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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Flacke
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Wolkenberge jagten über das Firmament.
    »Was hältst du davon, wenn wir uns zur Feier des Tages ein opulentes Mahl gönnen?«, meinte Nostradamus zufrieden.
    »Ich hätte nichts dagegen!« Marie lächelte verschmitzt. Mit zierlichen Schritten lief sie hinter Nostradamus her zu einer Taverne, deren Schild mit dunklem Rost überzogen war. In diesem Moment kletterte ein Schmiedemeister auf eine Leiter, um es gegen ein neues auszutauschen. Darauf war ein seltsam plumpes Tier mit einem Horn am Kopf abgebildet.
    »Was ist denn das für ein Fabeltier?«, fragte Marie erstaunt, als sie das gehörnte Wesen entdeckte. Der Wind zauste an ihrer Haube. Die kupferfarbenen, langen Haare hatten sich längst gelöst und wirbelten wie aufgescheucht im Wind.
    Nostradamus lachte. »Das ist wohl ein Rhinozeros, von dem Albrecht Dürer erzählte, als er in Agen war.«
    »Hat er es leibhaftig gesehen?«
    »Nein, nur eine Skizze. Danach hat er dann einen Holzschnitt verfertigt. Das lebende Rhinozeros war ein Geschenk an Papst Leo X. Als es nach Italien gebracht wurde, zerschellte das Schiff bei Genua in einem Sturm. Das Nashorn konnte leider nicht gerettet werden. Und der Papst bekam vom Präparator nur noch den Panzer dieses armen Tiers.«
    Marie schaute wie verzaubert zu dem Fabelwesen hoch, das jetzt an einer Eisenkette über der Tavernentür baumelte. Ein nasskalter Wind ließ es aufgeschreckt hin und her schaukeln. Was für verrückte Kreaturen mochten wohl nach der Entdeckung neuer Länder und Seewege noch nach Frankreich eingeschleppt werden?, dachte sie und hielt die Samthaube fest, damit der Wind sie nicht vom Kopf reißen konnte.
    Nostradamus öffnete die aus edlen Hölzern gefertigte Eingangstür. Marie schlüpfte in ihrem Samtkleid hinter ihm her. In der Taverne schlug ihnen stickige Luft entgegen. Sie setzten sich an einen sauber gescheuerten Holztisch, der direkt am Fenster stand. Schummeriges Licht fiel durch das Facettenglas, Tropfen liefen an den Scheiben herunter. Es hatte wohl angefangen zu regnen. Über einer offenen Feuerstelle brutzelte ein Wildschwein am Spieß. Es hatte seine staksigen Beinchen starr nach vorn gestreckt. Es zischte leise, wenn Fetttropfen ins Feuer fielen. Ein köstlicher Duft zog ihnen in die Nase. Der Rauchfang war mit schwarzem Ruß überzogen. An den Wänden hingen die ausgestopften Leiber von riesigen, schillernden Fischen. Sogar ein seltsam grünes Fabelwesen mit dicker Echsenhaut und einem flachen Maul, in dem spitze Zähne steckten, hing an Seilen von der Decke herab. Sie nannten es Krokodil.
    An dem Stützbalken neben dem Tresen war die bunt bemalte Galionsfigur eines Segelschiffes angebracht. Es war der nackte Oberkörper eines Weibes, das wohl nach Klippen Ausschau halten sollte. Auf dem Tresen standen alte Weinfässer, aus denen schwerer Rotwein gezapft wurde. Ein dicklicher Wirt mit lockigem Schulterhaar wieselte in ungeahnter Geschmeidigkeit zu ihnen herüber.
    »Monsieur?«, fragte er mit einer wohlklingenden Stimme und blinzelte sie mit hellwachen Augen an. Seine hochroten Wangen glänzten wie Speckschwarten. »Was darf ich Euch bringen?«
    »Zwei Teller von diesem köstlichen Schweinebraten, etwas weißes Brot und eine Karaffe Rotwein«, bestellte Michel und streckte sich vergnügt, während Marie immer wieder hungrig zu dem knusprigen Schweinebraten hinüberschielte, der langsam am Eisenspieß gedreht wurde.
    »Ein paar Minütchen muss das Fleisch noch garen«, säuselte der Wirt und fegte mit einem weißen Tuch die letzten Krumen vom Holztisch. »Dann steht die Sau ganz und gar zu Euren Diensten.« Herzhaft lachend tänzelte er zurück zum Tresen, um Wein abzufüllen.
    Da hockten sich drei spitzbübische Seefahrer zu ihnen an den Tisch und schoben Nostradamus ein verknotetes Bündel unter die Nase. Die drei hatten wettergegerbte Haut, ihre wollenen Hemden waren zerschlissen, die weiten Beinkleider von Sonne und Wind ausgebleicht.
    »Mir wurde gesagt, Ihr seid der große Arzt und Heiler Nostradamus«, nuschelte einer von ihnen. Er hatte nur noch ein paar faulige Zahnstümpfe, die zwischen seinen eingerissenen Lippen hervorlugten.
    »Ja, ja, der bin ich«, lächelte Nostradamus verwundert. »Was kann ich für Euch tun?«
    Geschickt löste der zweite mit seinen schwieligen Fingern den Knoten des Bündels und breitete das Tuch auseinander. Darin befand sich der dicke Fladen einer bräunlich grauen Masse.
    Marie schnupperte neugierig. »Ist das etwa Hundekot?«
    »Aber nein«,

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