Das Geheimnis des Goldmachers
etwas hören noch sehen, immerhin trug dieser triebhafte Kerl für die
derzeitige Situation die alleinige Verantwortung.
Der Riegel wurde angehoben, die
Tür geöffnet und ein gelöst lächelnder Albert in Begleitung des ebenfalls
freundlich dreinblickenden Priors vertrieb Roberts düstere Gedanken. So schaute
niemand, der schlechte Kunde zu berichten hatte, außerdem kamen die beiden
allein, weit und breit war keine Wache in Sicht.
»Verzeiht«, setzte der Prior an,
»dass ich Euch so lange Zeit im Unklaren ließ, doch zuerst wollte ich meine
Brüder unterrichten! Sei’s drum, Albert konnte die Zweifel an Eurer Unschuld
ausräumen, so fühlt Euch nunmehr ganz und gar als Gäste und vergebt uns unseren
Argwohn, doch die Zeiten sind gefährlich und manchmal ist nichts so, wie es
scheint. Der Teufel bedient sich listenreich vielerlei Gestalten und nur durch
Unachtsamkeit entlarvt sich ab und an einer seiner Diener. Auf diese Zeichen zu
achten ist unsere gottgegebene Pflicht, zumal als Dominikaner, denn wie Euch
Bruder Albert bereits unterrichtete, hat die päpstliche Autorität eigens
unseren Orden mit der Wahrung und Durchführung der Heiligen Inquisition
beauftragt. Daher sind gerade wir Luzifers Finten besonders ausgesetzt und gut
beraten, immer auf der Hut zu sein. Nun will ich Euch der Obhut von Bruder
Albert anvertrauen, die Amtsgeschäfte des Priors verlangen nach mir. Habt Euch
denn wohl!«
Georg verließ die Kammer und
diesmal blieb die Tür angelehnt und kein Riegel fiel hinter ihr ins Schloss.
»So«, begann Albert und rieb sich
vergnügt die Hände, »ich will hoffen, dass Ihr Euch gut gestärkt habt. Ich für
meinen Teil kann jedenfalls nur sagen, dass der Koch sich heuer selbst
übertraf, was allerdings auch keine große Kunst ist in Anbetracht seiner
bisherigen Leistungen.«
»Ich krieg keinen Bissen mehr
runter, so satt bin ich. Und was sagt dein Magen, Osman?«, fragte Robert seinen
Freund mit einem unverschämt breiten Grinsen.
»Ich konnte keinen rechten Appetit
aufbringen, wobei den Koch keine Schuld trifft«, antwortete Osman, und
die Art und Weise, wie er Robert dabei anschaute, ließ keinen Zweifel daran
aufkommen, dass er die List seines Freundes inzwischen durchschaut hatte.
»Wie auch immer«, fuhr der Mönch
gut gelaunt fort, »ich meinte aus Osmans Rede herausgehört zu haben, dass er in
dem Maße viel auf die Kultur seines Landes gibt, wie er wenig von der unseren
hält.
Natürlich ist mir bewusst, dass
die Morgenländer Großartiges geschaffen haben, sei es in den Wissenschaften,
der Philosophie, wie auch in der Kunst und Architektur, und ich bedaure
zutiefst, in diesen unsicheren, von Glaubenskriegen zerrütteten Zeiten
ebendiese Wunder nicht mit eigenen Augen sehen zu dürfen. Umso mehr will ich
insbesondere Euch, lieber Osman, gern zeigen, dass auch wir zu Großem im Stande
sind. Wenn es also Eure Zeit erlaubt, so besucht mit mir die Kirche St.
Michaelis, in der, selbst schon ein Kunstwerk, ein weiteres kurz vor seiner
Vollendung steht.«
Erwartungsfroh schaute er die
beiden an, und Osmans Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
»Ich bedaure zutiefst, wenn ich
Eure Gefühle mit meinem losen Mundwerk verletzt haben sollte, und obwohl es mir
gar nicht bewusst geworden ist beim Reden, liegt Ihr nicht ganz falsch mit
Eurer Einschätzung. Umso mehr bin ich gern bereit, mich von Euch eines Besseren
belehren zu lassen. Ich denke, die Zeit haben wir, nicht wahr, Robert?«
»Wenn es hilft, deinen Hochmut auf
ein gesundes Maß zu stutzen, so nehme ich mir gern alle Zeit der Welt«,
antwortete Robert, und er strahlte, ebenso wie Albert, übers ganze Gesicht. Vom
Vorwurf der Ketzerei befreit, mit vollem Magen, trocken und erholt, hatte er
auch allen Grund dazu. Zudem schien die Sonne inmitten eines azurblauen Himmels
und ließ die vielen Regentage vergessen. Zum ersten Mal, seitdem Robert wieder
Heimatboden betreten hatte, fühlte er sich rundum wohl.
Sein Glück sollte nur von kurzer
Dauer sein.
St. Michaelis
Osman warf
einen letzten Blick auf die Pferde und überzeugte
sich davon, dass ihre Tiere gut versorgt waren, dann verließen die drei froh
gelaunt das Kloster, noch bevor die Glocke zur None schlug und die Brüder zu
ihrer nachmittäglichen Arbeit schickte.
Vom Brühl aus gingen sie auf
verwinkelten Wegen teils ziemlich steil hinab in Richtung Norden. Die Sonne
brannte heiß und hatte den tags zuvor noch zähen Schlammboden wieder
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