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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Teufelsbrut. Musst du ihn so verletzen? Weißt du nicht, wie sehr er leidet?«
    Samih war eigentlich kein Petzer, aber als der Chef ihm eine neue Arbeit schmackhaft machen wollte, dachte Salman, dass der alte Diener ihn doch verraten habe.
    Warum sollte er ausgerechnet zum Kalligraphen?
    Hätte Karam ihm angeboten, zu einem Tischler oder Schlosser zu gehen, hätte er nicht diesen Magendruck gehabt. Er wusste aber, dass Karam und noch mehr sein Geliebter Badri den Kalligraphen eine Schlange nannten und oft auf ihn schimpften, wenn sie vertraulich über ihn redeten. Und nun wollte Karam ihn ausgerechnet zu diesem Mann schicken? Salman konnte seinen Chef nicht einmal fragen, weil er die Gespräche über den Kalligraphen oft nur durch Zufall mitbekommen hatte. Er hatte heimlich und vergnügt ihr Lästern belauscht und auf diese Weise einige Geheimnisse der Stadt erfahren, mit denen er sogar die allwissende Sarah hatte beeindrucken können.
    Seit Adnans Tod konnte Salman ihr nur noch wenige Geschichten erzählen. Der Taxifahrer Adnan, Samiras Sohn, hatte bei seinen Pausen im Café immer die abenteuerlichsten Geschichten zum Besten gegeben. Bis zu seinem Tod kam er täglich zwei- bis dreimal vorbei und trank einen Tee mit viel Zucker. Bei einer nächtlichen Fahrt auf der Landstraße prallte sein Taxi gegen einen stehenden Lastwagen. Adnan und sein Fahrgast waren auf der Stelle tot.
    So blieb die letzte große Geschichte die über das Liebespaar Karam und Badri. Sarah konnte davon nicht genug hören. Sie war geradezu süchtig danach.
    Badri war nicht gerade als Menschenfreund bekannt. Er war in einemobskuren Bund, der sich »Die Reinen« nannte und gegen Christen und Juden war, vor allem aber gegen eine Geheimorganisation mit dem Namen »Bund der Wissenden«. Anscheinend hatte der Kalligraph Hamid Farsi etwas mit diesem Bund zu tun. Seine Mitglieder seien Schlangen, behauptete Badri, nach außen seien sie Muslime, aber nach innen Feinde des Islam. Sie würden griechische Götter anbeten und mit ihren Schwestern ins Bett gehen. Sarah lachte sich kaputt über den Gedanken, mit dem eigenen Bruder zu schlafen, weil sie ihre drei Brüder nicht ausstehen konnte.
    »Dieser Badri hat zwar Muskeln, aber im Kopf nur Kacke«, sagte sie, »trotzdem ist das, was er mit Karam macht, abenteuerlich.«
    Salman brachte nichts mehr auf die Reihe. Einerseits konnte Karam Fanatiker überhaupt nicht ausstehen, andererseits sagte er aber kein schlechtes Wort gegen die »Reinen«, um Badri nicht zu ärgern. Er war ihm ergeben, und das wiederum nutzte Badri aus. Manchmal, nach einem Streit, weinte Karam vor Sehnsucht nach seinem Freund und musste ihn am Telefon flehentlich um Verzeihung bitten, bis dieser gnädig aufhörte zu schmollen.
    Wenn Karam seinem Geliebten Badri begegnete, wurde er ein anhänglicher kleiner Junge, der bei jeder Berührung in Dankbarkeit dahinschmolz und der selbstlos ausführte, was Badri wünschte.
    Sarah war der Ansicht, Liebe sei eine doppelgesichtige Göttin, sie befreie und versklave zugleich. Sie habe extra einen langen Spaziergang im Amara-Viertel gemacht, wo Badri seinen schäbigen und düsteren Friseursalon besaß. Karam sei wohl völlig blind durch seine Liebe, denn dieser Muskelprotz könne einen nüchternen Menschen nicht einmal zum Nasebohren animieren. »Mich würde es nicht wundern, wenn dein Chef eines Tages sogar für Badri sterben würde, obwohl der vor Dummheit so strotzt, dass die Nägel rosten«, sagte sie und Salman lachte sich schief über diesen Ausdruck.
    Warum zum Kalligraphen? fragte er sich an jenem Morgen.
    Und als hätte Karam seine nicht ausgesprochene Frage gehört, sagte er: »Eine vornehme Kunst. Sieh dir die Leute an, Minister und Ärzte gehören zu seinen Kunden. Und alle wollen mit ›Hamid Farsi persönlich‹ sprechen.«
    Salman nickte, traute dem Frieden aber nicht. Fast jedes Jahr hatte der arrogante und launische Farsi einen Laufburschen rausgeschmissen, wenn er nicht, wie kürzlich der schielende Junge, selbst das Weite gesucht hat.
    »Du kannst deinen Unterkiefer wieder hochkurbeln«, munterte ihn Karam auf, »es ist eine gute Nachricht! Ich schicke dich doch nicht in den Puff. Kalligraphie ist eine vornehme Kunst. Die Reichen lieben diese Dinge und können nicht genug davon haben. Und das Beste ist, sie fragen nicht, wie viel so etwas kostet. Weißt du, was Hamid Farsi für so einen Spruch wie Bismillah alruhman alrahim verlangt? Hundert Lira! Zugegeben, er ist ein Meister, aber

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