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Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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erinnerte an sein vom vielen Alkohol verquollenes Gesicht.
    »Entschuldige, dass ich dich hier einfach überfalle, aber ich musste dich wiedersehen«, gurrte er mit seiner tiefen, anziehenden Stimme.
    »Okay, aber das kommt jetzt sehr überraschend. Ich weiß gar nicht, ob ich dich unbedingt wiedersehen möchte.«
    »Jedenfalls nicht heute«, mischte sich Suzan energisch ein. Grace sah sie verwirrt an. Wieso antwortete Suzan nun schon für sie? Das ging entschieden zu weit, aber sie wollte in Barrys Anwesenheit keinen Streit mit ihr vom Zaun brechen. Also ignorierte sie Suzans Bemerkung völlig und wandte sich demonstrativ Barry zu.
    »Ich bin jetzt müde von unserem Ausflug. Vielleicht ein anderes Mal.«
    »Morgen?«
    Grace seufzte tief. »Gut, morgen.«
    »Holst du mich bei Marco ab? Da arbeite ich nämlich seit zwei Tagen. Dann essen wir dort etwas, und danach reden wir.«
    »Reden? Du?«, rutschte es Grace spöttisch heraus.
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, entgegnete er.
    »Gut, wann?«
    »Um acht?«
    Grace nickte und ließ es geschehen, dass Barry sie in die Arme nahm und zum Abschied drückte. Die kleine Berührung genügte, um ihrem Körper in Erinnerung zu rufen, wie sehr er sich einst nach Barrys Umarmungen gesehnt hatte.
    »Liebes, ich bin so froh, dass du mir noch eine Chance gibst«, raunte er ihr zärtlich ins Ohr, bevor er sie losließ und summend seines Weges ging.
    Grace blieb wie erstarrt stehen. Suzans und ihr Blick trafen sich. Grace konnte die pure Missbilligung in dem einen, dem gesunden Auge der Professorin lesen.
    »Triff ihn nicht! Er ist nicht gut für dich.«
    »Ach ja? Das siehst du auf einen Blick?«
    »Ja, das kann ich sehen. Aus seinen Augen spricht keine Liebe. Im Gegensatz zu seinem Bruder. Der ist verliebt in dich.«
    »Woher willst du das denn nun schon wieder wissen, verdammt noch mal?«
    »Ich bin nicht blind, Grace. Der hat dich so verträumt angesehen, als er beim Inder an unseren Tisch gekommen ist. Und du hast dich auch verraten, als du vor Eifersucht nahezu geplatzt bist. Der andere ist der Richtige für dich. Dieser ist ein charmanter Spieler ...«
    »Warum mischst du dich eigentlich immerzu in mein Leben ein? Ich habe dir schon einmal gesagt: Ich will solche Nähe nicht. Mit keinem Menschen! Hörst du? Mit keinem! Und schon gar nicht mit einer Wildfremden!«
    Grace drehte sich auf dem Absatz um, betrat das Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
    Suzan aber rührte sich nicht vom Fleck. Sie spürte, wie der Hass, den sie nur mühsam unter der Oberfläche halten konnte, sie lähmte. Nur in ihrem Gesicht zuckte es gefährlich. Und doch, sie sollte sich endlich beherrschen lernen. Dabei hatte sie nur ihre Meinung gesagt. Ihre ehrliche Meinung, weil sie gegen ihren erklärten Willen begann, das Mädchen ernsthaft in ihr Herz zu schließen. Und genau das durfte nicht geschehen. Sie musste vorsichtiger sein. Ihr bloß nicht zu nahe treten. Ihr Kopf verstand es nur allzu gut, waren sie doch beide aus demselben Holz geschnitzt. Das Mädchen und sie. Kein Mensch war ihr, Suzan, je zu nahe getreten, bis auf ... Und wie ähnlich sie ihm war.
    Eine Träne rann ihr aus dem gesunden Auge, doch sie konnte sie gerade noch rechtzeitig abwischen, als sich die Haustür öffnete und Grace zögernd heraustrat. »Suzan, es tut mir leid, aber in deiner Gegenwart stolpere ich ständig über meine Emotionen. Als wenn das Fußangeln wären. Nähe, Distanz, Distanz, Nähe. Ich weiß nicht wirklich, was ich will. Nur eines, das weiß ich genau: Ich würde zu gern erfahren, ob dieser Charles Selma heiratet oder das Windei ist, für das ich ihn halte.«
    »Nach dem Essen«, erwiderte Suzan und atmete auf. Noch hatte sie es sich nicht mit Grace verdorben. Noch konnte sie an ihrem Plan festhalten, aber eines musste sie sich unbedingt merken: Sie durfte Grace nie mehr derart plump auf ihre Herkunftsfamilie ansprechen!



Macandrew Bay, Februar 1884

 
    Selma schlich sich an diesem Tag schon zum wiederholten Mal in den Garten in Richtung des Eisenholzbaumes, weil ihr übel war, und sie ahnte auch, warum. Daran gab es nicht mehr die geringsten Zweifel. Ihre nächtlichen Treffen mit Charles Wayne waren nicht ohne Folgen geblieben. Am Weihnachtstag war sie nicht wie verabredet zum Strand gerannt. Viel zu beschämt war sie von Damons mahnenden Worten gewesen, doch ihre Zurückhaltung hatte ihr nichts genützt. Charles hatte sie in jener Nacht schließlich in ihrem Zimmer aufgesucht. Dort hatte sie

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