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Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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ausgeliehen hatte, und rief in manieriertem Ton: »Bitte treten Sie ein!«
    Professor Arthur Evans war mittelgroß und schlank. Er hatte drahtiges graues Haar, das ihn wahrscheinlich älter machte, als er war.
    Ein stattlicher Mann, dachte Antonia, aber er könnte mein Vater sein.
    »Ach, wie schön, dass Sie die Reise möglich gemacht haben«, sagte er lächelnd zur Begrüßung. Der Professor wirkte so herzlich und natürlich, dass ihr jedes weitere Getue albern erschien.
    »Setzen Sie sich doch bitte«, bat Antonia und versuchte nicht mehr zu verbergen, dass sie wahnsinnig aufgeregt war. Doch erst einmal drückte sie die Zigarette aus, die ihr ganz und gar nicht schmeckte.
    »Sind das die Knochen?«, fragte er und griff sich ohne Umschweife den größten davon. Eine Weile betrachtete er ihn prüfend über den Rand seiner Brille. Dann nickte er anerkennend. »Unterschenkel Moa!«
    »Sie meinen, dass sie wirklich vom Urvogel stammen?« Ihre Wangen glühten vor Begeisterung.
    »Kein Zweifel, es gibt kein anderes Tier in Neuseeland, von dem sie sein könnten«, erklärte der Zoologe sachkundig und betrachtete den Knochen ehrfürchtig von allen Seiten. »Und nun erzählen Sie mir, wo und wie Sie die Knochen gefunden haben.«
    Mit Feuereifer schilderte sie dem Professor in allen Einzelheiten von ihrer Entdeckung am Waldrand.
    »Am Waldrand, sagen Sie, das ist seltsam. Wir gehen davon aus, dass er nicht im Wald gelebt hat«, sinnierte er. »Und was haben Sie mit Ihrem Fund vor?«
    »Das habe ich mir noch gar nicht überlegt«, antwortete Antonia verlegen. »Aber ich möchte weitersuchen und mich intensiv mit dem Moa beschäftigen. Ich will alles über ihn erfahren. Und ich habe schon eine kleine Sammlung angelegt. Bücher und Zeichnungen.«
    »Das möchte ich auch: alles über ihn erfahren«, erwiderte der Zoologe prompt. Antonia kam sich plötzlich ziemlich naiv vor. Schließlich hatte sie niemals studiert, sondern ihr Wissen aus den zahlreichen Büchern.
    »Ich meine, wenn Sie Verwendung dafür haben, dann kann ich sie auch Ihnen überlassen«, sagte sie verunsichert.
    »Natürlich hätte ich Verwendung, aber ich glaube kaum, dass Sie diese Schätze aus der Hand geben möchten. Ich dachte da eher an eine Zusammenarbeit.«
    »Zusammenarbeit?«, wiederholte Antonia erstaunt.
    »Ja, ich würde gern mit Ihnen gemeinsam über den Moa forschen. Mir schwebt ohnehin vor, später eine eigene vogelkundliche Gesellschaft zu gründen. Wenn Sie wollen, können Sie auch bei mir studieren.«
    »Oh, wie gern ich das tun würde«, entfuhr es Antonia seufzend. »Aber meine Mutter ist krank, und ich muss sie pflegen. Sie würde mich niemals nach Dunedin gehen lassen.« Sie lächelte schief. »Und, Herr Professor, ich bin älter, als ich aussehe«, fügte sie bedauernd hinzu.
    Arthur Evans musterte sie durchdringend. »Ich glaube fest daran, dass wir eines Tages zusammenarbeiten werden. Vielleicht später einmal. Und in meinen Augen sind Sie jung und schön.«
    Antonia wurde rot. »Aber ... aber ... ich ... ich habe keine Vorbildung, ich ...«, stotterte sie.
    »Aber Sie brennen für die Sache. Ich kann Ihnen Ihre Begeisterung förmlich von den Augen ablesen.«
    »Ja, restlos begeistert bin ich, seit ich die Knochen gefunden habe.«
    »Was halten Sie davon, wenn wir gleich beim Essen weiterreden? Ich habe nämlich großen Hunger«, schlug der Zoologe vor und lächelte sie gewinnend an.
    »Gern, aber ich müsste Sie bitten vorzugehen, denn ich würde mir gern etwas Passendes anziehen. Ich sah vorhin, dass die Damen alle in großer Robe dinieren.«
    Arthur Evans musterte sie durchdringend von Kopf bis Fuß. »Sie gefallen mir auch so, Miss Parker.«
    Antonia spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss und sie erneut rot werden ließ.
    »Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen, aber ich musste Ihnen einfach ein Kompliment machen. Wir sehen uns gleich.« Er drehte sich um und verließ das Hotelzimmer.
    Antonia aber rührte sich nicht vom Fleck und starrte nur die Tür an, durch die er eben verschwunden war. Er will mit mir arbeiten. Ich gefalle ihm, dachte sie und konnte es gar nicht fassen.
    Erst nach einer ganzen Weile rührte sie sich und zog eilig ihr lilafarbenes Taftkleid an. Als sie sich damit vor dem Spiegel drehte, war sie sich völlig fremd. Schon bereute sie es, auf den Rat der Schneiderin gehört zu haben, die ihr ein spitzes, tiefes Dekollete empfohlen hatte. Sie befürchtete, zum Blickfang der

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