Das Geheimnis des Goldmachers
aufzuklären.
Schreiberling im Hause eines
reichen Kaufmannes aus Cölln sei er gewesen, so sagte er mir, und von ganzem
Herzen zufrieden mit seinem Los, bis zu jenem Tage, da die Tochter seines
Dienstherren ein Auge auf ihn geworfen habe. Zwar wäre er dem anderen
Geschlecht alles andere als abgeneigt, doch jene Siegried sei ein abgrundtief
hässliches und niederträchtiges Wesen von unnatürlich üppiger Gestalt gewesen.
Als der liebe Herrgott Anmut, Grazie und Liebreiz verteilt habe, erklärte
Eckhardt mit einem angewiderten Gesichtsausdruck, müsse Siegried wohl im
Vorratskeller ihres Vaters allerlei Köstlichkeiten verdrückt haben, denn sie
verfügte über keines jener himmlischen Attribute. Es dauerte jedenfalls nicht
lang, und sie stellte ihm derart unverschämt nach, übrigens geduldet von ihrem
Vater, der sie wohl lieber heute als morgen weggefreit wissen wollte, dass
Eckhardt sich nach einem neuen Patron umsehen musste und tatsächlich auch bald
mit einem anderen Kaufmann handelseinig wurde. So brach schließlich die letzte
Nacht im Dienste seines alten Herrn an und Siegried, sich dieser Tatsache
durchaus bewusst, kannte nun gar keine Scheu mehr. Mit zwei Krügen besten
Weines aus dem gut bestückten Keller ihres Vaters betrat sie seine Kammer im
Gesindehaus des Anwesens. Offensichtlich war Eckhardt nicht nur Frauen, sondern
auch einem guten Tropfen gegenüber durchaus zugetan, sodass das Unglück
unvermeidlich seinen Lauf nehmen musste. In der Gewissheit, Siegried am
nächsten Tage für immer und ewig los zu sein, ließ er sie in seine Kammer ein,
zu verführerisch prickelte der würzige Duft der mitgebrachten Weine in seiner
Nase. Und so saßen sie beieinander die ganze Nacht und tranken, er aus dem
einen, sie aus dem anderen Krug, und von Schluck zu Schluck wurde er immer
betrunkener und sie immer zudringlicher, doch irgendwann war’s ihm dann
einerlei.
Am nächsten Morgen jedoch,
halbwegs wieder bei Sinnen nach der durchzechten Nacht, offenbarte ihm der
erste Blick das Debakel in seiner ganzen Scheußlichkeit. Da lag Siegried nun in
seinem schmalen Bette, sie ebenso nackt wie er, und sofort war ihm gewiss, dass
sie die Nacht nicht nur mit Saufen allein verbracht hatten.
Noch schlief sie selig, besser
noch, sie schnarchte laut und vernehmlich, und daran sollte sich um Himmels
willen auch nichts ändern, dachte sich Eckhardt. Also stieg er, so leise es
sein bleischwerer Kopf eben zuließ, von seinem Lager auf, schlüpfte in die
Kleider, raffte seine wenigen Habseligkeiten zusammen, öffnete behutsam die
knarrende Pforte und ward sodann nie mehr gesehen im Hause seines Herrn. Zwar
schuldete ihm dieser noch den Lohn der letzten Woche, doch dieses Opfer war
Eckhardt gern bereit zu bringen angesichts der Scherereien, die drohten, sollte
Siegried ihrem Vater das sündhafte Treiben der vergangenen Nacht beichten.
Innerlich feixend, beglückwünschte er sich, seinem alten Brotgeber wohl aus
einer Eingebung heraus nicht die richtige Adresse des neuen Herrn mitgeteilt zu
haben, da durchschritt er auch bereits frohen Mutes das Cöllner Stadttor auf
der breiten Handelsstraße, die nach Aachen führte.
Was war schon geschehen,
dachte er sich. Siegried wird sicher ihren Spaß gehabt haben, ihm selbst
fehlten jegliche Erinnerungen an das vergangene Treiben, warum sich also mit
einem schlechten Gewissen plagen? Dass jedoch Zusammenkünfte derlei Art
zuweilen auch späte Folgen haben können, daran verschwendete Eckhardt nicht einen
einzigen Gedanken.
Einige Monate später, sein
unfreiwilliges Tête-à-tête mit Siegried war längst vergessen, da drang eines
frühen Morgens eine höchst bekannte Stimme an sein noch schlaftrunkenes Ohr. Es
war der unverkennbar schneidend-keifende Tonfall, den Siegried anzuschlagen
pflegte, wenn sie nicht gerade dabei war, junge Mannsbilder gegen deren Willen
zu bezirzen. Unvermittelt hellwach geworden, stand Eckhardt keinen Atemzug
später am Fenster und starrte bang nach draußen auf den Hof seines neuen Herrn.
Annähernd ebenso rasch hatte er seine Kleider und den letzten Lohn
zusammengerafft und stolperte sogleich barfuß durch den dunklen Flur zum
Hinterausgang. Eckhardt hatte das Gesindehaus bereits auf der rückwärtigen
Seite verlassen und lief splitternackt über ein Feld auf das nahe gelegene
Wäldchen zu, als Siegried in Begleitung ihres Vaters und zwei baumstarker
Handlanger die schwere Eichenpforte öffnete. Es war weder Siegrieds herrischer
Vater, der Eckhardt Beine
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