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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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gekommen, und während der letzten Monate habe ich fast ständig in Gefahr geschwebt. Ich kann euch helfen! War ich denn bislang keine Unterstützung?«, flehte ich, drehte Bruder Guido an den Schultern zu mir herum und zwang ihn, mir in die Augen zu sehen.
    Was er auch tat. »Du hast uns mehr als geholfen«, gab er widerstrebend zu. »Ohne dich wären wir nicht hier.«
    Signore Cristoforo zuckte die Achseln. »Dann kommt, aber haltet Euch im Hintergrund.« Er wandte sich wieder an seinen Bruder.
    »Sag der Stadtmiliz, sie soll zum Faro kommen, wir müssen bei la lanterna einen Wachposten aufstellen.«
    In meinem Kopf flammte ein Blitz auf. »Was habt Ihr gerade gesagt?« Irgendetwas in meiner Stimme machte die Männer stutzig.
    Signore Cristoforo drehte sich langsam zu mir um. »Was... la lanterna?«

    »Nein, davor.«
    »Stadtmiliz? Faro?«
    »Faro.«
    »Das bedeutet Leuchtturm.«
    »Was ist ein Leuchtturm?«
    »Ich wäre ein schlechter Lehrer, wenn ich Euch das nicht erklärt hätte«, gab er giftig zurück. »Auf der obersten Ebene des großen Steinturms dort hinten steht eine große Laterne. Sie leitet nachts und bei Nebel die Schiffe sicher in den Hafen.« Er deutete auf den hohen steinernen Finger, der von fast jeder Ecke Genuas aus deutlich zu sehen war.
    »Und diesen Leuchtturm nennt man Faro?« Meine Stimme zitterte leicht.
    »Ja«, entgegnete er ungeduldig. Alle drei Männer starrten mich jetzt an, als wäre ich eine Irrsinnige, die sie mit ihrem hirnlosen Geschwätz von ihren Aufgaben abhielt.
    »Wie buchstabiert man das?«, fragte ich grimmig.
    Signore Cristoforo musterte mich, als hätte er ein schwachsinniges Kind vor sich. »F-A-R-O.«
    »Faro!«, krähte ich triumphierend, dabei riss ich Signore Cristoforo das Bild aus der Hand. »Wir waren doch übereingekommen, dass manche Städte Hinweise auf andere geben, nicht wahr?«, wandte ich mich an Bruder Guido. »Florenz zum Beispiel verweist mit den zweiunddreißig Rosen auf die Kompassrose von Venedig.«
    Die beiden Brüder wirkten verwirrt, aber Bruder Guido nickte.
    »Ja, ich weiß.«
    »Und erinnerst du dich daran, dass wir aus Chloris’ Blumen nie schlau gworden sind?«
    Jetzt konnte sogar er mir nicht mehr folgen. »Wovon redest du eigentlich?«
    »Chloris«, beharrte ich. »Hast du vergessen, was Bruder Nikodemus gesagt hat? Blumen entströmen ihrem Mund wie Wahrheiten . Und er hatte recht. Es sind Wahrheiten. Vier
botanische Arten quellen aus ihrem Mund. Weißt du noch? Fiordaliso, Anemone, Rose und Occhiocento.«
    »Das sind die gängigen mundartlichen Namen, nicht die lateinischen Bezeichnungen, aber ja, es stimmt.«
    Ich winkte ab. »Vergiss es. Denk an die Anfangsbuchstaben.«
    »F-A-R-O«, formte er mit den Lippen. Seine Augen wurden groß. »Der Leuchtturm. Dort werden sie landen.«
    Signore Cristoforo mochte die Erklärungen nicht verstanden haben, aber er erfasste die Bedeutung sofort. »Bartolomeo«, sagte er, ohne den Blick von mir abzuwenden. »Wenn du zum Leuchtturm gehst, bewaffne dich vorher. Und rate der Stadtmiliz das Gleiche.«
    Signore Bartolomeo nickte knapp und war verschwunden. Wir anderen folgten ihm. Draußen im Hafenviertel setzte bereits Zwielicht ein. Bruder Guido legte wortlos eine Hand auf das Zaumzeug von Il Moros Pferd und beruhigte es, während Signore Cristoforo die Zügel löste. Plötzlich war alles allzu wirklich - jetzt setzten wir nicht alles daran, ein paar namenlose französische Familien vor irgendeinem unbekannten Kreuzzug zu bewahren, sondern lebende, atmende Genueser, die nur noch ein Sonnenuntergang von dem Feuer und dem Schwert trennte. Meine Röcke streiften ein genuesisches Mädchen, das für eine kleine Münze auf unser Pferd aufgepasst hatte. Ich entschuldigte mich abwesend. Sie blickte auf und lächelte mich an. Die ersterbende Sonne fing sich in Augen, die so grün waren wie meine. Sie war bildhübsch. Ich erwiderte das Lächeln, als Signore Cristoforo mich in den Sattel hob. Ich schlang die Arme um seine Taille, während Bruder Guido hinter uns aufstieg.
    »Beeilt euch«, drängte ich.

3
    Signore Cristoforo brachte uns rasch und sicher zu dem großen bunten Palazzo Ducale, der Residenz des Dogen von Genua. Als wir uns dem Torhaus näherten, zogen sich die Tochter der Mocenigos und der Sohn der della Torres zusammen mit ihrem Pferd in den Schatten zurück. Ich streichelte die samtige Nase des Hengstes und betete stumm, er möge sich ruhig verhalten, während der niedrig geborene Sohn Genuas

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