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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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obszön.
    »Enttäusch mich nicht, Kind«, flüsterte die Mutter unter Tränen. »Er wird deiner Schönheit erliegen und du wirst eine Herrscherin sein, indem du dich ihm unterwirfst«, flüsterte sie. Sie küsste Nura, die verloren auf der Bettkante saß, und huschte hinaus. Nura war sich sicher, dass beide Frauen vor der Tür hockten.
    Hamid kam in einem roten Schlafanzug aus dem Bad und breitete die Arme aus. Er kam ihr noch schöner vor als in seinem Anzug.
    Die Frauen sangen im Hof Liebeslieder von der Sehnsucht der wartenden Frauen auf ihre ausgewanderten Männer, von den schlaflosen Nächten und dem unstillbaren Durst nach Zärtlichkeit, und bei der dritten Strophe war Hamid bereits in sie eingedrungen. Er hatte sie sehr vorsichtig und sehr höflich behandelt, und sie stöhnte und lobte seine Männlichkeit, wie ihre Freundinnen und ihre Mutter ihr das beigebracht hatten, und in der Tat schien er sehr glücklich.
    Die Schmerzen waren geringer, als sie befürchtet hatte, aber so richtig genießen konnte sie das ganze Spiel nicht. Für ihn war es noch lange nicht zu Ende. Während sie ins Bad ging und sich wusch, zerrte er das Laken vom Bett und gab es den wartenden Frauen vor der Tür, die es mit großem Jubeln und Trillern begrüßten.
    Als Nura aus dem Bad kam, hatte Hamid bereits ein sauberes Bettlaken über die Matratzen gebreitet. »Ich habe das andere den wartenden Frauen gegeben, damit sie uns in Ruhe lassen«, sagte er und lachte verlegen. Er hatte auch recht, denn von nun an kümmerte sich keiner mehr um sie.
    Hamid war zutiefst beeindruckt von Nura. »Du bist die schönste Frau meines Lebens«, sagte er mit verliebter Stimme, »mein Großvater hat sich über Tante Majda geirrt«, fügte er hinzu und schlief sofort ein. Nura verstand nichts.
    Sie blieb in der Hochzeitsnacht bis zur Morgendämmerung wach. Sie war aufgeregt wegen allem, was sich in ihrem Leben verändert hatte, und fühlte sich eigenartig im Bett neben einem Fremden.
    Eine Woche lang dauerten die Feierlichkeiten, und Hamid schlief mit ihr, wann immer sie alleine im Schlafzimmer waren, ob bei derSiesta, am frühen Morgen, nachts oder auch zwischendurch. Sie fand sein Begehren schön, empfand selbst aber nichts.
    »Das kommt noch. Ich bin sicher«, tröstete sie eine Freundin. Aber die Freundin irrte sich.
     
    15.
     
    F arsis Kalligraphien wurden von Oberst Schischakli geschätzt. Nassri schenkte ihm fast jede Woche eine Kalligraphie mit klassischer Dichtung. Hamid Farsi freute sich über die Aufträge, denn nun kamen viele Bekannte des Präsidenten auf den Geschmack und bestellten bei ihm. Er betrachtete Nassri als Glücksboten und behandelte ihn nun freundlicher, was dieser aber kaum zur Kenntnis nahm.
    Der unnahbare Staatspräsident, Schischakli, legte bereits beim zweiten kalligraphierten Spruch, den Nassri zum Dinner mitbrachte, gerührt seinen Arm um Nassris Schultern. Seit dem Tag, an dem er als armes Kind eine ganze Honigwabe allein essen durfte, habe er nie wieder ein solches Glücksgefühl erlebt wie jetzt, behauptete er und umarmte seinen Gast. »Du bist ein wahrer Freund.«
    Er ließ die anderen Gäste sitzen und ging Hand in Hand mit Nassri in den Palastgarten, wo er ihm lange und bewegt von seinem Unglück mit Politikern erzählte. Der Präsident sprach nicht wie ein mächtiger Herrscher, sondern wie ein einsamer Dorfjunge, der sein Herz einem Städter öffnen will. Nassri verstand nichts von Politik und hielt lieber den Mund.
    Als sie nach zwei Stunden zurückkehrten, saßen die Gäste steif vor Müdigkeit immer noch um den Tisch herum und lächelten ihren Präsidenten untertänig an. Er beachtete sie kaum, bedankte sich ein letztes Mal bei Nassri für die Kalligraphie und ging gebeugt in sein Schlafgemach. Endlich erlaubten die Protokollbeamten den Gästen, den Platz zu verlassen. Nassri strahlte, während die anderen leise vor sich hin fluchten.
    Kalligraphie – da hatte Taufiq recht – wirkt wie ein Zaubermittel auf einen Araber. Sogar die Hure verwöhnte ihn seit dem Tag, an dem er ihr die erste Kalligraphie schenkte, außerordentlich. Sie weinte vor Freude, als sie die Signatur des berühmten Kalligraphen unter dem Liebesspruch las.
    Zum ersten Mal spürte er im Bett ihre flammende Liebe. Eingebettet in eine Wolke aus Parfum und weicher Haut fühlte er sich wie im Paradies. Ein Gefühl, das er nie zuvor erlebt hatte – weder mit einer seiner Ehefrauen noch mit einer seiner unzähligen Huren. Sein Herz fing Feuer.

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