Das Geheimnis des Millionaers
gehalten. Was sollte er denn tun?“
„Ich an seiner Stelle hätte nicht verkauft.“ Seine Miene wurde weicher. „Und du auch nicht, Adrienne.“
Die Art, wie er ihren Namen aussprach, jagte ein unwillkommenes Prickeln über ihren Rücken. Sie sah in ihre Tasse und fühlte, wie ihr Herz schneller schlug.
„Sollen wir den Kaffee im Salon nehmen?“, schlug Chay vor.
Nervös fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Hier ist es doch auch gut, oder?“
„Du meinst, mit zwei Metern solider Eiche zwischen uns?“ Er lachte leise. „Glaub mir, Darling, die Barriere, die du zwischen uns aufbaust, ist wesentlich effektiver.“
Sie errötete. „Ich weiß nicht, was du meinst.“
Chay lehnte sich vor, ein Funkeln in den grauen Augen. „Lüg nicht. Im Moment kämpfen nämlich dein Herz und dein Verstand miteinander. Deshalb spuckst du ständig Gift, bei jedem Wort, das du zu mir sagst.“
„Und es könnte natürlich nicht sein, dass ich dich einfach nur nicht attraktiv finde?“
„Nun, in diesem Falle …“, meinte er geradezu liebenswürdig. „Warum trägst du dann in meiner Gegenwart keinen BH?“
Sie schnappte nach Luft. „Wie kannst du es wagen?“ Das Rot auf ihren Wangen vertiefte sich.
Er grinste sie schief an. „Am ersten Tag hast du einen getragen, danach nicht mehr. Vor allem an dem Abend, als wir zum Essen ausgingen, da … äh … konnte ich nicht anders, als es zu bemerken. Und heute trägst du auch keinen. Warum wohl?“
„Du hast eine schmutzige Fantasie!“, hielt sie ihm entgegen.
„Aber, aber, Adrienne. Was für eine kleine Heuchlerin du doch bist.“ Er nahm seine Tasse und den Cognacschwenker und stand auf. „Ich gehe jetzt in meinen neuen Salon und genieße meinen Kaffee bei etwas leiser Musik. Und ich schlage vor, du gehst zu Bett.“ Er machte eine Pause. „Und zwar in dein eigenes.“
Ungläubig starrte sie ihn nun an. „Aber … ich verstehe nicht.“
„Da gibt es nichts zu verstehen. Du kämpfst deinen eigenen Krieg. Natürlich interessiert es mich, welche Seite gewinnt, aber ich habe wirklich keine Lust, da mit hineingezogen zu werden. Dafür solltest du dankbar sein“, fügte er ernst hinzu. „Wie gesagt, ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir, und ich gedenke nicht, aus meinem Bett ein Schlachtfeld zu machen. Wenn deine Schlacht also zu Ende geschlagen ist, lass mich wissen, wer als Sieger daraus hervorgegangen ist, dein Kopf oder dein Körper.“
Er deutete eine knappe Verbeugung an und ließ Adrienne allein zurück, die wie betäubt nur noch das leise Klicken der Tür vernahm.
In der Nacht träumte Adrienne wieder vom Baumhaus. Der gleiche Traum wie immer: sie, dort oben verängstigt, wie sie über den Rand in eine leere Tiefe schaute und verzweifelt nach einem Ausweg suchte. Sie hörte ihr eigenes Weinen, und da waren auch noch andere Stimmen, ärgerliche Stimmen, doch sie verstand kein Wort, denn der Wind rüttelte an dem kleinen Baumhaus und riss die rauen Planken in die Tiefe. Und sie fiel und fiel und fiel …
Mit einem Ruck setzte Adrienne sich im Bett auf. Tränen liefen ihr über die Wangen, die sie unwirsch mit dem Handrücken fortwischte. Dann sah sie auf den Wecker neben dem Bett. Kurz nach eins.
Sie schlug die Bettdecke zurück und ging zu der Sitzbank am Fenster. Die Arme um die angezogenen Knie geschlungen, lehnte sie die Stirn an die kühle Glasscheibe und starrte mit leerem Blick in die Dunkelheit.
Höchste Zeit, dass sie die Dämonen aus der Vergangenheit verscheuchte. Sie musste versuchen, sich zu erinnern, was genau vor so vielen Jahren passiert war, und es dann ein für alle Mal aus ihrem Kopf verbannen …
So jung Adrienne auch war, sie spürte die Feindseligkeit zwischen Piers und Chay sofort, sobald der schicke Neuankömmling auf The Grange ankam. Und es störte sie. Chay war ihr Freund, aber Piers fand sie aufregend, mit den modischen Kleidern und dem sonnigen Lächeln, das ihm so leichtfiel.
Sie tat ihr Bestes, um die beiden Jungen zusammenzubringen. Die beiden sollten sich mögen, denn sie wollte sich nicht wie eine Verräterin vorkommen, nur weil Piers jedes Mal, wenn sie nach The Grange kam, ihre Gesellschaft suchte und so tat, als sei sie die Einzige, die er sehen wollte.
Dass Chay Abstand hielt, war nicht Piers’ Schuld. Denn Piers interessierte sich für Chay. Ständig stellte er ihr Fragen über ihn, und irgendwann gab Adrienne nach und zeigte Piers das Baumhaus.
Sie wusste sofort, dass sie damit
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