Das Geheimnis Des Frühlings
schlechtem Geld gutes hinterherzuwerfen, und du weißt, wie ich das hasse.«
Es war die Stimme des Kapitäns - eines Mannes, der einst gebildet, vielleicht sogar von hoher Geburt gewesen war. Jetzt klang sie, als sei seine Kehle mit Seetang und Flusskrebsen verstopft.
»Sieht sowieso so aus, als hätten wir sie erledigt.« Eine jüngere, raue, ungebildete Stimme - und nicht die des Ersten Offiziers, der mich niedergeschlagen hatte.
»Unsinn. Berello hat Übung - wenn er jemanden umbringen will, dann bringt er ihn auch um. Er hat den Schlag gut dosiert.«
»Was machen wir denn nun mit ihnen?«
»Sie hierbehalten. Wenn der Bursche wirklich ein Edelmann ist, schaffen wir ihn zu Don Ferrante, vielleicht ist er ein gutes Lösegeld wert. Und die Kleine ist so hübsch, dass wir sie für ein nettes Sümmchen auf dem Markt verkaufen können.«
»Sie kann uns die Reise versüßen. Hab seit Famagusta kein Frauenzimmer mehr im Bett gehabt. Und bei der dreckigen kleinen Türkin hab ich mir auch noch Läuse geholt.«
Ich wartete mit angehaltenem Atem auf die Antwort des Kapitäns. Nun bin ich wahrlich nicht prüde und habe nichts gegen ein bisschen Spaß, aber eine Horde hässlicher, läuseverseuchter Seemänner zu bedienen, noch dazu ohne Bezahlung, entspricht nicht unbedingt meiner Vorstellung von einer vergnüglichen Zeit.
»Kommt nicht in Frage. Wenn sie noch Jungfrau ist, bringt sie uns mehr ein. Vielleicht behält Don Ferrante sie für sich selbst, aber bestimmt nicht, wenn sie von Kerlen wie euch durchgevögelt worden ist. Also behalte deinen Schwanz gefälligst in der Hose, sonst schneide ich ihn dir ab und verfüttere ihn an die Haie. Das kannst du auch den anderen ausrichten.«
Der jüngere Mann klang plötzlich unterwürfig. »Aye, aye. Geben wir ihnen etwas zu essen?«
»Warum nicht? Wir wollen ja nicht, dass die Kleine verhungert. Sorg dafür, dass ihre Titten schön saftig bleiben. Und wenn der Kerl wirklich ein einflussreicher Mann ist - wie hieß er doch gleich? Della Torre oder so, nicht wahr? Dann sähe es gar nicht gut aus, wenn er stirbt, bevor wir...«
Hier verklangen die Schritte, und wir blieben erleichtert, aber auch frustriert zurück. Wir warteten, bis wieder Stille herrschte, und begannen dann miteinander zu flüstern. Bruder Guidos Atem strich warm über mein Ohr.
»Wenigstens wissen wir jetzt, dass wir etwas zu essen bekommen und nicht in unmittelbarer Gefahr schweben.«
»Ich frage mich, wo sie uns hinbringen«, flüsterte ich zurück. »Ein Jammer, dass wir das nicht mehr gehört haben. Wenn es nicht eine der Städte von dem Bild ist, haben wir ein Problem.«
»Es muss eine davon sein.« Bruder Guido sprach mit absoluter Überzeugung. »Die Flotte, mein Onkel - da gibt es eine Verbindung. Irgendetwas ist ins Rollen gebracht worden, und was auch immer es ist, es reißt mich mit. Ich versichere Euch
bei Maria und allen Heiligen, dass unser Ziel entweder Neapel oder Genua heißt, und sobald die Sonne scheint, weiß ich es genau.«
Ich war beeindruckt, aber zu müde, um zu fragen, wie er anhand der Sonne unsere Richtung bestimmen konnte. Jeder weiß, dass die Sonne ein großer Feuerball ist, der um die Erde kreist. Sie steht nie still, wie also kann man sich an ihr orientieren? Zunächst begannen wir in der Hoffnung, unsere Häscher würden uns etwas zu essen bringen, wenn sie hörten, dass wir wach waren, im Laderaum auf und ab zu gehen. Aber nach stundenlangem Abschreiten unseres nach Pech stinkenden Gefängnisses begann graues Tageslicht durch das Eisengitter über uns zu sickern. Jetzt konnten wir unsere Zelle auch sehen. Sie maß ungefähr zehn Fuß im Quadrat, und das Gitter lag so hoch über uns, dass wir ohne ein Seil oder eine Leiter nicht entkommen konnten. Sie wussten, dass wir hier unten so sicher saßen wie Hummer in einem Topf. Wir setzten uns wieder, betrachteten das Loch, in das man uns gesteckt hatte, erwogen unsere Möglichkeiten und kamen zu dem Schluss, dass wir keine hatten. Wir waren den Halunken über uns auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Aufgrund unseres ungewissen Schicksals wagten wir es nicht, Pläne zu schmieden, und verbrachten den Vormittag mit oberflächlicher Unterhaltung. Endlich verflelen wir in verdrossenes Schweigen, und genau in diesem Moment wurden wir mit einem neuen Phänomen konfrontiert - goldenes Sonnenlicht flutete plötzlich durch die Gitterfalltür, und ein ebenso goldenes Lichtquadrat begann an der hölzernen Wand des Laderaums
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