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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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der arabischen Musik setzt auch die Kalligraphie auf die Wiederholung bestimmter Elemente, die nicht nur den Tanz von Körper und Seele, sondern auch das Loslösen vom Irdischen und das Erreichen anderer Sphären fördert.
     
    17.
     
    A lles um Nura versank in eine Totenstille. Die Abende wurden ihr zur Qual. Hamid sprach manchmal kein einziges Wort und wenn er mit ihr schlief, dann mit zusammengebissenen Zähnen.
    Manchmal zwang sich Nura, den ganzen Abend auch keinen Ton von sich zu geben, um zu prüfen, ob es ihm auffiel. Keine Reaktion. Er wusch sich, aß, trank seinen Mokka, schlief mit ihr oder auch nicht und schnarchte die ganze Nacht.
    Und wenn er sprach, dann nur als Echo der Lobeshymnen, die andere auf ihn sangen. Wie lange würde sie dieses Leben noch aushalten?
    Einmal legte sie aus Protest den schmutzigen Putzlappen auf einen Teller, schmückte ihn mit der Stahlwolle, mit der sie die Pfannen säuberte, und garnierte das Ganze mit Streichhölzern, Kerzenstummeln und Olivenkernen. Sie stellte den Teller neben den Wasserkrug, aus dem er sich bedienen musste. Er merkte nichts. Wortlos saß er da und aß stumm seine Fleischpastete.
    Zu alldem war er auch noch geizig. Jeden Mittag, um halb zwölf, musste sie ihm mit einem Boten sein Essen in einer Matbakia schicken, einem dreistufigen Gefäß mit Henkel: Salat, Hauptgericht und Beilagen, alles schön übereinander. Nachtisch nahm er nie zu sich, Kaffee trank er in seinem Atelier.
    Fast die Hälfte der Nachbarinnen schickte ihren Ehemännern das Essen in der Matbakia in ihre Läden, aber im Gegensatz zu Nura bekamen all diese Frauen Geld von ihren Männern und durften einkaufen gehen. Sie feilschten, tranken Tee und Kaffee, hörten Gerüchte und verbreiteten welche und lachten viel mit den Händlern. Nura liebte es einzukaufen. Schon als kleines Mädchen war sie gerne zum bekannten Gewürzhändler Sami gegangen, um seine fantastischen Geschichten zu hören, die er über jedes Gewürz erzählte.
    Aber Hamid meinte, er könne bessere Lebensmittel zum halben Preis besorgen, und es sei überdies nicht gut, wenn die schöne Frau des berühmten Kalligraphen auf dem Markt feilschen musste – mit diesen, wie er sich ausdrückte, »Primitivlingen«.
    »Hat der eine Ahnung!«, schrieb sie in ihr Tagebuch. Feilschen gehörte ganz oben auf die Liste der paradiesischen Tätigkeiten einer echten Damaszenerin. Hamid hatte dafür kein Verständnis. Er schickte ihr mit seinem Laufburschen billigste Fleischreste und Gemüse, eben all das, was Lebensmittelhändler nur Männern andrehen können. Er kaufte riesige Mengen, als sollte sie das Mittagessen für ein Waisenhaus zubereiten, und obwohl alles von schlechter Qualität war, verlangte Hamid von ihr, dass sie die wunderbarsten Gerichte daraus kochte. Es waren die Nachbarinnen, die ihr zu Hilfe kamen. Sie wussten geheime Rezepte, wie man aus den billigsten Zutaten deftige Gaumenfreuden zaubern konnte. Im Gegenzug nähte Nura kostenlos für sie. So konnten die Frauen das Geld, das sie von ihren Männern für Näharbeiten bekamen, in Kaffee, Kardamom, Süßspeisen und Kinokarten investieren.
    Hamid Farsi merkte von dieser gegenseitigen Hilfe nichts.
    Er zwang Nura nicht zum Kopftuchtragen. Damals befand sich Damaskus im Aufschwung und nur alte Frauen trugen ein Kopftuch, junge Frauen dagegen kaum und noch seltener einen Schleier. Er war auch nicht eifersüchtig, wollte aber nicht, dass sie in seiner Abwesenheit Besuch empfing.
    Es kam auch gar niemand außer den Nachbarinnen, deren Männer ebenfalls keinen Besuch duldeten, solange sie nicht zu Hause waren, aber keine Frau im Viertel hielt sich an das Verbot.
    Hamid merkte auch das nicht.
    Die Welt der Verwandten, Freunde und Nachbarn schien ihn überhaupt nicht zu berühren. Er war oberflächlich freundlich zu allen und interessierte sich für niemanden. Erfuhr er durch Zufall vom Besuch einer Freundin oder Nachbarin, verdrehte er die Augen: »Sie sollen dich besuchen, wenn ich da bin.« Doch von ihrer Mutter abgesehen fühlte sich keine Frau wohl in seiner Anwesenheit.
    »Das ist geschlechtsbedingt«, sagte Sultane, eine kleine einäugige Nachbarin. »Männer sind Jäger und suchen ihr Glück immer in der Ferne. Wir sind Sammlerinnen und suchen jeden Fußbreit nach Samen und Kräutern ab. Manchmal finden wir eine Geschichte, die wie ein Samen ist, so klein, dass man ihn übersieht, obwohl er in sich einLeben trägt und so hartnäckig ist, dass er den Tritt eines Elefanten

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