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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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bekamen, war schwerlich dazu angetan, mein gieriges Organ zu befriedigen - eine unsichtbare Hand warf ein paar Schiffszwiebacke und Wasser in einem Ziegenhautschlauch, das mehr nach Ziege als nach Wasser schmeckte, zu uns herunter. Doch sogar diese karge Mahlzeit belebte uns, und wir zogen uns in eine helle Ecke des Laderaums zurück, um uns mit dem Bild zu befassen, das unsere Abenteuer zum Glück unbeschadet überstanden hatte.
    »Gut«, begann Bruder Guido. »Betrachten wir die drei Grazien als Einheit, da sie so eng miteinander verbunden sind, und dann müssen wir so viel wie möglich über die herausfinden, die wir als Neapel identifizieren.« Er sah mich an. »Am besten beginnen wir mit Euren Beobachtungen, Signorina. Diese Methode hat sich letztes Mal als äußerst wirksam erwiesen.«
    Mir entging nicht, dass er wieder die förmliche Anrede
benutzte. Offenbar entschlüpfte ihm mein Vorname nur, wenn er nicht auf der Hut war. Ich seufzte. »Na schön«, sagte ich. »Aber versucht, nicht gleich wieder so verdammt überheblich zu werden, wenn ich eine Figur mit einem Baumkobold vergleiche.«
    Trotz meines Fluchens unterdrückte er ein Lächeln. »Einverstanden.«
    »Ich nehme an, Ihr wollt zuerst die Meinung eines Laien hören, ehe Ihr mit Eurem akademischen Scheiß daherkommt.«
    Jetzt lächelte er definitiv. »Wie Ihr wollt.«
    Ich betrachtete die drei anmutigen Mädchen mit den ineinander verschlungenen Händen genauer. »Nun«, begann ich, »ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass wir uns an Bord eines Schiffes befinden oder weil wir bereits wissen, dass sie Seehandelsstaaten verkörpern, aber ihre Kleider wirken irgendwie... wasserähnlich. Ihr wisst schon, ziemlich durchsichtig, fließend, schimmernd.«
    »Transparent.«
    Ich warf ihm einen Blick zu. »Der Ärmel der rechten Grazie wird vom Wind zurückgeweht... Es sieht aus wie eine Art Engelsflügel.« Ich schielte zu dem Mönch hinüber, weil ich fürchtete, er könne mich für diesen Vergleich ebenso tadeln wie für den mit dem Baumkobold.
    Er kniff zweifelnd die Augen zusammen. »Stiiimmt.« Er zog das Wort in die Länge wie einen Strang heißen Glases.
    »Und ihr Haar sieht auch aus wie vom Seewind zerzaust.«
    »Gut. Was noch?«
    »Sie tanzen, wie wir bereits festgestellt haben. Aber sie treten aufeinander zu, statt sich voneinander zu lösen. Sie belasten den vorgestreckten Fuß, ungefähr so.«
    Ich stand auf, um es ihm vorzuführen, und wusste, dass ich in dem sonnigen Laderaum ein schönes Bild bot. Der Effekt wurde durch ein plötzliches Schlingern des Schiffes verdorben, das mich stolpern und auf dem Allerwertesten landen ließ. Höflich, wie er war, stand Bruder Guido sofort auf, um mir aufzuhelfen,
aber ich hatte meinen Platz schon wieder eingenommen und überspielte meine Scham, indem ich weitersprach. »Ich denke, das könnte bedeuten, dass sie eine feste Gruppe bilden.«
    »Ein Bündnis! Ein maritimes Bündnis!« Er schrie die Worte förmlich heraus. »Sie halten einander an den Händen und sind völlig ineinander versunken. Nein, eine nicht.«
    »Welche?« P«
    »Pisa. Die anderen Grazien blicken einander an, aber sie sieht auf Botticelli in seinem ockerfarbenen Umhang.«
    »Und« - das fiel mir zum ersten Mal auf - »sie lässt ihr Gewand von der Schulter gleiten. Ein alter Trick.«
    »Um sein Interesse zu wecken?«
    »Wenn sie ihn verführen will, dann ja.«
    »Aber schaut«, Bruder Guido überging meine Bemerkung, »seine Schulter ist auch entblößt, weil er seinen Umhang nach der klassischen Mode um sich geschlungen hat. Wenn er Merkur verkörpert, könnte es dann sein, dass sie ihn nachahmt, um ihre Verbindung zu unterstreichen?«
    »Oder vielleicht soll der Umstand, dass sie den Maler anstarrt, nur verdeutlichen, dass sie der Ausgangspunkt des Rätsels ist.«
    Bruder Guido rieb sich den Hinterkopf, wo ihn der Schlag des Kapitäns getroffen hatte. »Lassen wir das erst einmal beiseite. Wir greifen vor, denn ich denke, dass Botticelli - Merkur - die letzte Figur in diesem Spiel ist.«
    »Warum?«, fragte ich herausfordernd.
    »Wir haben ja schon in Fiesole festgestellt, dass er seinen Caduceus, seinen Wolkenstab, im Uhrzeigersinn nach rechts bewegt. Und die Landschaftsausschnitte gehen von kaltem Blau links zum goldenen Gelb rechts bei Flora über.«
    »Hmm«, machte ich zweifelnd. »Außerdem wollte ich noch sagen, dass sie alle Perlen tragen, die Früchte des Meeres«, schloss ich triumphierend, dabei spürte ich meine eigene

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