Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
habe ich das nicht gemeint«, gab Sean empört zurück. »Ich mag solche Frauen wie Sie. Wenn ich mal heirate, dann möchte ich eine Frau, mit der ich über alles sprechen kann. Die nicht mit einer Schürze auf mich wartet und das Essen serviert. Ich weiß, das ist eine ungewöhnliche Vorstellung, die ich da habe. Meine Freunde wünschen sich allesamt eine Frau, die ihnen das Leben versüßt und den Rücken freihält ...« Er seufzte.
Suzan war froh, dass sie gerade in diesem Augenblick das Wohnzimmer erreicht hatten und er damit beschäftigt war, sich einen Platz zu suchen, statt sie anzusehen. Sie war sich nämlich ganz sicher, dass ihre Wangen bei seinen Worten schon wieder dieses verräterische Rot angenommen hatten.
Er meint mich, dachte sie ungläubig, während sie sich noch fragte, ob sie sich wohl einfach neben Sean auf das Sofa setzen sollte, jetzt, nachdem er ihr schon wieder ein Kompliment gemacht hatte. Doch sie traute sich nicht und entschied sich für den Sessel. Kaum dass sie saßen, führten sie ihr Gespräch angeregt fort. Und je länger sie miteinander redeten, desto intensiver stellte sich bei ihr ein Gefühl der Vertrautheit ein. Die anfängliche Unsicherheit war verflogen. Sie mochte alles an ihm. Seine Stimme, seine Augen, seine Locken, sein Gesicht, seine Ansichten, seinen Humor, seine offene Art, ihr Komplimente zu machen. Außerdem hatte er gute Manieren. Er lobte den Wein und die Häppchen und gab ihr unablässig zu verstehen, was für eine außergewöhnliche junge Frau sie sei. Und sie konnte sich seine Schmeicheleien schließlich anhören, ohne rot zu werden. Natürlich hoffte sie, er könne keine Gedanken lesen, denn Suzans Herz machte immerzu Sprünge bei dem Gedanken, dass sie den Mann gefunden hatte, der zu ihr passte und den sie nie wieder loslassen wollte.
Als er mitten in einem Satz ihre Hand nahm, schien ihr Glück perfekt, aber es dauerte nur einen kurzen Moment, als Debbie, ohne anzuklopfen, ins Zimmer platzte und ungefragt auf das Sofa zusteuerte. Sean ließ sofort Suzans Hand los und betrachtete die junge Frau, die sich dicht neben ihn gesetzt hatte, mit einer gewissen Skepsis. Er warf Suzan einen fragenden Blick zu, doch die war viel zu erschrocken, als dass sie ihm gleich unbeschwert ihre Schwester hätte vorstellen können.
Deborah blickte neugierig von ihrer Schwester zu dem Fremden.
»Schwesterchen, willst du mir deinen außergewöhnlich attraktiven Herrenbesuch denn gar nicht vorstellen?«, zwitscherte sie und rückte noch ein wenig näher an Sean heran. Dann streckte sie ihm lächelnd ihre Hand entgegen. »Hat es euch die Sprache verschlagen? Dann muss ich das wohl selbst erledigen. Ich bin Debbie, Suzans kleine Schwester, und wer sind Sie?«
»Das ist Mister Albee, aber wir haben etwas Berufliches zu besprechen«, entgegnete Suzan in scharfem Ton. Ihr passte es überhaupt nicht, dass Debbie so dreist hereingeschneit war. Und wie hübsch sie wieder einmal aussah! Suzan verspürte selten Eifersucht auf ihre kleine zarte Schwester, aber in diesem Augenblick kam sie sich im Gegensatz zu der jungen Lady in dem weit schwingenden Kleid wie ein Trampeltier vor. Alles an Deborah war perfekt aufeinander abgestimmt: der Lippenstift, das Kleid, die hochhackigen Schuhe, das kecke Haarband. Kein Mensch würde vermuten, dass Debbie erst sechzehn war.
Suzan schluckte trocken. Ein böser Verdacht überfiel sie. Wenn es vielleicht gar kein Zufall war, dass Debbie ins Wohnzimmer geplatzt war? Was, wenn ihre Mutter sie ihnen auf den Hals geschickt hatte, um ihre Zweisamkeit zu stören? Was, wenn Debbie gehört hatte, dass ein attraktiver Mann zu Besuch war, und sich deshalb so in Schale geworfen hatte?
»Debbie, du hast meinen Besucher jetzt begrüßt. Dann lass uns doch bitte allein. Wir haben etwas zu besprechen ...«
»Ach, lassen Sie nur, Suzan«, mischte sich Sean ein. »Wir haben ja alles Wesentliche geklärt, und ich gehe davon aus, dass wir uns in Zukunft regelmäßig sehen.«
Er warf Suzan einen vieldeutigen Blick zu.
»Sie können übrigens auch Sean zu mir sagen«, sagte er charmant zu Debbie. Sehr zu Suzans Ärger. Warum schenkte er dem Küken überhaupt so viel Aufmerksamkeit?
»Musst du nicht ins Bett?«, fragte Suzan lauernd. »Sie müssen wissen, meine kleine Schwester braucht mit ihren sechzehn Jahren noch viel Schlaf«, fügte sie mit gespielter Freundlichkeit hinzu, doch Debbie ignorierte die kleine Gemeinheit ihrer Schwester einfach. Stattdessen strahlte sie
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