Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
soll das sein? Mehr wissen worüber?«
Suzan zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Er hat nur gesagt: Bitte bestellen Sie ihr, sie soll sich unbedingt an Moira Barclay wenden.«
Otago Peninsula/Dunedin/Waikouaiti, Februar 1884
Angespannt lief Selma in ihrem Zimmer auf und ab. Schon seit über einer Stunde war Damon mit seinen Eltern im großen Salon, um ihnen den Entschluss mitzuteilen, sie zu heiraten.
Sie ahnte, dass seine Mutter nichts unversucht lassen würde, es zu verhindern. Aber Selma war sich auch sicher, dass Misses Wayne ihn nicht würde umstimmen können. Er liebte sie von ganzem Herzen. Das zeigte er ihr mit einer Intensität, die sie noch nie zuvor erfahren hatte. Dabei machte er noch nicht einmal Anstalten, sich ihr körperlich zu nähern. Außer ein paar verstohlenen Küssen.
Bei dem Gedanken daran seufzte Selma. Damon war nicht so fordernd wie sein Bruder, aber gerade diese Vorsicht, die er im Umgang mit ihr zeigte, mochte sie besonders an ihm. Überhaupt dachte sie, seit Damon ihr seine Liebe gestanden hatte, erstaunlich wenig an Charles. Und wenn, dann nur kurz, weil sein Verrat noch zu sehr schmerzte. Sie glaubte aber fest daran, dass es eines Tages nicht mehr wehtun würde. Dann, wenn sie erst Damons Frau geworden war. Jedenfalls bereitete ihr dieser Gedanke ein wohliges Gefühl. Ich glaube, ich werde ihn eines Tages von ganzem Herzen lieben, dachte sie, als Damon, ohne anzuklopfen, in ihr Zimmer trat.
Er war so bleich, dass Selma für den Bruchteil einer Sekunde befürchtete, er habe sich doch umstimmen lassen, aber dann nahm er sie schweigend in die Arme. Sofort war die Geborgenheit, die sie bei ihm empfand, wieder da.
»War es sehr schlimm?«, fragte sie zaghaft.
Zärtlich nahm er ihr Gesicht in beide Hände und blickte ihr in die Augen.
Selmas Herz klopfte bis zum Hals. Sie musste kurz an Will denken. In seinen Augen hatte sie auch stets die unbedingte Liebe zu ihr lesen können, aber Damons Blick löste in ihr ein wahres Feuerwerk der Gefühle aus. Sie spürte ein körperliches Verlangen nach ihm in sich aufsteigen.
»Mutter hat alle Register gezogen und mir gedroht, dass sie nicht länger mit dir unter einem Dach leben wird, wenn du meine Frau wirst. Und als ich sie bei der Gelegenheit davon in Kenntnis gesetzt habe, dass ich mir in Dunedin ein Haus gekauft habe, musste das Riechsalz her. Und sie hielt mir Charles als glühendes Beispiel vor. Dass er die richtige Wahl getroffen habe im Gegensatz zu mir. Da musste ich mir arg auf die Zunge beißen, um ihr nicht die ganze Wahrheit an den Kopf zu werfen. Aber so war es immer schon. Schon als Kind hatte ich manchmal die Schuld auf mich genommen, wenn er etwas ausgefressen hatte.«
Er stockte, denn Selmas Gesichtszüge waren bei seinen Worten entgleist.
»Bitte verzeih mir. Ich wollte die Bubenstreiche nicht mit seinem miesen Verhalten dir gegenüber gleichsetzen. Und dass ich dich heirate auch nicht damit, dass ich früher die Schuld auf mich genommen habe.«
»Ach Damon, das glaube ich dir doch. Ich bin nur so schrecklich empfindlich zurzeit. Das letzte sichere Zeichen, dass ich ein Kind unter meinem Herzen trage. Aber bitte, bitte, erzähl doch weiter. Du hast früher den Kopf hingehalten. Warum?«
»Weil er so unendlich viel ausgefressen hat. Und dann hat er mich angebettelt, ob ich nicht sagen könne, ich sei es gewesen. Was meinst du, wie hart Mutter mich bestraft hat, während sie ihrem guten Jungen nie wirklich böse sein konnte.«
»Und dein Vater?«
»Der hat sich immer rausgehalten oder ihr um des lieben Friedens willen nach dem Mund geredet.«
»Und was hat er zu uns gesagt?«
»Gar nichts. Er war nur schwer beleidigt, dass ich mein Haus nicht von ihm habe entwerfen lassen.«
Damon grinste schief.
»Du Armer«, seufzte Selma und strich ihm über die Wangen. Sie waren so angenehm glatt, seit er sich den Backenbart abrasiert hatte. Nun trug er nur noch einen Oberlippenbart. Ich mag das, schoss es Selma durch den Kopf, obwohl er Charles damit ähnlicher sieht denn je. Oder etwa gerade deshalb?
Selma schob den Gedanken an Charles hastig beiseite und bot Damon ihren Mund zum Kuss. Es war jedes Mal ein bisschen aufregender, wenn sie sich küssten, doch leider ging es dieses Mal für ihren Geschmack viel zu schnell vorüber.
Damon löste sich von ihren Lippen und blickte sie nachdenklich an. Er schien besorgt.
»Ich konnte Mutter nur mit Mühe überreden, dass du hier wohnen darfst, solange ich in
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