lauerten auf ein paar für sie abfallende Fleischbrocken. Halb rechnete ich damit, dass jeden Moment ein Hofnarr auftauchen würde, was auch prompt geschah - ein in bunte Lumpen gekleideter Bursche, der mit jaulender Stimme lokale Volksweisen so misstönend zum Besten gab, dass die Hunde mit einfielen. Als ein anderer Mann in ein langes Horn zu blasen begann, fing unser Unterhalter an, wie ein Irrsinniger in der Halle herumzuhüpfen, zu tanzen und sich in bizarren Verrenkungen auf seine kurze Lederhose und andere Körperteile zu schlagen. Ich fragte mich, ob er wohl betrunken war, und das brachte mich auf eine Idee.
    Wie üblich aßen Marta und ich für den Fall, dass jemand versuchen sollte, die Tochter des Dogen zu vergiften, von einer Platte. Es war in der Tat ein seltsames Fest - die rückständige Natur dieses Ortes spiegelte sich in den aufgetischten Speisen wider. Es gab Bauernkost in Form von Speck genanntem
geräucherten Schinken, übel riechendem Käse und merkwürdigen kleinen Klößen, die Knödel hießen. Ich sehnte mich nach der Tafel meines Vaters und dem köstlichen Fisch und der Pasta, die dort aufgetragen wurde, aber das Essen war mir heute weniger wichtig als sonst, mir kam es vor allem darauf an, dass Marta und ich auch aus demselben Weinkrug tranken. Und Wein gab es reichlich - er war gelb wie Pisse und wurde in in Eis von den Bergen gepackten irdenen Krügen serviert. Nach einem Schluck fror ich innerlich noch mehr als äußerlich. Gut. Dass ich den Wein nicht mochte, würde mir helfen, einen klaren Kopf zu behalten. Ich schob den Krug zur Seite, füllte Martas Becher, sah zu, wie sie trank und schenkte ihr dann nach. Das gierige kleine Biest leerte den Becher erneut mit einem Zug.
    Normalerweise halte ich bei Tisch mit meiner Dienerin mit. Aber der Weißwein schmeckte mir nicht, außerdem sah mein Plan vor, Marta den Löwenanteil zu überlassen. Sowie der Krug leer war, rief ich nach einem zweiten, und danach hatte die sauertöpflsche Hexe ein hochrotes Gesicht, plapperte ohne Unterlass und vertraute mir kichernd an, dass ein Küchenbursche meines Vaters es einmal in der calle mit ihr getrieben hatte. Fast tat es mir leid, dass sie durch meine Schuld am nächsten Morgen wahrscheinlich eine gehörige Tracht Prügel beziehen würde.
    Mein Plan ging fast zu gut auf. Marta geriet in einen solchen Zustand, dass wir die Tafel fast früher verlassen mussten, als es die Höflichkeit erlaubte. Meine Mutter maß mich mit einem scharfen Blick, aber da sie Marta an meiner Seite sah, schien für sie alles in Ordnung zu sein, denn sie wandte sich wieder dem Erzherzog zu.
    Draußen war dann nichts mehr in Ordnung. Sobald uns die frische Luft entgegenschlug, übergab sich Marta heftig in den Hof. Ich musste sie förmlich in meine Kammer zurückschleifen, da sie keinen Fuß mehr vor den anderen setzen konnte. So war es ein Kinderspiel, ihr den Schlüssel unauffällig abzunehmen.
In der Kammer fiel sie sofort auf ihr Rollbett am Fuß von meinem und begann zu schnarchen, noch bevor ihr Kopf das Kissen berührte. Ich schlüpfte aus dem Raum und schloss die Tür hinter mir ab. Jetzt war meine Gefängniswärterin meine Gefangene geworden.
    Ich schlich wieder in den Hof hinunter und verbarg mich bis zum Ende des Festes im Schatten, wobei ich meinem Schöpfer für den neuen Mantel dankte und zugleich seine Farbe verwünschte. Zur Hölle mit dem ursus maritimus, wo immer er auch leben mochte! Es würde schwierig werden, meiner Mutter in diesem Aufzug zu folgen, denn ich glich einer wandelnden Schneewehe.
    Endlich verließ meine Mutter in Jagdkleidung mit dem Erzherzog und ihrem halben Dutzend venezianischer Fremder im Schlepptau die Burg. Ich lungerte am Torhaus herum, schloss mich der Gruppe an, als die Wächter sie passieren ließen, und versteckte mich dann mit klopfendem Herzen im Unterholz. Jetzt war der ursus maritimus wieder mein Freund, denn in seinem weißen Pelz war ich in der verschneiten Landschaft nahezu unsichtbar. Ich ließ die Gruppe vorausgehen. Verlieren konnte ich sie nicht, denn alle trugen brennende Fackeln, deren Licht ich folgte wie dem Stern von Bethlehem.
    Der bernsteinfarbene Komet führte mich ein Stück bergabwärts, dann blieb die Gruppe stehen, der Komet verschwand und wurde zu einem Flammenkreis, und dann erlosch das Licht ganz.
    Mit hämmerndem Puls rannte ich zu der Stelle, wo es

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