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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Küchenmesser hinter ihm her.«
    Bei diesen Worten betrat Hamid das Haus und geriet sofort in Zorn, als er die weinende Buschra erblickte. Er grüßte nicht, sondern befahl ihr mit eiskalter Stimme, auf der Stelle sein Haus zu verlassen und ihr Unglück mitzunehmen.
    Nura fühlte sich gedemütigt und spürte, dass sie Buschra für immer verloren hatte. Sie weinte eine Nacht lang. Hamid nahm seine Decke und schlief auf dem Sofa im Salon und wollte auch in den nächsten Tagen nicht darüber reden. Die Sache war für ihn erledigt, wie wenn Buschra eine abgelieferte Kalligraphie wäre.
    Viele Jahre später erfuhr Nura, dass Buschra nur noch für ihre Kinder lebte. Sie bewohnte das erste Stockwerk ihres Elternhauses und arbeitete als Büroangestellte bei einer Fluggesellschaft. Bald lachte sie wieder so hell und laut wie zu ihrer Jugendzeit.
    An jenem Tag, als Hamid Buschra aus seinem Haus hinauswarf, umarmte sie Nura weinend im dunklen Korridor neben der Haustür. »Er ist auch krank vor Eifersucht. Arme Schicksalsschwester«, sagte sie und ging.
     
    18.
     
    A rbeit im Café ist auf Dauer nichts für dich. Oder willst du mir sagen, dass du in all den Jahren hier etwas gelernt hast, mit dem du später eine Familie ernähren kannst?« So fragte Karam an einem warmen Herbstmorgen, und er wartete nicht auf eine Antwort. »Der Kalligraph Hamid Farsi sucht einen Laufburschen. Sein schielender Mustafa hat das Weite gesucht«, fügte er hinzu und nahm einen kräftigen Schluck Tee. »Du sollst dich dort bewerben. Kalligraphie – und das versichere ich dir – ist eine Goldgrube«, setzte er wieder an.
    Salman erstarrte vor Angst. Er dachte, der ältere Diener Samih hätte ihn wegen des Streits am Vortag bei Karam verpetzt.
    Es war der erste ernsthafte Streit seit Jahren gewesen. Karam war auch an diesem Montag nicht im Café. Das machte den Kellner Darwisch wie immer aggressiv. Er stellte seine Vermutungen an, aber nur Salman wusste Bescheid. Karam war mit seinem Geliebten Badri, der wie alle Friseure montags frei hatte, den ganzen Tag im Bett. Das Café hatte jedoch keinen Ruhetag.
    Der Streit entzündete sich, als der letzte Gast das Café verlassen hatte. Samih, der älteste der drei Mitarbeiter, hatte die Kasse abgerechnet und die unbezahlten Rechnungen von den Zetteln in die Kundenhefte übertragen. Neben den bar zahlenden Gästen gab es Stammgäste und Geschäfte im Viertel, die wöchentlich oder sogar nur monatlich zahlten. Salman und Darwisch räumten auf, wuschen das Geschirr, wischten den Boden, ordneten die Stühle und verteilten saubere Aschenbecher auf die Tische. Nichts war ihrem Chef am frühen Morgen verhasster, als auf Schmutz zu stoßen.
    Darwisch stichelte die ganze Zeit und suchte Streit mit Salman, über den er sich ärgerte. Der Juwelier Elias Barakat hatte sich am Nachmittag über Darwischs Arroganz beschwert und verlangt, dass Salman ihn bediene. Samih, der ältere Diener, warnte Salman, Darwisch nicht in den Rücken zu fallen. Aber Salman wollte den Gast nicht verärgern. Der Juwelier war immer großzügig mit Trinkgeld und ein Christ dazu, und das war für Salman ein wichtiger Grund für gutes Benehmen. Samih und Darwisch waren Muslime und Salman vermutete, dass sie christliche Gäste mit Absicht schroff behandelten.
    Salman bediente und erhielt eine ganze Lira Trinkgeld. Er komme wieder, hatte der Gast zum Abschied gerufen, da dieses Café noch eine zivilisierte und gut erzogene Bedienung habe.
    Als sie nun allein waren, spürte Salman den aufgestauten Hass der beiden Muslime gegen ihn, den »Schweinefresser«, wie Darwisch ihn genannt hatte. Samih sprach wenig, nickte aber seinem Kollegen bestätigend zu, was auch immer dieser sagte, und stachelte ihn damit an. Es war kurz vor Mitternacht, als Darwisch andeutete, er wisse, dass Salman immer wieder ins Bett ihres Chefs krieche, um seine Stelle zu behalten, sonst wäre er bei seinem linkischen Gehabe schon längst geflogen.
    Da riss Salmans Geduld. »Du bist«, schrie er Darwisch an, »nur eifersüchtig, weil der Chef nicht mehr deinen, sondern einen viel schöneren Hintern bevorzugt! Sei sicher, du Dummkopf, an meinem knochigen Hintern findet nicht einmal ein Rabe Gefallen. Karam fickt täglich einen wunderschönen Mann, dessen Name ich dir nicht verraten werde, auch wenn du vor Eifersucht stirbst.«
    Darwisch sank wie ein Kartenhaus in sich zusammen und begann vor sich hin zu heulen. Samih zischte hasserfüllt: »Kreuzanbeter, du bist eine

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