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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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meiner Mutter direkt ins Gesicht. »Vermutlich war es eine Ratte.« Da war er wieder, der halb höhnische, halb scherzende Tonfall in seiner Stimme, und ich konnte immer noch nicht sagen, ob er sie liebte oder hasste. Sie verkörperten Zephyr und Chloris wirklich perfekt. »Habt Ihr Angst vor Ratten, Dogaressa?«
    »Nicht vor denen aus dem Tierreich«, erwiderte sie, klang aber jetzt, als sei sie auf der Hut. »Ich schlage vor, wir kehren zur Burg zurück - es gibt da noch etwas, worum ich mich kümmern muss.«
    Mit einem Erschauern, das mit der nächtlichen Kälte nichts zu tun hatte, begriff ich, dass sie von mir sprach. Ich folgte der kleinen Gruppe noch vorsichtiger als zuvor zum Schloss zurück. Sie setzten ihr Gespräch während des Weges fort, aber ich konnte nichts mehr verstehen, weil das Blut so stark in meinen Ohren rauschte. Immerzu musste ich daran denken, dass ich in meinem Bett liegen musste, ehe meine Mutter mein Verschwinden bemerkte. Jetzt vermochte ich selbst kaum zu glauben, dass ich mich auf ein solches Wagnis eingelassen hatte, statt ruhig in meiner Kammer zu schlafen, bis uns die Kutsche am nächsten Morgen nach Mailand und zu Bruder Guido brachte. Ich konnte nur hoffen, dass die Münze, die mir in die Hände gefallen war, dieses Risiko wert war. Eigentlich glaubte ich nicht, dass es mir gelingen würde, unbemerkt in die Burg zurückzugelangen. Verlassen konnte man sie leicht - wieder
hineinzukommen war eine andere Sache. Aber die schläfrigen Wächter zählten nur die Anzahl der Personen, und da sich daran nichts geändert hatte, schenkten sie mir keine Beachtung. Zum Glück musste meine Mutter dem Erzherzog noch eine gute Nacht wünschen, was mir die Gelegenheit gab, vor ihnen die Torhausstufen hinaufzuhuschen. Ich floh zu meiner Kammer und tastete nach dem Schlüssel, den ich Marta gestohlen hatte. Er rasselte im Schloss, weil meine Hand so zitterte. Würde ich Marta wecken? Die Tür schwang auf, und ich sah meine betrunkene Schlampe von Zofe noch genau so auf dem Bett liegen, wie ich sie zurückgelassen hatte. Ich drehte den Schlüssel hinter mir wieder um, schleuderte meine Schuhe von mir und schlüpfte aus meinem Kleid, dann sprang ich auf mein Bett und zog den weißen Bärenpelz über meinen nackten Körper. Jetzt fror ich nicht mehr, sondern glühte innerlich vor Hitze. Ich wusste, dass meine Wangen brannten und mein Haar von der Nachtluft feucht war, also kehrte ich der Tür den Rücken zu und versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen, denn ich wusste, dass sie kommen würde.
    Was sie auch tat. Kurz darauf hämmerte jemand wütend gegen die Tür. »Marta! Marta!«
    Ein gequältes Stöhnen ertönte.
    »Marta!« Das Hämmern wurde lauter. Endlich gelangte meine Zofe schwankend auf die Füße, stolperte zur Tür und nestelte an dem Schlüssel herum. Die Tür flog auf, und meine Mutter stürmte in den Raum. Sie musste mich sofort gesehen haben, denn sie dämpfte ihre Stimme zu einem Flüstern - weswegen ihr Ton in den Ohren der verängstigten Marta mit Sicherheit nicht weniger bedrohlich klang.
    »Du dummes Ding, hast du mich nicht rufen hören?«
    Marta nuschelte irgendetwas, dann hörte ich es zweimal klatschen, als meine Mutter ihr heftig ins Gesicht schlug. »Bist du jetzt wieder wach? Hat Signorina Luciana heute Abend diesen Raum verlassen? Hat sie sich davongeschlichen?«
    »Nein, Dogaressa«, protestierte meine unselige Zofe. »Wir
haben uns nach dem Fest gleich in diese Kammer zurückgezogen, und seitdem schlafen wir.«
    Ich hörte meine Mutter erleichtert aufatmen, dann versuchte sie sich für ihr überfallartiges Eindringen zu rechtfertigen. »Jetzt hör mir gut zu, du dummes, betrunkenes Stück! Du hast die ganze Zeit auf meine Tochter Acht zu geben, hast du mich verstanden? Ich habe dir nicht erlaubt zu schlafen. Das kannst du morgen in der Kutsche tun, wenn sich la Signorina in meiner Obhut befindet. Ist das klar?«
    »Ja, Dogaressa.«
    Ich gab noch immer vor, tief und fest zu schlafen, ließ mir aber, wie ihr euch denken könnt, kein einziges Wort entgehen. Wieder einmal überkam mich das verwirrende Gefühl, dass meine Mutter mich aufrichtig liebte, sich einerseits zwar Sorgen machte, ich könnte ihr hinterherspioniert, andererseits aber auch Angst hatte, ich könnte mich in Gefahr gebracht haben, falls ich meine Kammer verlassen hatte. Man wurde wirklich nicht schlau aus ihr. Aber was ich im Moment am meisten fürchtete, war, dass sie zu mir herüberkommen und sich an

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