Das Geheimnis des Goldmachers
fuhr.
»Willst du dich also der
Verantwortung entziehen, Nikolaus von Cölln, König der Blender und Scharlatane!
Doch so leicht will ich es dir
nicht machen!«,
schrie Hendrik dem kopfüber in die
Fluten gesprungenen Nikolaus zu, entledigte sich rasch der Schuhe, schlüpfte
aus seinem Wams und sprang ohne Zögern hinterher.
Immer weiter zog und zerrte der
liebe Eckhardt an mir, und obwohl von zarter, schwächlicher Statur, war er mir
doch an Kraft deutlich überlegen, denn er maß einen guten Kopf mehr als ich,
zumindest damals, als ich erst zwölf Jahre alt war.
So ließen wir den Strand bald
hinter uns und ich musste mich schon mächtig strecken, um weit in der Ferne
Hendrik ausmachen zu können, wie er mit dem wild zappelnden Nikolaus an Land
zurückkehrte. Kurz darauf entschwanden die beiden endgültig meinem Blickfeld in
einem Pulk erregter Gemüter.
Seinerzeit hätte ich keinen
Pfifferling mehr für das Leben von Nikolaus gegeben, umso erstaunter war ich,
als mir einige Jahre später in Gefangenschaft zu Ohren kam, dass er mit einigen
Getreuen doch noch Heiliges Land betreten habe. In Akkon soll es gewesen sein,
wenn ich mich recht entsinne.
Wisst Ihr Genaueres darüber,
Bruder Albert?«
»Nun, um Nikolaus’ weiteren
Werdegang ranken sich vielerlei Legenden. Einige meinen, der wütende Mob habe
bereits in Genua seinem Leben ein grausames Ende bereitet. Andere wiederum
behaupten, er sei mit einer stark dezimierten Anhängerschar weiter durch die
Lombardei bis nach Pisa gezogen, dort wäre er dann mit seinen Getreuesten an
Bord von zwei Seglern gegangen und habe in der Tat im frühen Herbst des Jahres
1212 Heiliges Land bei Akkon betreten. Dort angekommen jedoch, so heißt es
weiter, habe ein Heer des Sultans al-Adil den Neuankömmlingen sogleich den
Garaus gemacht. Allerdings hört man auch, Nikolaus habe 1219 beim Kreuzzug des
Staufers Friedrich des Zweiten Seite an Seite mit Johann von Brienne tapfer bei
der Eroberung der Hafenstadt Damiette mitgekämpft. Mit allen Ehren sei er dann,
rechtzeitig vor dem Desaster 1221, aus dem Heiligen Land nach Cölln
zurückgekehrt. Du siehst also, lieber Robert, Legenden verzweigen sich auf
vielfältigste Weise, und ich vermag dir beim besten Willen nicht zu sagen, wo
genau die Wahrheit steckt.«
»Sei’s drum, habt dennoch Dank für
Eure Ausführungen. Ein Grund jedenfalls mehr, nach Cölln zu reisen und der
Sache mit Nikolaus’ Heimkehr auf den Grund zu gehen. Genug jetzt aber der
Mutmaßungen, lasst mich fortfahren mit meinem Bericht.
Kaum dass wir den Strand verlassen
hatten, stand mir zuerst einmal eine faustdicke Überraschung bevor. Eckhardt,
mein lieb gewonnener Freund und Lebensretter, war nicht der, für den ich ihn
gehalten hatte. Auf meine verzweifelte Frage, wie es denn nun weitergehen
solle, zog er ein prall gefülltes Säckchen unter seiner Kutte hervor. Ich
staunte nicht schlecht, als er Schillinge und sogar einige Goldmünzen daraus
hervorholte. Flüsternd und sorgsam darauf bedacht, dass niemand zuhörte, meinte
er, uns mit dem Geld eine Schiffspassage zurück in einen Heimathafen zahlen zu
können.
»Aber lieber Herr Mönch, wie kommt
es denn, dass Ihr als Mann Eures Standes so viel Penunzen mit Euch führt?«
Ich muss ihn seinerzeit schon
recht ratlos angeschaut haben, denn er konnte sich ein Grinsen nicht
verkneifen, als er flüsternd erwiderte:
»Ich bin kein Mönch – und die
Kutte hab ich mir nur … geliehen, von einem Benediktiner!«
»Ihr seid kein Mönch, und die
Kutte habt Ihr Euch nur geliehen?
Was für einen hanebüchenen Unsinn
tischt Ihr mir da auf?
Und zum Teufel, welcher Mönch
verleiht schon seine Kutte?«
Ich war völlig aus der Fassung.
Bestand denn diese Welt nur aus Lug und Trug? Die Enttäuschung über den
Schwindel war maßlos, am liebsten wäre ich ihm in diesem Moment an die Kehle
gesprungen.
»Nun, der Mönch gab sie mir nicht
aus freien Stücken«, erwiderte Eckhardt zerknirscht. Rasch fügte er hinzu, dass
dem Benediktiner jedoch nichts Schlimmeres widerfahren sei. Und außerdem habe
Eckhardt, zumindest sein Name war offensichtlich echt, den Mönch mit einigen
Silberpfennigen fürstlich für dessen Kleidung und die sicherlich nur winzig
kleine Beule am Kopf entschädigt. Noch immer sprachlos, starrte ich ihn an,
mein Gesicht wohl eine einzige Frage, doch bevor ich ihm ebendiese stellen
konnte, begann er auch schon aus freien Stücken, mich über die Beweggründe
seiner Maskerade
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