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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Flacke
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sich gerade hoch, während sie den letzten Schluck Wein in ihre Münder schütteten.
    »Oh, Mademoiselle, darf ich bitten?« Der Einäugige verbeugte sich tief, während er ein wenig wankte, und bot Marie einen Platz an. Dann verabschiedeten sich die drei ausgelassen und torkelten johlend zur Ausgangstür.
    »Wozu ist denn das Zeugs da gut?«, fragte Marie und tippte vorsichtig mit dem Zeigefinger auf das weiche Bündel.
    »Das ›Zeugs‹ kannst du mit Gold aufwiegen«, sagte Nostradamus mit hintergründigem Lächeln. »Daraus wird Parfüm hergestellt!«
    In diesem Moment wuselte der dickliche Wirt mit dem frisch aufgeschnittenen, saftigen Fleisch herbei, das er mit gedünsteten Kastanien servierte. Marie lief das Wasser im Mund zusammen, als sie an der krossen Haut schnupperte.
    Kaum hatten sie gegessen, nahm Nostradamus das verknotete Bündel mit dem kostbaren Amber und machte sich auf den Weg zum Apotheker Léonard Bandon.
    Marie hatte an diesem Nachmittag frei. Sie wusch ihre störrischen Haare und tupfte sich neue Bleichsalbe gegen Sommersprossen auf die Nase, die Nostradamus aus Ochsengalle entwickelt hatte. Als sie später durch die engen Gassen und an Türmen mit wundersamen Steinfratzen vorbeispazierte, fühlte sie sich fast ein wenig glücklich. Sie schaute von einer Terrasse, auf der zwei hohe Säulen mit Schiffsschnäbeln aufgestellt waren, hinunter auf die breit dahinfließende Garonne. Das Flusswasser spiegelte trübe das Licht des wolkenbedeckten Firmaments. Wie flüssiger Schiefer schob es sich dem Meer entgegen, vorbei an den hohen Segelschiffen, die im Hafen in einer Flussschleife vor Anker lagen.
    Als am frühen Abend die Glockenschläge der Kathedrale Saint-Michel dumpf über den Marktplatz hallten, wartete Marie schon am Glockenturm, der wie ein mahnender Seelenwächter ins Firmament ragte. An der gegenüberliegenden Hausfassade wurden von Steinmetzen gerade Fratzengesichter, schlangenartige Verzierungen und grinsende Teufelsköpfe angebracht. Seit König Franz I. die hoch entwickelte Kunst der Renaissance in Italien kennen gelernt hatte, wollte er auch in Frankreich diesen Geist zum Leben erwecken. Weiße Marmorskulpturen wurden auf Plätzen und in blühenden Gärten aufgestellt, neue Malereien zierten Hauswände. Darunter standen im Halbdunkel Deserteure, die noch Fetzen ihrer alten Uniform am Leib trugen, und schäkerten mit alten, verlebten Huren, die dankbar für jeden Sou waren. An ihnen tippelten hochnäsig Bürgersfrauen vorbei, die ihre Schultertücher enger um den Körper zurrten, als könnten sie sich so vor dem Ekel schützen, den die Hurerei in ihnen erregte. Spatzen und Tauben zankten sich um Brotkrumen, die ihnen eine Küchenmagd zuwarf, als Lucie atemlos angelaufen kam. Ihr zerschlissenes Kleidchen war vom Tellerwaschen durchnässt, ihre Hände hochrot angelaufen.
    »Da bist du ja!«, rief Marie und strahlte.
    »Wie schön, dich zu sehen!« Lucie setzte sich mit einem erleichterten Seufzer zu Marie auf ein Steinmäuerchen und streckte ihre wunden Finger.
    »Ich habe was für dich!« Marie lächelte verschmitzt und zog aus dem Lederbeutel, der an ihrem Gürtel baumelte, ein glasiertes Töpfchen heraus. Lucie sah sie überrascht an. »Die heilende Salbe? Aber ich habe doch nicht genügend Geld…«
    »Es ist ein Geschenk!« Marie kicherte leise. »Ich habe mit Nostradamus gesprochen!«
    Lucie öffnete das Töpfchen, fuhr ehrfurchtsvoll mit dem Finger durch die weiche Substanz und rieb fast andächtig damit die Hände ein.
    »Wohnst du eigentlich auch hier in der Nähe?«, fragte Marie, während Lucie das Töpfchen sorgsam in ihrer Rocktasche verbarg.
    »Ich lebe mal hier, mal da«, antwortete sie und senkte verschämt den Blick. »Meine Eltern sind schon lange tot. Früher wohnte ich in der Kammer von Pierre, das ist mein Bruder. Aber der ist aus dem Krieg nicht heimgekehrt und ich wurde rausgeworfen. Obwohl er viel Geld für die Miete hinterlegt hatte.«
    »Ist er gefallen?« Marie spürte den tiefen Schmerz von Lucie, der ihr plötzlich wie ein Dolch in den eigenen Leib fuhr und quälende Erinnerungen weckte.
    »Gefallen? Pierre? Bestimmt nicht!« Lucie schüttelte energisch den Kopf. »Bestimmt ist er nur verwundet und kommt eines Tages zurück. Pierre meinte immer, ein echter Mann braucht die Bewährung und den Kampf. Er müsse Ruhm und Ehre gewinnen. Der Augenblick des siegreichen Triumphes sei wie der Eintritt ins Himmelreich…«
    »… und die Niederlage, als müsste man in

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