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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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ich.
    »Genau das ist die Absicht.«
    »Wohin führt dieser Gang? Zu einer anderen Kirche?«
    »Nein. Er endet auf dem Jagdgelände hinter der Burg.«
    »Außerhalb der Stadttore?«
    »Außerhalb der Stadttore«, bestätigte er.
    Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ich ein lautes Stampfen und gutturale Grunzlaute hörte. Meine Zuversicht schwand schlagartig. Natürlich wurde der Tunnel bewacht, damit hätten wir rechnen müssen. Ich blieb wie erstarrt stehen. Mir war klar, dass wir gleich entdeckt werden würden, und konnte nur hoffen, dass Bruder Guido eine glaubhafte Ausrede einfiel. Meine Mutter hatte heute Abend deutlich durchblicken lassen, dass noch nicht einmal sie mich mehr schützen konnte, wenn ich erneut gegen die von ihr und ihren Verbündeten aufgestellten Regeln verstieß.
    »Keine Angst«, beruhigte Bruder Guido mich. »Das ist nur unser Transportmittel.«
    Wir bogen um eine Ecke, und da stand, im Fackelschein schwarz schimmernd, das riesige Schlachtross, auf dem Il Moro gestern gesessen hatte.
    »O nein!«
    »O doch.«
    »Aber das ist...«
    »Ich weiß.«
    »Und ich soll...«
    »Ja. Ich steige zuerst auf. Du setzt dich hinter mich. Die Templer sind Jahrhunderte lang zu zweit auf einem Pferd geritten. Es geht, du wirst sehen.«

    Die Templer, wer immer sie auch gewesen sein mochten, interessierten mich herzlich wenig, ich wusste nur, dass ich noch nie auf einem richtigen Pferd gesessen hatte - der Ponyritt von Fiesole nach Pisa ließ sich damit nicht vergleichen. Trotz meiner jüngst erfolgten Erziehung zur Edelfrau hatte Reitunterricht nicht zu meinem Programm gehört. Venezianer haben mit Pferden nicht viel zu schaffen, die einzigen Vertreter dieser Tiergattung, die es in der ganzen Stadt gibt, sind die vier Bronzefiguren auf der Basilika.
    Madonna.
    Bruder Guido schwang sich geschickt auf den schwarzen Hengst und zog mich hinter sich auf dessen Rücken. Das Pferd blieb zu meiner Überraschung stocksteif stehen. Ich war sicher gewesen, dass es sich aufbäumen oder zu tänzeln beginnen würde.
    »Keine Sorge.« Bruder Guido spürte meine Furcht. »Er ist kampferprobt und beständig wie ein Fels. Halt dich gut fest.«
    Mir blieb kaum Zeit, die Arme um seine Taille zu schlingen, da stieß er dem Tier auch schon die Fersen in die Flanken. Ich wurde wie ein Sack Polenta durchgeschüttelt, bis es mir gelang, mich seinem Rhythmus anzupassen, ahnte aber, dass mein Hinterteil wieder eine Woche lang schmerzen würde. Bruder Guido war im Rahmen seiner Ausbildung ganz offensichtlich im Reiten unterwiesen worden, denn er lenkte das mächtige Tier ruhig und sicher, seine Hände ruhten locker auf den Zügeln, und er verlagerte sein Gewicht geschickt im Sattel. Wir donnerten den von Fackeln erleuchteten Gang entlang, bis ich das letzte Hindernis zwischen uns und der Freiheit erblickte. Zwei Wachposten versperrten uns mit gekreuzten Spießen den Weg hinaus in die Nacht. Ohne den Hengst zu zügeln, zückte Bruder Guido einmal mehr das Schlangensiegel.
    »Im Namen Il Moros! Gebt den Weg frei. Ich muss die Dogaressa in Sicherheit bringen!«
    Die Wächter zögerten, dann ließen sie ihre Spieße sinken.
Eine andere Wahl blieb ihnen auch kaum, denn das nachtschwarze Schlachtross wäre sonst über sie hinweggefegt und hätte sie mitgeschleift, da Bruder Guido keine Anstalten machte, ihm Einhalt zu gebieten.
    Wir jagten in die sternenerleuchtete Nacht hinaus und über das Jagdgelände hinweg, als wäre eine Hundemeute hinter uns her.
    Wir ritten vielleicht eine Stunde lang, ohne uns ein einziges Mal umzudrehen. Hinter uns läuteten die Glocken in der Ferne, und der Boden begann anzusteigen. Das kampfgestählte, kräftige Tier verlangsamte sein Tempo erst, als wir einen bewaldeten Hügel mit einem silbrigen Bach erreichten. Bruder Guido zügelte den Hengst, sprang aus dem Sattel, half mir hinunter und führte das Tier zum Bach, um es trinken zu lassen. Ich blickte mich zu der Stadt um, die wir hinter uns gelassen hatten - für meinen Geschmack allerdings immer noch nicht weit genug.
    »Wohin reiten wir eigentlich?«
    »Im Moment?«
    »Nein, ich meinte...«
    »Ich weiß, was du gemeint hast. Nach Genua, der letzten Stadt unseres Bildes.«
    »Sollten wir uns dann nicht Richtung Westen halten?«
    Er drehte sich zu mir um und sah mich an.
    »Weil... dort ist der Polarstern«, stammelte ich. »Laut der Kompassrose sollten wir in nordwestlicher Richtung reiten.«
    Er war sichtlich überrascht, lächelte aber. »Du hast

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