Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
seinen zärtlich gehauchten Liebesworten und seinen streichelnden Händen eine Zeit lang widerstehen können. Ja, sie hatte es geschafft, sich ihm so lange zu widersetzen, bis er in blumigen Worten seinen Heiratsantrag wiederholt und geschworen hatte, dass er es ernst mit ihr meine.
»Hast du schon mit deiner Mutter gesprochen?«, hatte sie ihn bang gefragt.
»Morgen, mein Herz, dann ist Weihnachten vorbei.«
An Silvester hatte er versprochen, er würde es ihr Neujahr sagen, und kurz vor seiner Abreise Anfang Januar hatte er geschworen, es nach seiner Rückkehr zu erledigen. »Du vertröstest mich«, hatte sie ihm verzweifelt vorgeworfen. »Liebling, es ist doch nur eine Formalie«, hatte er erwidert.
Nun waren zwei Monate vergangen, seit er ohne ein Wort des Abschieds fortgegangen war. Wenn sie ehrlich war, ahnte sie bereits, dass sie seinen verlockenden und hohlen Worten nur allzu leichtfertig Glauben geschenkt hatte, aber würde ihre Schwangerschaft ihn nicht dazu zwingen, Anstand zu bewahren und sein Versprechen einzulösen?
Der einzige Mensch, der außer Mama Maata nett zu ihr war, hieß Damon. Voller Dankbarkeit dachte sie daran, wie gleichermaßen freundlich und zuvorkommend er sich ihr gegenüber verhielt, obwohl er doch ahnte, wessen Liebchen sie war. Er ließ sich nichts anmerken, wenngleich sie befürchtete, dass er sie wegen ihres lockeren Lebenswandels insgeheim verachtete.
»Ist Ihnen nicht gut?«, hörte sie seine Stimme fragen, während sie noch an ihn dachte.
Erschrocken fuhr sie herum. Nicht, dass er mitbekam, wie sie gegen die Übelkeit ankämpfte und was das zu bedeuten hatte.
»Nein, ich wollte nur etwas frische Luft schnappen«, log sie.
Er musterte sie prüfend. »Sie sehen aus wie der Tod. Sie gehören schnellstens ins Bett.«
»Nein, ist schon gut, es ist nichts«, stammelte sie, während eine neue Welle von Übelkeit in ihr aufstieg. Sie konnte gerade noch herausbringen: »Verzeihen Sie«, bevor sie sich hastig abwandte.
Als sie sich wieder umdrehte, sah sie in Damons schreckensweite Augen.
»Selma, sagen Sie, dass das nicht wahr ist.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Bitte, tun Sie mir einen Gefallen. Versuchen Sie nicht, mich an der Nase herumzuführen. Ich bin zwar ein unverheirateter Mann, aber ich weiß trotzdem, was mit Ihnen los ist. Und weiß er es schon?«
Tränen traten Selma in die Augen. »Ich habe ihm schon zweimal geschrieben und ihm mitgeteilt, dass ich wahrscheinlich in anderen Umständen ...« Sie brach schluchzend ab.
»Und lassen Sie mich raten. Er hat Ihnen nicht geantwortet.«
»Noch nicht«, schniefte sie, »aber er hat sicherlich viel zu tun, und ich habe seine Adresse ja auch nur, weil ich zufällig beim Putzen einen Brief von ihm an Ihre Mutter gesehen habe.«
»Selma, ich will Ihnen jetzt nicht unnötig wehtun, aber er wird sich nicht mehr bei Ihnen melden, es sei denn, um ab und an in Ihr Zimmer zu schleichen, wenn er zurück ist.«
»Das ist nicht wahr. Er wird mich heiraten.«
Damon lachte gequält auf. »Er wird Sie heiraten? Glauben Sie das etwa ernsthaft? Für so naiv hätte ich Sie gar nicht gehalten.«
»Er hat mir versprochen, es Ihrer Mutter gleich nach seiner Rückkehr zu sagen, aber nun muss er es früher erledigen. Ich will doch keinen ...« Es lag ihr auf der Zunge, Bastard zu sagen, aber sie hatte es gerade noch verschlucken können. Und wie so oft klang ihr das Gehänsel der Mitschüler in den Ohren: Bastard! Bastard!
»Selma, bitte, wachen Sie auf. Er wird sich nie zu diesem Kind bekennen, denn er wird bald heiraten, aber nicht Sie.«
Selma ballte die Fäuste, und ehe sie sich's versah, trommelte sie damit wie von Sinnen auf Damons Brustkorb ein.
»Sie verdammter Lügner, Sie!«, schrie sie außer sich vor Zorn.
Damon konnte ihre Hände schließlich festhalten.
»Selma, Sie wollen es offenbar nicht anders. Brauchen Sie einen Beweis? Dann kommen Sie mit, aber verhalten Sie sich ruhig.«
Wie eine Marionette folgte sie ihm ins Haus. Vor dem Salon blieb er stehen und legte einen Finger auf den Mund zum Zeichen, dass sie still sein solle. Es drangen zwei weibliche Stimmen auf den Flur. Sie waren gut zu verstehen, denn die Tür stand einen Spaltbreit offen. Und beide Damen besaßen nicht gerade leise Stimmen.
»Ach, das wird ein schönes Fest, liebste Dorothy!«, zwitscherte Ida Wayne.
»Ich habe doch immer gewusst, dass dein Charles der Richtige für mein Goldkind ist.«
»Aber dass nun alles so schnell gehen soll. So
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