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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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erklären würde.

    Jede der mächtigen Konstruktionen verfügte sozusagen über eine eigene Dienerschar; Baumeister hämmerten und sägten daran herum, führten Vermessungen durch, schlugen dort einen Bolzen und hier einen Nagel ein oder hobelten Holz und Metall. Im Mittelpunkt von allem schien ein kleiner, hässlicher Mann zu stehen, dessen Züge von einem Kinnund Schnurrbart verdeckt wurden. Er verneigte sich tief vor dem Herzog und begann dann, ohne Pause auf ihn einzureden. Sein Latein war schneller und flüssiger als das seines Herrn. Er glich einem menschlichen Feuerwerkskörper, der vor Ideen und Leidenschaft für seine Arbeit förmlich sprühte. Seinem Akzent entnahm ich, dass er aus der Toskana stammte. Das musste der Ingenieur aus Vinci sein, den Bruder Guido am Abend zuvor erwähnt hatte. Im nächsten Moment war ich klüger, denn er wurde meiner Mutter als Leonardo di ser Piero aus Vinci vorgestellt. Während die beiden Männer ihr Gespräch fortsetzten und meine Mutter zuhörte, fragte ich mich flüchtig, warum die misstrauische Dogaressa, die mich bislang von all diesen Dingen ferngehalten hatte, plötzlich zuließ, dass ich an einer solchen Besichtigung teilnahm. Sie spielte schon die ganze Zeit lang Karten mit mir, aber jetzt zeigte sie mir ihr Blatt - sie gab so gut wie zu, dass ein Krieg vorbereitet wurde, sie ein Teil dieser Vorbereitungen war und dass dieser neue Krieg mit einer neuen Armee und neuen Mitteln geführt werden würde; mit Geräten, die der fiebrigen Erfindungsgabe dieses kleinen Toskaners entsprungen und dazu bestimmt waren, das Blut unschuldiger Soldaten zu vergießen. Meine Mutter drehte sich zu mir um und sprach meine Gedanken laut aus.
    »Was du hier siehst, sind Todesbringer. Wer auch immer diese Geräte besitzt, kann einen Krieg gar nicht verlieren. Verstehst du mich? Er kann nicht verlieren!«
    Jetzt kannte ich den Grund für all diese Enthüllungen. Noch mehr Drohungen.
    Ich sah ihr in die Augen. »Ich verstehe sehr gut. Was willst
du mir damit sagen?« Mir entging nicht, dass der Herzog und sein Konstrukteur ihr Gespräch unterbrochen hatten, um zu lauschen.
    »Dass es sinnlos ist, sich dem Kommenden entgegenzustellen. Genauso gut könntest du versuchen, den Wechsel der Jahreszeiten aufzuhalten.«
    Der kleine Toskaner fügte ein lateinisches Sprichwort hinzu (den dritten lateinischen Brocken, den ich behalten habe): »Post vernus, eius primavera. «
    Woraufhin alle zu lachen begannen. Ich hasste sie alle miteinander, diese Verbreiter von Schrecken und Entsetzen, diese Händler des Todes.
    »Und jetzt wollen wir das Reich des Krieges verlassen und stattdessen das der Liebe betreten.« Meine Mutter legte mir einen Arm um die Schulter.
    »Mars grüßt Hymenäus, eh?«, bellte Ludovico. »Ihr habt recht. Und Ihr, Signorina, könnt Euch freuen.« Er strahlte mich an, als wäre er mein Lieblingsonkel und nicht mein Gefängniswärter. »Morgen empfangen wir hier bei Hof Euren Verlobten, Signore Niccolo della Torre von Pisa.«
    Ich wäre fast zu Boden gesunken. »Signore Niccolo? Hier? Morgen?«, krächzte ich so laut, dass Bruder Guido es hören musste.
    »Ja.« Meine Mutter lächelte nachsichtig auf mich herab. »Ist das nicht schön? Er kommt, um sich unserer Reisegruppe anzuschließen und seine Bekanntschaft mit dir, der Königin seines Herzens, zu erneuern.«
    Übelkeit stieg in mir auf. Ich konnte nur hoffen, dass Bruder Guido am Ende der Reihen diese Neuigkeit mitbekommen hatte. Wir rüsteten uns alle zum Aufbruch. Ich ließ mich ein Stück zurückfallen und nestelte an meinem Schuh herum, bis mein Freund mich eingeholt hatte, dann gab ich am Fuß der Treppe vor, zu stolpern und streckte einen Arm nach Bruder Guido aus, um mich abzustützen. Es funktionierte.
    »Du da - hilf la Signorina die Treppe hoch. Bei der Nachricht,
dass ihr Liebster kommt, ist ihr schwindlig geworden.« Sein dröhnendes Lachen hallte von den Wänden wider.
    Bruder Guido und mir blieben sechs Biegungen der Treppe, um zu besprechen, was besprochen werden musste. So lange brauchten wir nicht.
    »Ich komme wie geplant heute Abend zu dir«, murmelte er so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. »Zwischen Vesper und Komplet.«
    »Aber hast du denn nicht gehört? Niccolo wird morgen erwartet! Er wird dich sofort erkennen.«
    Bruder Guido wirkte verwirrt, fasste sich aber schnell. »Das glaube ich nicht. Unter all den Fußsoldaten falle ich überhaupt nicht auf, und auf die achtet er mit Sicherheit

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