Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
dieser Damen, die ihre Frauen nach Strich und Faden betrogen, wie Barbra bei jedem von ihnen vermutete, durften keinen Fuß über ihre Schwelle setzen.
Suzan war gerade dabei, alles in ansprechender Weise auf dem Couchtisch zu drapieren, als Barbra eintrat und ihr kleines Arrangement skeptisch betrachtete.
»Ist das für deinen Vogelmann?«, fragte sie abschätzig.
»Mom, ja, ich hoffe doch so sehr, dass ich ihn für die Gesellschaft begeistern und er dann seinerseits die Herren Professoren für meine Pläne gewinnen kann.«
In dem Moment klingelte es an der Haustür. Pünktlich auf die Minute, wie Suzan mit einem Blick auf ihre Armbanduhr anerkennend feststellte.
Rasch eilte sie die Treppen hinunter und öffnete ihm. Ein Paar bernsteinfarbener Augen blickten sie neugierig an.
»Guten Tag, Miss Leyland«, sagte er mit einer angenehmen, sonoren Stimme.
Suzan aber hatte Mühe, sich von diesen Augen loszureißen. Noch niemals zuvor hatte sie einen Mann mit solch faszinierenden Augen gesehen.
»Ja, Mister ... Mister Albee ... ich meine, herzlich willkommen, äh, ja, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, stammelte Suzan und ließ ihn schließlich ins Haus.
Zu ihrem großen Entsetzen spürte sie, dass ihr Wellen von Hitze in die Wangen schossen. Sie befürchtete, knallrot angelaufen zu sein.
»Schön haben Sie es hier«, bemerkte Mister Albee höflich, während er ihr die Treppen hinauffolgte.
»Ja, meine Mutter hat vieles so belassen, wie es ihre Mutter einst eingerichtet hatte. Das Haus haben sich meine Großmutter und mein Großvater Arthur bauen lassen. Meine Mutter ist hier aufgewachsen, bis sie zu ihrem ...« Suzan hielt erschrocken inne. Was plapperte sie denn da? Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte diesem Fremden die Geschichte mit Großvater James erzählt. Suzan atmete einmal tief durch. Sie war aufgeregt, keine Frage, aber ihr war sehr daran gelegen, dass der junge Zoologe es nicht bemerkte.
»Meine Tante erzählte mir, dass es sich bei ihren Großeltern um Professor Arthur Evans und seine Frau Antonia handelt. Ich verehre die beiden. Kaum jemand hat sich so intensiv mit dem Moa beschäftigt.«
Suzan beschlich erneut das ungute Gefühl, dass sie vor lauter Verlegenheit rot anlief.
»Ja, wahrscheinlich ist das Interesse daran vererblich, denn ich möchte unbedingt herausfinden, warum er ausgerottet wurde. Meine Großeltern glaubten ja, dass es das Volk der Moa-Jäger gewesen ist«, entgegnete sie hastig.
Mister Albee runzelte die Stirn. »Ich weiß, das vermuten auch heute noch diverse Wissenschaftler. Ich bin da sehr skeptisch. Dann hätte man doch Überreste dieser anderen Kultur finden müssen. Ich denke, es waren die ersten Einwanderer aus Polynesien, denen die Moas, die keinerlei Fluchtimpulse kannten, förmlich vor ihre Keulen gelaufen sind, also die Maori.«
Sie waren jetzt beim Wohnzimmer angekommen. Suzan bereute inzwischen zutiefst, dass sie nicht erst mit ihm in den Keller gegangen war. Dort fühlte sie sich sicherer, dort gab es genug zu sehen, worüber man dann sprechen konnte. Aber was, wenn ihr im Wohnzimmer der Gesprächsstoff ausgehen würde?
Ihr Herz pochte bis zum Hals. Sie musste sich schnell etwas einfallen lassen, sonst würde er ihr womöglich anmerken, wie sehr sie seine Anwesenheit verunsicherte. Ich muss ihn in den Keller lotsen, schoss es ihr durch den Kopf, und sie fasste sich ein Herz.
»Mister Albee, eigentlich wollte ich Sie erst einmal bei einem Glas Wein kennenlernen, aber was halten Sie davon, wenn wir vorher die Sammlung ansehen?«
Zu ihrer großen Erleichterung funkelte Mister Albee sie aus seinen bernsteinfarbenen Augen begeistert an.
»Aber gern. Ich kann es kaum noch erwarten. An der Universität spricht man voller Hochachtung über die Schätze, die Ihre Großeltern zusammengetragen haben. Der Wein kann warten.«
Er blickte Suzan direkt an und reichte ihr seine Hand. »Nennen Sie mich Sean.«
Ein angenehmer Schauer rieselte ihren Rücken hinunter, als Sean Albee nun ihre Hand nahm und kräftig drückte. Nicht zu fest und auf keinen Fall zu lasch. Ihr wurde heiß. Rasch entzog sie ihm ihre Hand.
»Ich heiße Suzan«, sagte sie und versuchte, ihn nicht allzu schwärmerisch anzusehen. Sean war mit Abstand der attraktivste junge Mann, der ihr je begegnet war. Seine Locken trug er länger, als es die Mode erlaubte, aber gerade das gab ihm einen verwegenen Ausdruck. Wie hinreißend sie sein kantiges Gesicht umrahmen, schoss es Suzan durch den
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