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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Schiffsbauer blickten zu uns hoch. Ein halbes Dutzend Männer rannte bereits auf die Treppe zu.
    »Der Fluss!«, raunte Bruder Guido mir zu, nahm meine Hand und machte Anstalten, mit mir in die dunkle Tiefe zu springen.
    Ich riss ihm den Arm fast aus dem Gelenk. »Seid Ihr verrückt? Das ist viel zu hoch!«, zischte ich, denn wir befanden uns gut vierzig Fuß über dem tintenschwarzen Wasser. »Mir nach!« Mit einem gewaltigen Satz sprang ich in Richtung des Flusses, landete im Ausguck des Schiffes neben dem Turm und hielt Bruder Guido eine Hand hin. »Springt.«

    Er sprang, verhedderte sich jedoch in seiner Kutte und bekam nur den Rand der Ausguckplattform zu packen. Ich ergriff seine Hände. »Nicht in Panik geraten!« Angsterfüllte Augen starrten mich an. »Keine Sorge, ich halte Euch.« Meine Schultern knirschten förmlich unter seinem Gewicht. »Tastet nach der Takelage unter Euren Füßen«, stieß ich hervor. Seine Sandalen schabten über die frisch geteerten Seile und fanden Halt. Ich ließ ihn los und kletterte flink wie ein Affe an ihm vorbei die Takelage hinunter. Wenn wir das Ufer erreichen können, ehe sie uns einholen... Wenn wir nur das Ufer erreichen, ehe sie uns einholen... Ich sprang auf das Deck, hörte aber im selben Moment schon Schritte auf den Planken. »Wir sitzen in der Falle«, gab ich dem mir folgenden Bruder mit lautlosen Lippenbewegungen zu verstehen. »In den Laderaum, schnell!« Ich blickte mich um und entdeckte den Eingang sofort (falls ihr euch fragt, woher ich so viel über Schiffe weiß - ich erkläre es später, jetzt ist keine Zeit dafür). Ich hob das Gitter hinter dem Hauptsegel an und ließ mich in den Laderaum fallen. Bruder Guido folgte mir, landete aber leider mit solcher Wucht auf mir, dass er mich beinahe zerquetscht hätte. Wir rollten uns hinter einen Stapel Säcke, blieben dort still liegen und atmeten so flach wie möglich. Über uns konnten wir Schritte spüren, sahen, wie sich die Planken unter dem Gewicht unserer Verfolger bogen, und hörten aufgeregtes Stimmengewirr. Fackelschein flutete durch das Gitter, als einer der Männer den Laderaum von oben absuchte. Wenn sie herunterkamen, würden sie uns entdecken, aber nach einem flüchtigen Blick ins Dunkel entfernten sich die Schritte wieder. Die Männer nahmen sich vermutlich das nächste Schiff vor.
    Nach einer Weile machte Bruder Guido Anstalten, sich auf zurichten, doch ich hielt ihn zurück - wir mussten warten, bis die Luft wirklich rein war. Ich beschloss, bis tausend zu zählen, kam aber nur bis dreihundert, dann spürte ich, wie das Schiff leise zu erzittern begann und in meinem Magen ein leises
Kribbeln einsetzte. »Wir legen ab!« Bruder Guido sprang auf. »Schnell!«
    Wir krochen an Deck, doch als wir die Seitenreling des Schiffes erreichten, lag zwischen uns und dem Ufer schon ein breiter Wasserstreifen - zu breit, um darüber hinwegspringen zu können. Wir drehten uns langsam um, wohl wissend, welcher Anblick uns erwartete. Und richtig, wir waren von einem Halbkreis von Fackeln umringt, von denen jede die hässliche Fratze des Seemanns beleuchtete, der sie in der Hand hielt. Alle waren sonnenverbrannt, mit Narben übersät und runzlig wie die Walnüsse. Einige hatten kaum noch einen Zahn im Mund, aber alle wirkten kräftig und muskulös. Und sie musterten uns nicht gerade freundlich. Scheiße.
    Das größte und hässlichste Exemplar der Horde kam auf uns zu; eindeutig der Kapitän. Er leuchtete Bruder Guido mit der Fackel ins Gesicht, während sein Erster Offizier mir denselben Dienst erwies - nur dass er dabei lüstern grinste und meine Brüste knetete. Ich spuckte ihm ins Gesicht, und der Kapitän gab ihm eine Sekunde später eine schallende Ohrfeige. Der Offizier drehte sich um, spuckte einen Zahn aus, zuckte die Achseln und hielt die Fackel wieder in die Höhe. Er schien seinem Kapitän nichts nachzutragen. Madonna. Das war vielleicht eine Bande von Raubeinen!
    Bruder Guido, dem sich angesichts der mir zugefügten Beleidigung die Nackenhaare sträubten, beschloss, zum Angriff überzugehen. »Ich bin der Neffe von Signore Silvio della Torre«, verkündete er in einem Ton, als stünde er dem Papst persönlich gegenüber.
    Der Kapitän zeigte sich wenig beeindruckt. »Na und?«
    »Und ich verlange, dass Ihr uns in Frieden gehen lasst.«
    Der Kapitän saugte an einem hohlen Zahn und rieb seinen trockenen Bart, bis die darin nistenden Läuse herausflitzten. Die winzigen Tierchen waren im Fackelschein

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