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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Wettkampfgetümmel zu stürzen. Seine Größe und Kraft ließen den Rammbock leicht wie einen Holzscheit erscheinen. Ich sah zu, wie er einen Angriff gegen die Elstermannschaft führte, und zwar mit solcher Wucht, dass drei Gegner zugleich den Halt verloren, nach hinten geschleudert, von den Frauen in der Menge aufgefangen und von einem Apotheker verarztet wurden. Unter dem Schutz dieses Kolosses fühlte ich mich vor jedem Mörder sicher, den uns die Stadt Florenz hinterhergeschickt haben mochte.
    Gegen Ende des Wettkampfes zog ich mich in die goldene Kutsche zurück, um mich an dem Wein und den Delikatessen zu laben, die die Diener durch das Fenster hereinreichten. Dann döste ich ein, schreckte aber hoch, als Bruder Guido und Signore Silvio wieder einstiegen. Ihre strahlenden Gesichter verrieten mir, dass die Hähne den Sieg davongetragen hatten. Ich beeilte mich, sie mit Glückwünschen zu überschütten und beteiligte mich halbherzig an ihren sachkundigen Analysen der einzelnen Durchgänge. Als sie einen Moment mit ihrer Selbstbeweihräucherung innehielten, fragte ich: »Erwarten uns heute noch andere Vergnügungen?«
    Signore Silvio lächelte. »Das Beste kommt noch - das Festmahl. Heute feiern wir nämlich das Fest unseres Stadtpatrons.
« Endlich redete er vernünftig. Mein Magen begann vor Vorfreude zu knurren.
    »Das ist der heilige Ranieri«, warf Bruder Guido ein. »Er war ein bedeutender Mann und großer Musiker, der aber all seine Reichtümer fortgab, um als einfacher Eremit im Dienste Gottes zu leben.« Wieder leuchteten seine Augen auf, aber nicht vor Triumph, sondern vor Bewunderung, und ich begriff, dass Pisas Schutzheiliger nicht unbeträchtlich zu der Entscheidung des jungen Edelmanns beigetragen hatte, auf sein Erbe zu verzichten und in ein Kloster einzutreten. Aber für liturgische Fragen war jetzt keine Zeit, ich wollte mehr über das Fest hören.
    »In meinem Palazzo«, Signore Silvio schwenkte eine Hand über das Ufer hinweg, wo die vom Kerzenschein erleuchteten Fenster der großen Häuser wie Diamanten glitzerten, »werden wir ein Fest feiern, wie Ihr es noch nie erlebt habt. Meinen Gästen werden die köstlichsten Speisen vorgesetzt, und als Freundin meines lieben Neffen, Signorina, werdet Ihr mein Ehrengast sein.«
    Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als die Kutsche vor einem schönen, quadratisch angelegten Palast direkt am Fluss anhielt. Wieder half mir Signore Silvio eigenhändig aus dem Fahrzeug. Ich stieg die Stufen hinunter und lächelte glücklich, als ich mich aufrichtete. »Was für ein herrlicher Tag«, schnurrte ich ihm ins Gesicht.
    Der Padrone wirkte erfreut. »Demnach gefällt Euch Pisa?«
    Ich hatte fast zwei Flaschen Chianti getrunken und außer ein paar salzigen Sardellen und einigen Aprikosen nichts gegessen, daher gefiel mir im Moment alles. »O ja.« Ich bemühte mich, mit meiner schweren Zunge so deutlich wie möglich zu sprechen. »Es ist eine sehr schöne Stadt.«
    Er hob mein Kinn fast liebevoll an und fixierte mich mit Bruder Guidos Augen. »Jetzt ist sie noch schöner, Signorina. Sehr viel schöner.« Sein Umhang raschelte, als er sich umdrehte und die von Kerzen erleuchteten Stufen emporstieg.
»Kommt. Gehen wir hinein. Lasst uns in San Ranieris Namen feiern und sehen, was uns die Nacht bringt.« Er bot mir seinen Arm und verschlang meine Kurven mit heißen Blicken. Bruder Guidos Gesicht hingegen war zornrot angelaufen, als er uns in den Palast folgte. Ein verstohlenes Lächeln umspielte meine Lippen. Das versprach in der Tat eine interessante Nacht zu werden.

3
    »Was in Gottes Namen glaubt Ihr, was Ihr da tut?«
    Wir befanden uns in einer prunkvollen Schlafkammer, die zweifellos einer Dame gehörte. Die kleinen Glasfenster boten einen herrlichen Blick auf den Arno. In der Mitte des Raumes stand ein mächtiges Himmelbett mit einer rotgoldenen Seidendecke, ein Gobelin, der den Garten Eden zeigte, nahm eine ganze Wand ein. Ich hätte nicht glücklicher sein können. In den Schoß des Luxus zurückgekehrt, wo ich hingehörte, kümmerten mich die Primavera und ihre dummen kleinen Geheimnisse nicht mehr. Was bedeuteten sie mir, der Principessa von Pisa? Ich hatte meinen ganz persönlichen Garten Eden gefunden, aber leider gab es in meinem Paradies auch eine Schlange, und zwar in Gestalt von Bruder Guido, der mir eine so erzürnte Strafpredigt hielt, als hätte ich gerade in den Apfel gebissen und den ersten Sündenfall begangen.
    Nach all dem, was ich ihm angetan

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